Berliner Wirtschaft 9/2018

BERLINER WIRTSCHAFT 09/18 16 TITELTHEMA BerlinerWirtschaft: HerrTragmann, Sie sind Prüfer imAusbildungsberuf Elektroniker für Betriebstechnik. Voraussetzung für die Prüfertätigkeit ist nicht nur die entsprechende Sachkunde, sondern auch die persönli- che Eignung. Was heißt das konkret? Harald Tragmann: Die berufliche Qualifikation ist natürlich wichtig, um die Leistungen der Prüflin- ge überhaupt beurteilen und bewerten zu können. Prüfer und Prüferinnen sollten eine Abschluss- prüfung im entsprechenden Beruf abgelegt haben und möglichst eine mehrjährige Tätigkeit im Be- reich des Prüfungsgebietes hinter sich haben. Die erforderliche Sachkunde muss aber nicht spezi- ell nachgewiesen werden – zum Beispiel durch eine Eignungsprüfung. Wer als Prüfer tätig wer- den will, sollte zudem über ein ausgeprägtes Ver- antwortungsbewusstsein, menschliche Reife und pädagogisches Geschick verfügen. Viele Prüfer sind Ausbilder wie Sie. Warum? Weil Ausbilder in der Regel über die eben ge- nannten Voraussetzungen verfügen: Sie haben mit Sicherheit die fachliche Expertise, aber auch die persönliche Eignung, ihre Auszubildenden zu künftigen Fachkräften formen zu können – und sie haben gelernt, mit jungen Menschen umzu- gehen. Ausbildern ist es auch wichtig, ein gutes Netzwerk zwischen den Betrieben aufzubauen, weil sie sich nicht zurücklehnen und auf die Un- terstützung anderer verlassen können. Wenn wir ein gut funktionierendes Ausbildungssystem er- halten wollen, sollten alle auch ihren Beitrag da- zu leisten. Die Prüfertätigkeit soll vor allem die Ausbildungsqua- lität in den Betrieben sichern. Sie bekommen neben- bei einen Überblick, wie Ausbildung in anderen Fir- men umgesetzt wird. Können Sie daraus Anregungen für die Ausbildung in Ihrem Unternehmen schöpfen? Natürlich nehme ich auch Anregungen für uns mit – genausowie Prüfer und Prüferinnen, bei de- Ausbilder und IHK-Prüfer Harald Tragmann über Verantwortung im Ehrenamt, Netzwerke zum Nutzen der beteiligten Unternehmen und seine Freude an neuen Facharbeitern für den Arbeitsmarkt „Neue Prüfer werden immer gesucht“ nen unsere BMW-Azubis ihre Prüfungenmachen. Wie schon gesagt: Ein Netzwerk ist wichtig, um über den eigenen Tellerrand zu blicken und von anderen Betrieben undAusbildern zu lernen. Hier geht es aber nicht darum, Vorteile gegenüber an- deren zu bekommen, sondern die deutsche Aus- bildung als Ganzes voranzubringen. Welche positiven Aspekte hat das ehrenamtliche En- gagement im Prüfungsausschuss darüber hinaus? Man bleibt selber viel besser in den fachlichen Themen und lernt vor allem interessante Ver- fahren aus anderen Industriezweigen kennen. Und man hilft auch mit, dass betriebs- und wirt- schaftsnah geprüft wird – dass also die künfti- gen Fachkräfte mit den erforderlichen Qualifi- kationen ohne Komplikationen übernommen oder eingestellt werden können. Es gibt aber auch noch einen ideellen Aspekt: Prüfer leisten nicht nur ihren Beitrag zur hohen Qualität unserer dua- lenAusbildung, sondern stärken durch ihr ehren- amtliches gesellschaftliches Engagement auch ih- renWirtschaftsstandort. Entstehen beim Austausch mit anderen Prüfern und Ausbildern auch Ideen undAnstöße, umdie Prüfungs- verfahren zu vereinfachen? Wir inspirieren uns natürlich gegenseitig beim Ablauf der Prüfung. Wie können Abläufe effekti- ver gestaltet werden? Und vor allem: Wie gehen wir vor, dass die Bewertung der Prüfungsleistun- gen in den unterschiedlichen Ausschüssen auch weitestgehend objektiv vergleichbar sind? Si- cherlich gibt es von den verschiedenen Prüfungs- ausschüssen auch Feedbacks in die Kammern und Verbände, die dann diese Rückmeldungen aufgreifen und über verbesserte Verfahren, Ins- trumente oder Aufgabenstellungen beraten. Welche Bedeutung hat das Ehrenamt des Prüfers für Ihr Unternehmen, das Sie schließlich dafür freistellt, und für Sie persönlich? FOTO: BMW GROUP Harald Tragmann, Teamleiter Berufsausbildung Seit 13 Jahren ist der Ausbildungsleiter im Werk Berlin der BMW Group IHK- Prüfer. Bereits seit 1996 bildet er bei BMW in Spandau aus, wo jährlich 25 Azubis neu starten. Prüfer stärken durch ihr ehrenamt- liches gesell- schaftliches Engagement auch ihren Wirtschafts- standort.

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