Berliner Wirtschaft Februar 2022

Z wei Arme, keine Beine – und doch schafft der Koch in der Kantine des AI Campus von Merantix sein Pensum mit Leich- tigkeit. Pro Stunde bereitet er bis zu 120 Portionen zu – von pikanter Pasta all’arrabbiata oder knackigemRainbow Salad bis zu würzigem Chicken Curry oder klassischen Käsespätzle. Auf der Speisekarte stehen rund 60 Gerichte. Bestellt wird per cloudbasierter App, die die Kantinen- gäste auch benachrichtigt, sobald sie das Essen beim Koch abholen können. Der Koch, das ist Robi, ein hypermoderner Kochroboter, entwickelt und produziert vom Berliner Start-up Aitme. Seit vorigem Jahr ver- pflegt der flinke Küchenchef die Beschäftigten auf dem AI Campus. Vorher rührte, garte und düns- tete, brutzelte und schwenkte Robis Prototyp für ein paar Monate in einem Showroom, den Aitme in der Auguststraße eingerichtet hatte. Demnächst bekommt der kybernetische Kochkünstler sei- nen ersten Kollegen. Der bereitet dann Speisen für den Lieferdienst Delivery Hero zu. Gemeinsam übers Kochen fachsimpeln, um den Geschmack der Gerichte zu verfeinern, werden die beiden Maschinen wohl nie. „Das müssen sie aber auch gar nicht“, sagt Emanuel Pallua, einer der Grün- der und Geschäftsführer von Aitme. „Die Rezepte stammen allesamt von unseremCulinary Director David Schoensee, einem Gourmet-Koch.“ Gemeinsam mit Mitgründer Julian Stoß, mit dem er bereits eine Zeit lang beim Lieferdienst Foodora zusammenarbeitete, hat Pallua eine Reihe namhafter Investoren von Aitmes Geschäftsidee überzeugt, darunter Vorwerk Ventures, Atlan- tic Foods und Rocket Internet. Mitte 2021 schloss das Unternehmen die zweite Finanzierungs- runde mit Erfolg ab. Insgesamt ist Aitme nun mit 12,5 Mio. Euro Betriebskapital ausgestattet. Das ist ausreichend, aber nicht üppig, denn „die Entwick- lung der ausgeklügeltenHardware verschlingt viel Geld, nicht zuletzt wegen der Kosten für das hoch qualifizierte Personal“, sagt Pallua. Der 33-Jährige hat ein 30-köpfiges Experten- teamversammelt, zu demanfangs auch Till Reuter zählte, ehemals Unternehmenschef des Roboter- bauers Kuka. Knapp ein Drittel der Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter stammen aus Ingenieurs- berufen. Die haben derzeit alle Hände voll zu tun: Bis Ende des Jahres will das Unternehmen eine zweistellige Anzahl seiner Kochroboter vermark- ten – was angesichts der coronabedingten Flaute im Catering-Geschäft ambitioniert klingt. Doch Corona bremst Aitme allenfalls bei der Beschaf- fung einiger elektronischer Komponenten aus, die geradeweltweit knapp sind. „Die Vermarktung der Maschinen ist durch die Pandemie nicht beein- trächtigt“, sagt Pallua. „Unsere Kernzielgruppe sind Firmen, die ihren Beschäftigten Kantinen- verpflegung anbieten. Und die haben das Problem, nicht genügend Küchenpersonal zu finden. Inso- fern kommt Robi für sie wie gerufen.“ Erschwinglich ist die automatisierte Küchen- fee allemal: Wer eine der Maschinen least, kommt auf monatliche Gebühren von rund 3.500 Euro – und weiß dafür fortan die Kantinenkost in guten Händen. Denn Aitme übernimmt nicht nur Auf- bau und Wartung der Maschinen, sondern das komplette Handling der TÜV-geprüften Anlagen: vomEinkauf der Zutaten über deren Vorbereitung bis zumAuffüllen der Vorratsbehälter vor Ort, der täglichen Reinigung sowie der Abfallentsorgung. Geld verdienenwill Aitme neben demLeasingmit demVerkauf der Speisen. Und: Die Massemacht’s. Bis 2025 sollen 100 Robis in Europa kochen.  ■ Tobias Rühmann, IHK-Branchenmanager Industrie Tel.: 030 / 315 10-621 tobias.ruehmann@ berlin.ihk.de (1) Bis zu 120 Speisen schafft der Kochroboter in einer Stunde (2) Die Rezepte stammen vom Gourmet-Koch David Schoensee (3) Aitme-Gründer Emanuel Pallua (l.) und Julian Stoß (4) 60 Gerichte stehen auf der Speisekarte, bestellt wird digital 3 4 FOTOS: AITME/BEN MIETHKE (3), AITME/UTE BOLMER BRANCHEN | Robotik

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