Berliner Wirtschaft Februar 2022

erfüllen wir seit Jahren die behördlichen Rück- nahme- und Verwertungsanforderungen“, erläu- tert der gelernte Maschinenbauer und ergänzt: „Allmonatlich führen wir grammgenau auf, was wir an Verpackung nutzen, und haben entspre- chend auch für unsere bisherigen Kunststoffbe- cher die in unserem Fall geforderten Gebühren von jährlich bis zu 120.000 Euro abgeführt.“ Eines wird sich jetzt allerdings bei Florida-Eis grundlegend ändern: „Nach vier Jahren Ent- wicklungsarbeit“, sagt der Unternehmer, „wer- den unsere Eisbecher von diesem Frühjahr an aus reinemBambus bestehen –mit einer gering- fügigen wasserbasierten Beschichtung, was bei Lebensmitteln wie Speiseeis nötig ist.“ Entspre- chend sei die Verpackung komplett kompostier- bar. Der Effekt: Die zu zahlenden Gebühren wer- den erheblich schmelzen. Höhn rechnet mit Ein- sparungen von 80.000 bis 90.000 Euro pro Jahr. Denn für kompostierbare Verpackung verlangt die öffentliche Hand die geringsten Abgaben, weil das Recycling mit erheblich weniger Aufwand möglich ist. Sein Fazit: „Wer diesen Weg in Rich- tung Nachhaltigkeit nicht geht, wird es künftig schwer haben.“ Neben rechtlichen Neuerungen im Handel gibt es auch branchenübergreifend steuerlich Interessantes. Thomas Winkler, Vorstand der Domus AGWirtschaftsprüfungsgesellschaft Steu- erberatungsgesellschaft, nennt etwa die flexible Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen: Mit Blick auf den Jahresabschluss 2021 können Unternehmen bis zu 20 Prozent Sonderabschrei- bungen geltend machen, wenn sie beispielsweise eine Maschine im vergangenen Jahr gekauft haben. Auch digitaleWirtschaftsgüter lassen sich jetzt effizienter absetzen (siehe „Abschreibungs- potenzial“ rechts). Unter bestimmten Vorausset- zungen lassen sich weitere Sonderabschreibun- gen in Anspruch nehmen – vorausgesetzt, der Jahresgewinn beträgt maximal 200.000 Euro. „Durch geschickte Gestaltung können zum Bei- spiel Gewinnspitzen geglättet und somit Progres- sionssprünge vermieden werden“, so Winkler. Mit Blick auf Firmen dieser Größenordnung nennt Winkler, der auch Mitglied im IHK-Aus- schuss Steuerpolitik ist, eine zweite Möglich- keit für eine gut durchdachte Gewinnplanung: den sogenannten Investitionsabzugsbetrag (IAB). Wenn die Geschäftsführung eine Maschine oder einen Firmenwagen in den kommenden drei Jah- ren kaufen will, können mittlerweile 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungskosten im Vorfeld gewinnmindernd beim Jahresabschluss geltend gemacht werden. Der Gesetzgeber habe dabei, wie Winkler sagt, eine hohe Flexibili- tät zugelassen: „So kann der IAB innerhalb des Dreijahreszeitraums vor der geplanten Investition beliebig gebildet werden. Also entweder sofort in voller Höhe oder beliebig angesammelt über den Dreijahreszeitraum.“ Die Domus AG hat auchmit Corona-Hilfspro- grammen zu tun. Winkler nennt als Beispiel die Überbrückungshilfe IV: „Grundlegende Voraus- setzung für einen Antrag ist ein durch Corona bedingter Umsatzrückgang von 30 Prozent im ersten Quartal 2022, verglichen mit dem Refe- renzzeitraum 2019.“ Maximal 90 Prozent der för- derfähigen Fixkosten können ihm zufolge erstat- tet werden, falls der Umsatzrückgang mehr als 70 Prozent ausmacht. Zu beachten sind dabei vor allem zwei Punkte: Die Überbrückungshilfe IV ist bis zum 30. April 2022 zu beantragen. Und die Anträge müssen, anders als bei der Neustarthilfe, über sogenannte prüfende Dritte wie Steuerbe- rater erfolgen. ■ Dr. Mateusz Hartwich, IHK-Branchenexperte Handel Tel.: 030 / 315 10-827 mateusz.hartwich@ berlin.ihk.de 90% der förderfähigen Fixkosten sind unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen der Corona- Hilfsprogramme erstattungsfähig. Thomas Winkler Vorstand Domus AG Durch geschickte Gestaltung können Gewinnspitzen geglättet und somit Progressions- sprünge vermieden werden. Sonderabschreibung Beim Jahresabschluss 2021 dürfte für viele Unternehmen eine weitere Form der „Sonderabschreibung“ interessant sein: Das Bundesministerium der Finanzen hat mit Schreiben vom 26. Februar 2021 eine ein- jährige Nutzungsdauer für digitale Wirtschafts- güter festgelegt. Infrage kommende Technik Laut Finanzver- waltung gilt diese Abschreibungsmöglichkeit für Computer, Desktop-PCs, Notebooks, Desk- top-Thin-Clients, Workstations, Dockingsta- tions, externe Speicher- und Datenverar- beitungsgeräte (Small-Scale-Server) sowie Peripheriegeräte samt Software. Vorteile In der Praxis können somit alle 2021 angeschafften digitalen Wirtschaftsgüter sofort abgeschrieben werden. Die Sofortabschrei- bung kann auch auf Restbuchwerte von in den Vorjahren angeschafften digitalen Wirtschafts- gütern angewendet werden – insgesamt ein beträchtliches Abschreibungspotenzial. Abschreibungspotenzial Thomas Winkler, Steuerberater und Mitglied im IHK-Ausschuss Steuerpolitik, über verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten Neuerungen 2022 Überblick in der Januar- Ausgabe der „Berliner Wirtschaft“, als E-Paper: ihk-berlin.de/berliner- wirtschaft 51 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 02 | 2022 SERVICE | Recht & Steuern

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