Berliner Wirtschaft Mai 2021

D ie Branche der Fahrradlogistiker beginnt gerade, sich zu formieren, erklärt Martin Schmidt. Der Cycle-Logistics-Geschäfts- führer muss es wissen, schließlich ist er auch Vorsitzender des Radlogistik Verbandes Deutsch- land. Gerade der Lieferboom in Zeiten der Pande- mie hat seiner Ansicht nach aufgezeigt, dass Berlin neue Konzepte für eine grüne Stadtlogistik benötigt. Berliner Wirtschaft: Warum haben Sie ein Unternehmen für Fahrradlogistik gegründet? Martin Schmidt: Ich war früher schon in der Logis- tikbranche tätig. Ein gutes Jahr lang habe ich für ein Start-up gearbeitet, das für Amazon Pakete gefahren ist. Dabei habe ich das Letzte-Meile-Geschäft ken- nengelernt. Danach hatte ich denWunsch, etwas zu machen, wobei mein Herz aufgeht – und das sind Fahrräder. Also habe ich gesagt: Logistik kann ich, auf Fahrräder habe ich Lust, dann ist Fahrradlogis- tik der richtige Job für mich. Im Mai 2017 habe ich die Cycle Logistics CL GmbH gegründet. Was macht Ihre Firma heute? Mit 25 Mitarbeitern liefern wir heute per Fahrrad Pakete sowie Kurier- und Express-Sendungen in Berliner Innenstadt-Lagen aus. Wir fahren derzeit in zehn Postleitzahl-Gebieten. Unsere Kunden sind die sogenannten KEP-Dienstleister. KEP steht für Kurier Express Paket. Hermes ist beispielsweise ein Unternehmen, für das wir fahren. Wir haben bisher auch direkt für einige Firmen gearbeitet, denen eine nach- haltige Logistik wichtig ist. Aber wir werden uns künftig nochmehr auf die KEP-Branche fokussieren. Warum? Die Nachfrage nach Fahrradlogistik ist sehr groß. Die KEP-Dienstleister, für die wir fahren, haben uns signali- siert, dass sie noch deutlich mehr per Fahrrad ausliefern lassen möchten. Ich mache mir Gedanken, wie ich mit meiner Firma möglichst viel zu einer nachhaltigen Stadtlogistik beitragen und Autos aus der Innenstadt bringen kann. Ich glaube, dass der Fokus auf den KEP-Bereich dazu einen sehr großen Impact geben kann. Welche Wachstumsraten sind für die Fahrradlogistik möglich? Für uns sind auf jeden Fall deutlich zweistellige Wachstumsraten drin. Es muss mehr Wirtschafts- Martin Schmidt Geschäftsführer Nach seinem Studium des Wirtschaftsinge- nieurwesens begann Martin Schmidt eine Karriere in der Logistikbranche, wo er in leitender Funktion in mehreren Firmen Erfahrungen sammelte. Martin Schmidt setzt sich häufig selbst aufs Rad. Auch die Sicherheit von Ware und Fahrzeug hat er dabei im Blick (kleines Foto) verkehr auf das Fahrrad. Das zeigt sich gerade in Zeiten der Pandemie. Bundesverkehrsmi- nister Andreas Scheuer hat vor zwei Jahren erklärt, dass 20 Pro- zent des Wirtschaftsverkehrs auf das Fahrrad könnten. Da sind wir noch lange nicht. Im Radlogistik Verband halten wir sogar einen noch höheren Anteil – von bis zu 50 Prozent – für möglich. Aber wir dürfen nicht übersehen, dass die- ses Wachstum für unsere junge Branche nicht so leicht zu organisieren ist. Es gibt viele Hürden, das Geschäft ist hart. Was macht Ihr Geschäft so schwierig? Wir müssen mit sehr geringen Preisen auskom- men. In Deutschland können sich die Verbraucher ihr Paket für etwa fünf Euro zuschicken lassen. Rund zwei Euro entfallen dabei auf die letzte Meile. Das ist der Anteil, den ein Fahrradlogistiker bekommt. Betriebswirtschaftlich ist das eine große Heraus- » FOTOS: AMIN AKHTAR 27 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2021 SCHWERPUNKT | Interview

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