Berliner Wirtschaft April 2024

gewünscht. Bei meiner Ankunft war der kulturelle Unterschied zudem größer, als ich erwartet hatte. Positiv fiel mir aber die Atmosphäre und die Lebensqualität in Berlin auf, die vielen beruflichen Möglichkeiten und die Freundlichkeit der Arbeitgeber gerade gegenüber jungen Eltern. Als Ausländerin fand ich besonders die Pandemie sehr herausfordernd, es war fast unmöglich, als Elternteil weiterhin Vollzeit zu arbeiten. Welche Rolle spielte die Teilnahme am IQ-Qualifizierungsprojekt „Energie ist Zukunft“ des Regionalen Integrationsnetzwerkes Berlin für Sie? Das Coaching im Rahmen des Programms war eine gute Ergänzung zu meiner beruflichen Tätigkeit. Es hat mir geholfen, mein Fachwissen aufzufrischen, meinen Deutsch-Wortschatz zu erweitern und meine neuen beruflichen Ziele zu bestätigen. Darüber hinaus habe ich mein Fachwissen zu den Themen Energiewende, erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Suffizienz und nachhaltige Digitalisierung aufgefrischt. Damit war ich selbstbewusst genug für einen neuen Karriereschritt. Wo stehen Sie jetzt? Neun Jahre später haben sich meine Prioritäten ein wenig geändert. Ich bin jetzt Mutter, will aber meine Karriere fortsetzen und mich gleichzeitig um meine Kinder kümmern. Ich arbeite jetzt als Finanzmanagerin für zwei Schwesterunternehmen, die Nichtregierungsorganisation Co2online und Senercon, die beide im Bereich der Energieberatung für den Gebäudesektor tätig sind. Ich helfe ihnen bei der Digitalisierung, den Finanzprozessen und der Budget- und Liquiditätsplanung. Meine Erfahrungen aus verschiedenen Unternehmen sind sehr hilfreich, und ich genieße es, dass wir agiler arbeiten als in größeren Unternehmen. Was ist Ihre Botschaft an Berliner Unternehmen? Seien Sie offen für unkonventionelle Bewerberinnen und Bewerber und wählen Sie nicht nur Personen aus, die Ihre ausgeschriebene Stelle bereits zuvor ausgeübt haben. Suchen Sie nach anpassungsfähigen, motivierten Kandidatinnen und Kandidaten, die bereit sind, zu lernen und geschult zu werden. Diese Menschen sind aus meiner Sicht zumeist deutlich flexibler. ■ Berliner Wirtschaft: Wie kam es zu Ihrem Wechsel nach Berlin? Charlotte Quilain: Ich hatte Wirtschaft und Umweltmanagement in Europa und China studiert und im Bereich erneuerbare Energien erste Berufserfahrungen in Frankreich gesammelt. Mit 30 zog es mich und meinen amerikanischen Lebenspartner ins grüne, kosmopolitische Berlin. Zuvor habe ich mein Deutsch aufgefrischt und mein Netzwerk aktiviert. Zalando war gerade an die Börse gegangen und stellte nichtdeutschsprachige Mitarbeiter ein. Im Februar 2015 habe ich dort angefangen. Das erste Jahr war sehr intensiv, eine Realitätsprüfung mit der deutschen Sprache und Kultur – und die Entdeckung der Stadt selbst. Was lief gut, was lief schlecht? Im Nachhinein hätte ich mir mehr Selbstvertrauen in mich, meine Fähigkeiten und mein Potenzial Das aktuelle Beschäftigungswachstum in Berlin geht nahezu vollständig auf Zuwanderung zurück. Auch Finanzmanagerin Charlotte Quilain hat sich für die Stadt entschieden von Julian Algner „Der kulturelle Unterschied war groß“ Die gebürtige Französin Charlotte Quilain hat sich im Berliner Arbeitsmarkt etabliert Julian Algner, IHK-Geschäftsfeld Wirtschaft & Politik Tel.: 030 / 315 10-373 julian.algner@berlin-ihk.de Hilfreiche Infos Das Regionale Integra- tionsnetzwerk Berlin und der Verein Life unterstützen die Integration in den Arbeitsmarkt. netzwerk-iq. de, life-online.de FOTO: CHRISTIAN KIELMANN Talente | 47

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