Berliner Wirtschaft Januar/Februar 2023

Wir sind eine Anstalt des öffentlichen Rechts, haben aber in den vergangenen Jahren einen spürbaren Modernisierungsschub hinter uns gebracht. Viel ent- scheidender als die Frage, ob wir öffentlich oder pri- vat sind, ist in dieser Hinsicht etwas anderes: näm- lich die Aufgabe, die wir für diese Stadt erfüllen. Und da muss ich sagen: Wir passen absolut in die Zeit, weil wir ein innovatives Umwelt-Unternehmen sind. Unser Element, das Wasser, muss nachhaltig sein. So gesehen haben wir einen ganz wichtigen Wett- bewerbsvorteil auf dem Arbeitsmarkt. Ein Wasser- versorger ist attraktiv für Talente. Spüren Sie in Bewerbungsgesprächen, dass Talente gezielt für nachhaltige Unternehmen arbeiten wollen? Ja, sie legenWert auf eine sinnstiftende Aufgabe. Und genau das ist dieWasserversorgung und -entsorgung für eine Hauptstadt mit fast vier Millionen Bürgern. Viele legen auchWert auf Entwicklungsmöglichkei- ten und Sicherheit, das können wir als Landesun- ternehmen auch bieten. Es wird auch Wert darauf gelegt, in einem innovativen Unternehmen zu arbei- ten, das in Sachen Digitalisierung den Vergleich mit der Privatwirtschaft nicht scheuen muss. Welche Rolle spielt das Geld? Zahlreiche Studien und Gespräche zeigen uns, dass vielen jungenMenschen die flexible Gestaltung ihres Berufslebens wichtiger ist als die Bezahlung. Des- halb bieten wir ganz viele unterschiedliche Arbeits- zeitmodelle von Teilzeit bis zum Sabbatical an. Wir zahlen zudem geschlechterneutral. Der Gender-Pay- Gap in der Grundvergütung ist bei uns null. In die- sem Jahr führen wir erstmals eine erfolgs- und leis- tungsorientierte Vergütung ein. Das wird von jungen Talenten oft gefordert und ist sehr zeitgemäß. Und nicht zu vergessen: Wir haben einen sehr starken Tarifvertrag, der die Basis all dessen bildet. Wie besorgt sind Sie, dass die jungenMenschen, die jetzt das Know-how der Mitarbeitenden aus den Babyboomer-Jahrgängen in Ihrem Unternehmen übernehmen, bald auch wieder weiterziehen? Der jungen Generation wird ja eine höhere Wechselbe- reitschaft nachgesagt. Auch wir beobachten einen leichten Anstieg der Fluktuation, die mittlerweile über vier Prozent liegt. Dem wollen wir natürlich entgegenwirken. Wir haben daher einen Onboarding-Prozess einge- führt. In den ersten vier Wochen lernen alle Neuen alle wichtigen Bereiche und Kontaktpersonen ken- nen. Angeblich finden innere Kündigungen ja in den ersten vier Wochen statt. Insofern ist die Phase so wichtig für uns. Seit der Corona-Pandemie erwarten Mitarbei- tende die Möglichkeit, im Homeoffice arbeiten zu können. Wie gehen Sie damit um? Wir haben uns darauf eingestellt. Mobiles Arbeiten ist Standard bei uns. Unsere Dienstvereinbarung sieht vor, dass man bis zu drei Tage in der Woche außer- halb des Büros arbeiten darf. Aber zwei Tage in der Woche muss man im Unternehmen sein, sonst geht uns der Zusammenhalt verloren. Und wir dürfen auch die nicht vergessen, die den Laden am Laufen halten und das nicht vom Homeoffice aus können. Diese beiden Tage im Unternehmen brauchen Sie zur Bindung der Mitarbeitenden? Wir haben in den vergangenen drei Jahren gesehen, dass mobiles Arbeiten funktioniert. Es ist weiter- hin sauberes Wasser aus demHahn gekommen, das Abwasser ist weiter entsorgt worden. Wir haben auch weiterhin stark investiert. Wir brauchen aber Struk- turen und Regeln. Daran arbeitenwir in Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung. Nach einem Jahr werdenwir uns zumBeispiel die Dienstvereinbarung noch einmal vornehmen und Erfahrungen auswer- ten. Uns ist der persönliche Austausch imUnterneh- Kerstin Oster spricht im Interview mit Redakteur Michael Gneuss über ihre Demografie- Strategie Wir passen absolut in die Zeit, weil wir ein innovatives Umwelt- Unternehmen sind. Kerstin Oster FOTO: AMIN AKHTAR Berliner Wirtschaft 01-02 | 2023

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