Berliner Wirtschaft Mai 2022

Melina Hanisch, IHK-Fachreferentin Start-ups und Finanzierung Tel.: 030 / 315 10-527 melina.hanisch@ berlin.ihk.de genmit Videoask statt oldschooliger Anschreiben. Und klar, wir sind exzessive Slack-User, um einen möglichst heißen Draht zu unseren Start-ups und unserem Team zu haben, das hybrid arbeitet und europaweit verteilt ist. Ihr macht PR für Start-ups, seid aber selbst ein Start-up. Wie geht das? Ja, klingt erst mal komisch, aber wir krempeln den PR-Markt gerade ordentlich um. Zum einen, indemwir effizienter und KPI-getriebener arbei- ten als klassische Agenturen, die noch Stunden abrechnen. Zum anderen, weil wir nicht nur Dienstleister sind, sondern PR-Produkte bauen. Junge Start-ups in der Seed-Phase brauchen zum Beispiel noch keine teure PR-Agentur. Deshalb haben wir letztes Jahr die PR Academy gebaut, um jungen Gründerinnen und Gründern zu zei- gen, wie sie selbstständig und ohne viel Zeit – und Geldinvest –mit Pressearbeit starten können. Welche Fehler machen Start-ups oft bei der Pressearbeit? Eigentlich bringen viele Gründerinnen und Grün- der die wichtigste Voraussetzung mit, um gute PR zu machen: Sie können Geschichten erzäh- len. Sie brauchen diese Fähigkeit, um ihr Team zu inspirieren oder Investoren zu überzeugen. Was Start-ups aber oft fehlt, ist das Wissen über die Medienlandschaft und journalistische Arbeits- weisen. Wie funktionieren Redaktionen? Was ist für Journalisten relevant und was nicht? Grün- derinnen oder Gründern fällt es oft schwer, diese Einschätzung objektiv zu treffen. Deshalb ist die Ansprache oft zu sehr Richtung Marketing gedacht. Wichtiger wäre die Frage: Was braucht die Redaktion von mir? Was garantiert deiner Meinung nach einen PR-Fail? Wenn du scheitern willst, schreibe eine belang- lose Pressemitteilung und schicke sie über einen Verteiler an 500 Journalisten raus. Damit spamst du die Postfächer der Redaktionen zu, und deine Meldung wird ungelesen gelöscht. So baust du keine Kontakte auf und schadest viel- leicht sogar deinemStart-up. Mal ehrlich, wer mag schon Spam? Und wie kommt man zu einem PR-Win? Wer erfolgreich sein will, muss die eigene Story erst einmal journalistisch bewerten: Ist sie wirk- lich interessant? Und wenn ja, für welche Aspekte gilt das besonders? Außerdemmuss man indivi- duell vorgehen und sich mit den Journalistinnen und Journalisten beschäftigen. Worüber schrei- ben sie genau? Was brauchen sie? Was war die coolste PR-Maßnahme, auf die du rückblickend stolz bist? Unserer Erfahrung nach braucht es weder teure PR-Events, -Stunts noch irgendwelche Promis, um erfolgreich zu sein. Viel wichtiger ist es, jour- nalistisch zu arbeiten und auf Redakteurinnen und Redakteure individuell einzugehen. Diese Methode funktioniert selbst bei großen News am besten. Wir waren zum Beispiel stolz, welches Echo wir zum Launch der sozialen Lebensmit- telmarke Share erzeugen konnten. Gefühlt gab es kaum kein Medium, das nicht über Share berich- tet hat, das war Wahnsinn. Der Gründer Sebastian Stricker hatte sich damals sogar bei uns imOffice eingenistet und mit uns gemeinsam alle großen Medienhäuser durchtelefoniert. An welchen Arbeitstagen oder Situationen läuft’s bei euch im Team richtig gut? Wenn die Presse groß über unsere Start-ups berichtet, brennt hier die Hütte. Wir sind ein bunter Haufen ziemlich ambitionierter Leute und feiern, wenn wir erreichen, was wir uns vorgenommen haben, und unsere Start-ups 100 Prozent happy sind. Die besten Vibes gibt’s aber immer noch im echten Leben und nicht bei Goo- gle Meet. Als wir letzten Sommer bei niedrigen Corona-Fallzahlen die komplette Truppe für zwei Workshops beziehungsweise Party-Tage in Ber- lin zusammentrommeln konnten, fühlte sich das an wie ein Treffen mit richtig guten Freunden. Was ist der beste Business Advice, den du selbst je bekommen hast? „It’s all about the people“ – das ist ein Mantra, das uns seit Jahren in der Entrepreneurs’ Organization gepredigt wird, einem weltweiten Netzwerk aus Unternehmerinnen und Unternehmern. Wir kön- nen das so unterschreiben und investieren mitt- lerweile viel Zeit und Geld, um den „best place to work“ zu bauen und genau die richtigen Leute für unser Team zu finden. Wir sind gerade 35 Leute und wachsen stark – fünf von unseren Mitar- beitern arbeiten imPeople Department, feilen an der Employee Experience und finden neue Get- pressis. Von Hunderten Bewerbungen im Monat stellen wir aktuell nur ein Prozent ein – nämlich nur die, die zu 100 Prozent zu uns passen. ■ Link zur Website der Gründerszene Die vollständige Version des Textes unter: gruenderszene.de FOTOS: GETTY IMAGES/WE ARE, FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG 61 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2022 SERVICE | Gründerszene

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