Berliner Wirtschaft 9/2018

MEINUNG & MACHER 21 BERLINER WIRTSCHAFT 09/18 D ie Berliner Wasserbetriebe haben eine ganze Reihe von Herausforde- rungen zu bewältigen: Der Bau von Regenwasserspeichern sowie die Erweiterung von Kläranlagen und die Sanierung von Rohrleitungen stehen an. Auch gesetzliche Auflagen zur Wasserqualität erfordern Investiti- onen. Ein Konzept gegen die Auswirkungen des demografischen Wandels wurde, auch auf den Weg gebracht. Berliner Wirtschaft: In einem früheren Interview mit der „Berliner Wirtschaft“ haben Sie die Wasser- preise – die in Berlin so niedrig sind wie noch nie – für stabil bis zum Jahr 2018 erklärt. Steigen die Prei- se nun wieder? Jörg Simon: Nein, bis 2021 werden wir die Preise auf dem gegenwärtigen Niveau stabil halten kön- nen. Das gilt sowohl für das Trinkwasser als auch für das Abwasser. WelchenEinflüssenverdanktBerlindiegünstigePreis- entwicklung? Da kommen mehrere Effekte zusammen. Zuerst einmal profitieren wir auf der Kostenseite von den Optimierungen, die wir im Unternehmen vorgenommen haben. Wichtig ist auch, dass Ber- lin – als unser Eigentümer – teilweise auf die Ab- führung der Gewinne verzichtet. Der dritte Punkt ist das Wachstum unseres Geschäfts. Da die Ein- wohnerzahl in Berlin steigt, steigt auch der Was- sergebrauch. Das kompensiert an anderer Stelle steigende Kosten. Insgesamt können wir so die Preise konstant halten, real sinken sie sogar. Müssen Sie für die wachsende Stadt im Gegenzug nicht auch investieren, zumBeispiel, umneueWohn- gebiete zu erschließen? Ja, natürlich müssen wir uns systematisch an- sehen, an welchen Stellen wir die Infrastruktur verstärken müssen, und einzelne Gebiete müs- sen auch neu erschlossen werden. Aber wir sind da gut aufgestellt. Das können wir im Rahmen der Investitionen abbilden, die wir ohnehin re- gelmäßig tätigen. In den nächsten fünf bis sechs Jahren werden wir planmäßig 1,3 Milliarden Eu- ro investieren. Eineweitere Milliarde kommt hin- zu, weil wir Kläranlagen aufgrund der Europäi- schen Wasserrahmenrichtlinie nachrüsten müs- sen – dadurch werden wir den Phosphor-Gehalt in Spree und Havel weiter absenken. In welche Maßnahmen fließen die planmäßigen 1,3 Milliarden Euro? Ein Teil fließt in die Sanierung der großen Trans- portleitungen. Das sind unangenehme, aber un- umgängliche Baumaßnahmen, bei denenwirmit- unter wichtige Straßen aufreißen müssen – auch wenn wir uns bemühen, viele Baumaßnahmen mit grabenlosen Verfahren zu realisieren. In den vergangenen Jahren haben wir etliche Baumaß- nahmen auch aus verkehrsbehördlichen Grün- den aufschieben müssen, aber ab 2020 müssen wir da ran. AmTempelhofer Dammhabenwir be- reits mit den Vorarbeiten für die große Baumaß- nahme ab 2022 begonnen. Die Rekommunalisierung, also der Rückkauf der Ber- liner Wasserbetriebe durch das Land Berlin, ist jetzt fünf Jahre her. Sie waren auch unter den privaten Ei- gentümernVorstandschef der BerlinerWasserbetrie- be. Was hat sich aus heutiger Sicht geändert? Der Schritt der Rekommunalisierung war rich- tig, da es eine negativeWechselwirkung zwischen dem damals gezahlten Kaufpreis und dem An- stieg der Tarife für Trink- und Schmutzwasser gab. Wir sind jetzt deutschlandweit beim Trink- wasser im unteren Drittel, beim Schmutzwas- ser im guten Mittelfeld. Wir haben in den letzten Jahren den Trinkwasserpreis um 15 Prozent ab- gesenkt und den Schmutzwassertarif einmal um sechs und dann noch einmal umvier Prozent. Die Diskussionen unter den früheren Gesellschaftern waren zumTeil sehr kompliziert. Wir haben jetzt einen Gesellschafter, mit demwir unsere Themen diskutieren können. Was erwartet das Land von denWasserbetrieben? ImVordergrund steht für uns die Aufgabe, Trink- wasser und Abwasserentsorgung zu günstigen » Jörg Simon sorgt in Berlin für niedrige Wasserpreise, eine dezentrale Energieversorgung und eine hohe Qualität des Trinkwassers. Dafür muss er kräftig investieren und betriebswirtschaflich optimieren » Von Michael Gneuss „Bis 2021 werden wir die Preise stabil halten“ FOTO: RICARDA SPIEGEL Jörg Simon war bereits vor der Rekommunalisierung Vorstandschef der Berliner Wasser- betriebe Wichtig ist, dass Berlin teilweise auf die Abführung der Gewinne verzichtet. INTERVIEW DES MONATS

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