Berliner Wirtschaft April 2023

B evor die Geschäftsführung des Mobilitätsdienstleisters Bolt grünes Licht für einen neuen Standort gibt, analysieren die IT-Experten riesige Mengen an Daten. „Wir wollen vorab genau wissen, wie stark die Nachfrage für unser Angebot ist“, sagt DustinWilliams, Head of Public Policy für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei der Bolt Technology. Antworten suchen die Analysten auf Fragen wie: Zu welchen Uhrzeiten und an welchen Tagen sind wie viele Pendler unterwegs? Wie stark sind Busse und Bahnen ausgelastet? Wie gut wird der ÖPNV in Ferienzeiten genutzt, zum Beispiel auch von Touristen? „So können wir unseren operativen Betrieb auf der Buchungsplattform optimal planen“, so Williams. Dafür nutzt das Unternehmen in Eigenregie generierte Daten, aber auch Open Data, also frei zugängliche Regierungs- und Verwaltungsdaten. „Da der Staat plant, baut und täglich riesige Mengen an Menschen befördert, sammelt er zahlreiche Daten, die, egal welcher Branche, helfen können, ihr Geschäftsmodell zu optimieren oder etwa Abläufe zu beschleunigen.“ Am Anfang stand die Taxifahrt Bolt wurde 2013 in Estland gegründet und bot anfangs ausschließlich Taxifahrten an. Nach und nach erweiterte das baltische Mobilitätsunternehmen sein Portfolio um Mietfahrzeuge, E-Scooter- und E-Bike-Verleih, Carsharing und Lieferdienstleistungen und bietet diese Services über eine App an. Heute bringt Bolt seine Kunden in 45 Ländern in rund 250 Städten ans Ziel. Das Unternehmen besitzt keine eigenen Wagen, sondern vermittelt lediglich Fahrzeuge. Dazu arbeitet Bolt zum Beispiel in Berlin mit Taxi-Unternehmen zusammen, bei denen die Fahrer angestellt sind. Die Fahrer können sich auf der Bolt-Plattform registrieren und sich damit einen weiteren Vertriebsweg erschließen. Der vom Land festgelegte Taxi-Tarif gilt auch für über Bolt bestellte Wagen. Bei den lizensierten Mietwagen hingegen können die Preise abhängig von Angebot und Nachfrage schwanken, werden aber schon vor Abschluss der Buchung in der App angezeigt. Sein Deutschlandgeschäft steuert Bolt von Berlin aus mit inzwischen 120 Mitarbeitern. In Deutschland arbeiten rund 500 Beschäftigte, weltweit sind es 4.500. In Berlin haben die Esten jüngst zudem einen Engineering Hub aufgebaut, in dem Produktentwickler auch für andere Märkte arbeiten. Welche Vorteile Open Data für Bolt haben könnten, erklärt Williams am Beispiel von temporären Bushaltestellen, die bei Schienenersatzverkehr eingerichtet werden. „Wenn wir diese Geodaten zum Beispiel über eine Schnittstelle vom Senat bekämen, könnten wir für unsere E-Scooter und E-Bikes an den temporären Haltestellen Parkverbotszonen einrichten und diese Informationen in unserer App hinterlegen. Unsere Kundenwissen dann, dass sie in diesen Zonen die Miete nicht beenden können.“ Die BVG hatte sich immer wieder beim Senat beschwert, dass unerlaubt geparkte Scooter an Haltestellen den Fahrgästen den Weg versperren würden. Neben der Qualität der Daten sei jedoch auch entscheidend, wie diese zur Verfügung gestellt würden. „Es hilft uns nichts, wenn uns große Datenmengen in Form von Excel-Tabellen oder PDF-Dateien gesendet werden, die noch dazu oft unpräzise sind. Am einfachsten ist es, wenn wir die Daten in Form von Geodaten bekommen, die wir dann in unser System importieren können.“ Darüber hinaus könne Bolt an den temporären Bushaltestellen zusätzliche E-Scooter und E-Bikes zur Verfügung stellen, falls U-Bahn-Fahrer dann lieber auf solche Angebote umsteigen wollen, statt den Bus zu nutzen. Aber auch die Geodaten über die regulären Haltestellen würden Bolts Planung erheblich vereinfachen. Denn 30 bis 40 Prozent aller Fahrten etwa mit demE-Scooter beginnen oder enden in unmittelbarer Nähe einer ÖPNV-Station, also einer Bushaltestelle, U- oder S-Bahn-Station.  ■ Mobilitätsdienstleister Bolt kennt auf Basis datengestützter Analyse-Tools die Nachfrage für seine Angebote, bevor das erste Fahrzeug am Standort rollt Steuern mit Daten 120 Mitarbeiter hat das aus Estland stammende Unternehmen Bolt in Berlin, deutschlandweit sind es 500. Dustin Williams ist Head of Public Policy für die DACH-Region bei Bolt Technology Dustin Williams Am einfachsten ist es, wenn wir Geodaten bekommen, die wir in unser System importieren können. Gut vernetzt Der QR-Code führt zu Dustin Williams bei LinkedIn: FOTO: CHRISTIAN KIELMANN FOKUS | Open Data | 22 Berliner Wirtschaft 04 | 2023

RkJQdWJsaXNoZXIy MTcxNDM4Mw==