Berliner Wirtschaft April 2021

Im Gespräch: (1) Sebastian Czaja, (2) Anne Helm, (3) Burkard Dregger (l.) und Jan Eder. Mit Abstand trafen sich (4) Dr. Beatrice Kramm, Silke Gebel, Anne Helm (vordere Reihe v. l.), Georg Pazderski, Jan Eder, Jörg Stroedter, Burkard Dregger und Sebastian Czaja (v. l.) Diszipliniert und moderat im Ton, bot die Diskussionsrunde der Fraktionsvorsitzenden im Ludwig Erhard Haus einen guten Überblick über die Positionen der Parteien von Melanie Schindler Warmlaufen imWahlkampf W eniger Ideologie, mehr Pragmatismus. Zumindest darin waren sich die Teil- nehmer der digitalen Diskussions- runde zur „Wirtschaftspolitik im Zei- chen von Corona – Was braucht die Wirtschaft jetzt von ihrer Politik?“ einig. Sechs Monate vor der Berlin-Wahl hatte die IHK die Fraktions- vorsitzenden aus dem Abgeordnetenhaus Mitte März zu einer Frühstücksrunde ins Ludwig Erhard Haus eingeladen. Fast genau ein Jahr nach dem ersten Lockdown diskutierten Silke Gebel (Grüne), Anne Helm (Linke), Sebastian Czaja (FDP), Burkard Dregger (CDU), Georg Pazderski (AfD) und Jörg Stroedter (SPD), der Raed Saleh vertrat, wie die Krise überwunden und ein Re-Start der Berliner Wirtschaft gelingen könne. Wirtschaft braucht Perspektiven IHK-Präsidentin Dr. Beatrice Kramm begrüßte die Gäste mit einer Rede, in der sie deutlich machte, was die Berliner Unternehmen aktuell bewegt: „Zermürbt vonmonatelanger wirtschaft- licher Untätigkeit und nur zäh fließenden staatli- chen Hilfen, wächst die Ungeduld.“ Was dieWirt- schaft jetzt brauche, sind Perspektiven. „Deshalb ist es so wichtig, klug, vorausschauend und gleich- zeitig pragmatisch Wege aus der Krise zu pla- nen.“ Danach erklärte IHK-Hauptgeschäftsfüh- rer und Moderator Jan Eder den Fraktionsspitzen sowie den rund 150 zugeschalteten Zuschauern des „Frühstücks-TV“ die Spielregeln: Nach einem Einstiegsstatement gebe es zwei Themenblöcke mit jeweils einer Frage, auf die jeder Politiker 60 Sekunden Zeit für eine Antwort habe. Wer die Redezeit überschreite, müsse die nächste Runde aussetzen – ein Fall, der dank der Disziplin der Teilnehmer nicht eintrat. Los ging’s mit der Einstiegsfrage nach den wirtschaftspolitischen Plänen, wenn die eigene Partei den neuen Regierenden Bürgermeister stel- len würde. Hier gab es weitgehenden Konsens, dass die Corona-Maßnahmen der Bundesregie- rung unbefriedigend für die Wirtschaft seien, da diese bei den Unternehmen nur teilweise oder nicht rechtzeitig ankämen. Jörg Stroedter hob her- vor, dass Berlin es mit der „Neustarthilfe Berlin“ und dem Bürgschaftsprogramm zur Zwischen- finanzierung besser gemacht habe. Alle Parteien vereinte die Auffassung, dass Berlin dringend neue Maßnahmen brauche, damit sich die Wirt- schaft nachhaltig erholen könne. Dies ginge nur mit langfristigen Investitionen, vor allem in die Digitalisierung. Diesbezüglich verwies Burkard Dregger auf das E-Government-Gesetz, welches nun endlich umgesetzt werden müsse. Öffnungsmodelle im Fokus des Publikums „Wie kann Berlin wieder zurück auf die Überhol- spur finden?“ Mit dieser Frage beschäftigte sich der erste Themenblock. Stroedter mahnte eine Öffnungsperspektive an, „auch in der Außen- gastro- nomie“, während Silke Gebel betonte, dass man ein flächendeckendes Virus-Screening brau- che. „Weil dies das Einzige ist, was den betroffe- nen Branchen hilft, wieder aus demTrümmerfeld rauszukommen.“ Mit Überleitung zur Wohnungs- politik diagnostizierte Anne Helm: „Wir müssen im Bestand dafür sorgen, dass die Mieten nicht weiter so immens steigen. Das werden wir alleine mit Neubau nicht erreichen.“ Sebastian Czaja for- derte die Abschaffung von Doppelzuständigkei- ten: „Wenn wir mit demAllgemeinen Zuständig- keitsgesetz dafür sorgen, dass nicht mehr vier Verwaltungen dafür zuständig sind, ein Berliner Schulklo zu sanieren, dann beschleunigen wir vieles.“ Das Publikum, das sich via Chat beteiligen konnte, bewegte unter anderem die Frage nach Öffnungsmodellen. Czaja dazu: Man müsse von dem „einen Inzidenzwert“ wegkommen. Durch die Verknüpfung von Impfstatus, Nachverfolgung und Teststrategie mit Hygienekonzepten könne es wieder zur schrittweisen Öffnung kommen – auch bei steigender Inzidenz. Es folgte eine thematisch freie Runde, in der Burkard Dreggers Ausführungen zur Inno- vations- und Unternehmensfreundlichkeit in Berlin einigen Schwung in den Schlagabtausch brachten: „Wir haben eine beispiellose Zeit Dr. Beatrice Kramm IHK-Präsidentin Zermürbt von monatelanger wirtschaftlicher Untätigkeit und nur zäh fließenden staatlichen Hilfen, wächst die Ungeduld. FOTOS: CHRISTIAN KRUPPA 11 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 04 | 2021 AGENDA | Diskussionsrunde »

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