Berliner Wirtschaft April 2021

FOTO: CHRISTIAN KIELMANN 13 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 04 | 2021 AGENDA | Mittelstandskolumne Nur angewandte Forschung ist innovativ Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft erfordern mehr Anstrengungen auf beiden Seiten – und in manchen Köpfen wohl auch ein Umdenken Z ugegeben: Die Kooperation der Berliner Hochschulen mit dem Berliner Mittel- stand (KMU) war an dieser Stelle schon mehrfach Thema. Obwohl sich in den letzten Jahren viel getan hat und vor allem die ehemaligen Fachhochschulen inzwischen Positivbeispiele liefern, ist die Kooperations- bereitschaft der Hochschulen mit KMU auf- wandsbedingt nur eingeschränkt gege- ben, und die fehlende Transpa- renz zu Leistungsangeboten und Ansprechpartnern in der Wis- senschaft wird von den Unter- nehmern noch immer als größte Zugangshürde gesehen. Wir haben kürzlich im Stadtgespräch Mittelstand mit den wissenschaftspolitischen Sprechern des Abgeordneten- hauses über unsere Forderun- gen nach angewandter For- schung und entsprechenden Anreizen in den Hochschul- verträgen diskutiert. Dabei überraschte die Einigkeit der Fachpolitiker bezüglich der Defizite und erforderlichen Maßnahmen. Zitat: „Das größte Problem beim Matching liegt in den Hochschulen; unsere Wis- senschaftskultur ist nicht auf den Mit- telstand ausgerichtet. Es braucht ein- deutige Ansprechpartner in den Hoch- schulen, die durchfinanziert sind und Governance von unten betreiben.“ Schöner hätten wir es selbst nicht ausdrücken kön- nen. Die Grundfinanzierung von Infrastruktur und Personal sei unzureichend und die Förder- programme zu bürokratisch. Der anwesende Vertreter der Wirtschaftsverwaltung konnte zumindest einen positiven Ausblick auf ein neues Förderprogramm zur Validierungs- forschung geben, wofür Gelder im zukünfti- gen Doppelhaushalt eingeplant sind. Auf der Suche nach einer passenden Governance für optimalen Wissenschafts- und Technologie- transfer schwindet dann die Einigkeit. Schnell wird auf die bestehenden Strukturen verwie- sen, die „funktionieren müssen“. Und dann sind da noch Hochschulautono- mie undWissenschaftsfreiheit. Obwohl keiner der Teilnehmer diese infrage stellt, werden sie im vorauseilenden Gehorsam intensiv vertei- digt. Dabei bleibt die Frage offen, warum die Anwendung von Forschungsergebnissen nicht mit der Freiheit von Wissenschaft vereinbar sein soll? Vielleicht ist ja alles auch nur ein Pro- blem der Einstellung aller Beteiligten. Wendet man den Blick ins ferne angelsächsische oder auch ins nahe skandinavische Ausland, so ist die Anwendungsorientierung von Forschung eher eine Selbstverständlichkeit als ein Pro- blem. Dort gibt es folglich mehr globale Inno- vationen. Das sollte auch der Anspruch Berlins sein, denn exzellente Forschung ist nur innova- tiv, wenn sie – über wie viele Zwischenschritte auch immer – in Anwendung mündet. ■ Kompetenzteam Wenn Sie sich für unsere Arbeit interessieren, nehmen Sie gern Kontakt zu uns auf unter: ihk-berlin.de/kompetenzteam Sebastian Stietzel Vorsitzender des IHK-Kompetenz­ teams Mittelstand und Geschäftsführer der Marktflagge GmbH, Management & Investments

RkJQdWJsaXNoZXIy MzI1ODA1