Berliner Wirtschaft 6/2018

MEINUNG & MACHER 21 BERLINER WIRTSCHAFT 06/18 Man kann den Eindruck gewinnen, dass der Senat glaubt, denWohnungsmangel imWesentlichen mithilfe der städtischen Wohnungsbau- Unternehmen bekämpfen zu können. JAN EDER Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin 01 Frühstücksrunde im Ludwig Erhard Haus: Dr. Matthias Kollatz-Ahnen (Mitte) mit den Gastgebern Dr. Beatrice Kramm und Jan Eder (3. v. l.) 02 Jan Eder (r.) stellte als Moderator dem Finanzsenator Fragen rund ums Geld tig kaum möglich. Man werde sehen, so Kollatz-Ahnen. „Aber nichts zu tun und das Gebäude dem Verfall preiszugeben, kann keine Alternative sein.“ Seine Ziele als Finanzsenator? 2020 möchte er die Ausfallbürgschaft des Lan- des für die Berlinovo auflösen, Berlins einstiger „Bad Bank“. „Ichmöchte zeigen, dass wir das besser hinkriegen als die Kollegen in Norddeutschland.“ Und das zweite große Ziel: eine vernünftige Neu- regelung der Grundsteuer am liebsten bis Ende des Jahres. Sein Ansatz: Die neue Grundsteuer soll aufkommensneutral sein. „Die Landeskasse will sich daran nicht bereichern“, versprach Kollatz-Ah- nen. Dass alle am Ende zufrieden sein werden, glaubt er allerdings nicht. „Sehen Sie, wir haben jetzt eine schreiend unge- rechte Regelung. Wenn wir die gerechter machen, werden viele anschließend we- niger zahlen, sich freuen und schweigen. Und die, die mehr zahlen müssen, wer- den den Untergang des Abendlandes he- raufbeschwören.“Welches Modell zur Be- rechnung der Grundsteuer er denn be- vorzuge? Kostenwert, Grundwert oder noch ein anderes Modell, fragte ein Teil- nehmer nach. Dazu könne er derzeit noch nichts Detailliertes sagen, antwor- tete der Senator. „Da müssen Sie mich dann noch mal einladen.“ und zitierte den türkischen Staatsgrün- der Atatürk. Mit Blick auf den Untergang des Osmanischen Reiches soll Atatürk ge- sagt haben: Der schnellste Weg, die Un- abhängigkeit zu verlieren, sei, Geld aus- zugeben, das man nicht habe. Berlin sei zwar nicht das Osmanische Reich, ha- be aber noch vor ein paar Jahren einen Schuldenstand von 67 Prozent gehabt. Die Folgen für die Stadt und ihre Infrastruk- tur seien ja bekannt. „Natürlich helfen die vollen Kassen und die gute Konjunktur jetzt, den enor- men Investitionsstau abzubauen. Aber wir brauchen dafür einen langen Atem. Selbst wenn es in den nächsten zehn Jah- ren weiter so gut läuft, werden wir nicht die Finanzkraft von London oder Paris erreicht haben“, so der Senator: „Wir ge- hen Schritte vomAbgrundweg, sind aber noch nicht in einer komfortablen Zo- ne“, so Kollatz-Ahnen. Deshalb habe er bei den letzten Haushaltsverhandlungen auch Wünsche für rund sechs Milliarden Euro wieder wegverhandelt. Gleichzeitig warnte der promovierte Physiker vor einem überbordenden Ge- staltungs-Enthusiasmus. „Wir können nicht beliebig viele Großprojekte gleich- zeitig stemmen“, so Kollatz-Ahnen. Der BER habe in diesemZusammenhang im- merhin die nützliche Funktion als Spaß- bremse gegen den täglichen Größenwahn in der Stadt. Eines der nächsten Großpro- jekte ist der geplante Umbau des Flugha- fengebäudes in Tempelhof für rund 130 Mio. Euro aus den „Siwana“-Mitteln zu einemder größten Bürogebäude Europas. BeimThema Großprojekte lag die nächs- te Frage auf der Hand: „Was ist denn mit dem ICC?“, wollten die Gäste wissen. Da- rüber werde nicht jetzt entschieden, so Kollatz-Ahnen. Sein Vorschlag: Erst mal die Schadstoffe aus demGebäude entfer- nen und den Verfall aufhalten. „Wir mö- beln gleichzeitig das Messegelände auf. Das alles wird uns bestimmt zehn Jahre beschäftigen. Dann überlegenwirweiter.“ Aber auch in zehn Jahren werde die nutzbare Fläche nicht wesentlich größer sein, hielt Jan Eder dagegen. Ein kosten- deckender Betrieb sei deshalb auch künf- 02

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