Berliner Wirtschaft 12/2019

Beimweltweit größten Aufzughersteller, der ame- rikanischen Otis, findet ein Teil der digitalen Transformation in Berlin statt, wo bereits seit 1910 die deutsche Unternehmenszentrale sitzt. Aktuell werden hier die Steuerungselemente für Aufzug- anlagen produziert. „Unser Geschäft wird aber immer digitaler, viele Aufgaben und Technolo- gien verlagern sich in die Bereiche Service, War- tung und Data Analytics“, sagt Julia Exner, Mit- glied der Geschäftsleitung und Direktorin Digi- tal Business Development & Communication bei der Otis GmbH& Co. OHG. „ So entwickeln wir in Berlin unter anderem cloudbasierte Lösungen für das Internet der Dinge. Diese optimieren die Per- sonenbeförderung in den Städten und Gebäuden der Zukunft, gestalten den Betrieb und die War- tung von Aufzugsanlagen effizienter und nach- haltiger.“ In Berlin entwickelt das Unternehmen auch Smartphone-Apps und mobile Anwendun- gen für Servicetechniker undMechaniker. Zu den jüngsten Entwicklungen gehört eine Online-An- wendung, mit der etwa Architekten und General- unternehmer bereits in der Planungsphase mit nur wenigen Klicks auf Zeichnungen, Spezifika- tionen und Kabinen-Designs zugreifen können. Sorgen bereiten vielen Unternehmen unter- dessen die knappen und oftmals nicht bezahl- baren Flächen. Knapp 4.000 im Handelsregister eingetragene Unternehmen hätten in den ver- gangenen fünf Jahren den Wirtschaftsstandort Berlin verlassen, jedes vierte Richtung Branden- burg, heißt es in der IHK-Veröffentlichung „Ber- liner Wirtschaft in Zahlen“ (2018). „Berlin punktet zwar weiterhin mit einer hohen Lebensqualität, einer guten Anbindung und dem Image ,Made in Ber- lin‘. Gleichzeitig führen die gestiegenen Standortkosten dazu, dass die Hauptstadt ihre Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Groß- städten einbüßt.“ Bemän- gelt werden vor allemPreise bzw. Mieten für Gewerbe- flächen und Immobilien sowie fehlende bzw. unge- eignete Gewerbeflächen. Andere haben sich davon nicht abschrecken lassen und der Hauptstadt die Treue gehalten, unter ihnen mittelständische Produzenten wie die Ber- liner Glas Gruppe in Britz, die erst 2018 mehr als 30Mio. Euro amStandort investierte, unter ande- rem um Flächen zu erweitern. Nach einem über- durchschnittlichenWachstumvon gut 25 Prozent beschäftigte das Unternehmen, das zu den welt- weit führenden Anbietern optischer Schlüssel- komponenten, Baugruppen und Systeme sowie hochwertig veredelter technischer Gläser zählt, Ende 2018 knapp 900 Mitarbeiter und schuf im laufenden Jahr weitere Stellen. Oder die inhaber- geführte India-Dreusicke Berlin, die unlängst elf Mio. Euro in ein neues Gebäude im Gewerbege- biet Motzener Straße investiert. Knappe, teure Flächen in der Hauptstadt Pizza- und Pasta-Spezialist Freiberger hingegen erweitert die Produktion anderswo, in Sach- sen-Anhalt zum Beispiel. Berlin sei vergleichs- weise teuer und das Angebot an Flächen begrenzt, so Geschäftsführer Hans-Detlev Schulz. Auch Ingo Bengs, Geschäftsführer der Alois Dallmayr Kaffee Berlin GmbH & Co. KG in Neukölln, die mit rund 60 Mitarbeitern 50.000 Tonnen Kaffee jährlich produziert, würde gern das Werkmoder- nisieren und erweitern, um eine dritte Schicht zu starten. „Wir haben aber nicht die Fläche, und ein Umzug wäre zu aufwendig“, sagt Bengs. Angesichts knapper Grundstücke sind Flä- chenentwickler in der Stadt hochwillkommen. Vor einem Jahr hatte Siemens bekanntgegeben, in Berlin, dem mit 11.500 Mitarbeitern weltweit größten Produktionsstandort des Technologie- konzerns, 600 Mio. Euro in einen Zukunftscam- pus investieren zu wollen – die größte Einzel- Cedrik Neike Vorstandsmitglied Siemens AG Als erster Vorstand seit 1945 hat Neike seinen Hauptsitz in Berlin und verantwortet von hier aus als CEO den Bereich Smarte Infrastruktur und das Indien-Geschäft. Am Gründungsstandort des Konzerns treibt der Ingenieur den neuen Campus Siemensstadt voran. FOTO: SIEMENS AG 26 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 12 | 2019

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