Berliner Wirtschaft 11/2020

» mehr Cyber-Kriminelle bauen, direkt oder vir- tuell, geschickt Kontakte zu Mitarbeitern auf, um deren Wissen – oftmals unbemerkt – für Datendiebstahl zu nutzen. „Der größte Freund des Cybercrime ist die Naivität der Handelnden“, bringt es Richter auf den Punkt. Zur Naivität gesellt sich aber auch Vorsatz. Laut Bitkom-Studie waren 33 Prozent der Wirt- schaftskriminellen ehemalige Mitarbeiter, die vorsätzlich agierten, etwa aus Frust über eine Ent- lassung. Weitere Täter bei Datendiebstahl, Wirt- schaftsspionage und Sabotage sind laut GDV vor allemEinzelpersonen/Hobbyhacker (38 Prozent), ehemalige Mitarbeiter, ohne Absicht (23), organi- sierte Kriminalität/Banden (21), konkurrierende Unternehmen (20), Lieferanten (16), aktuelle Mit- arbeiter (14) sowie ausländische Nachrichten- dienste (12 Prozent). „Vor einigen Jahren mussten die Täter noch über viel Know-how verfügen, das hat sich radi- kal verändert“, sagt Oliver Klau von der Zent- Christoph Holle Perseus Technologies Jeder zweite Mitarbeiter fühlt sich nicht ausreichend über Cyberrisiken am Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden informiert. jekt für das Thema Cyberversicherung“ mit. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungs- wirtschaft (GDV) haben nur sieben Prozent der Kleinstunternehmen, 22 Prozent der kleinen und 23 Prozent der mittleren Unternehmen eine Police gegen Schäden durch Internetkriminali- tät. 60 Prozent der Kleinstunternehmen wüssten gar nicht, dass es solch eine Versicherung gibt, so der GDV. Neben der IT-Sicherheitsbranche, der IHK Berlin sowie relevanten Netzwerken müssen auch die Berliner Sicherheitsbehörden ihren Bei- trag leisten. BeimVerfassungsschutz Berlin nahm Anfang September 2020 die Zentrale Ansprech- stelle Wirtschaftsschutz (ZAW) ihre Arbeit auf, eingerichtet auch auf Betreiben der IHK. „Wir stehen den Unternehmen als Ansprechpartner bei Fragen rund um die Prävention zur Verfü- gung, sensibilisieren, auf Wunsch auch mit Vor- trägen, für drohende Gefahren für das firmenei- gene Know-how, beraten und unterstützen bei der Aufklärung“, benennt Verfassungsschützer Hans Richter zentrale Aufgaben. „Dabei wird das Prin- zip der Vertraulichkeit gewahrt.“ Die Betroffe- nenmüssten nicht fürchten, dass ermittelt werde und die Fälle publik gemacht würden, denn viele scheuten den Imageschaden. Ermittlungen fielen ausschließlich in die Zuständigkeit der Polizei. Verfassungsschutz gegen Wirtschaftsspionage „Der Fokus der Arbeit liegt auf der Abwehr von Wirtschaftsspionage ausländischer Geheim- dienste, denn nur hier verfügt der Verfassungs- schutz über eine eigene Zuständigkeit“, so Richter. Allerdings können sich Unternehmen auch in anderen Fällen an die Behörde wenden, etwa beim Verdacht, von Wettbewerbern ausspio- niert zu werden. Die Urheberschaft möglicher Angriffe – Geheimdienst, Wettbewerber oder auch einfacher Krimineller – sei in der Regel nicht sofort erkennbar. Im Laufe des Herbstes wird der Berliner Verfassungsschutz auch auf seiner Homepage vielfältige Informationen zum ThemaWirtschaftsschutz anbieten. Ziel ist in ers- ter Linie Hilfe zur Selbsthilfe. „Mit der Digitalisierung betreten die Unter- nehmen einen Hochsicherheitsraum. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen sind sich der Gefährdungen oftmals nicht bewusst“, warnt Richter. Gerade in Berlin seien die KMU aber das Rückgrat der Wirtschaft. Als weiteres Problem nennt Richter das zunehmende Social Enginee- ring, das heißt die soziale Manipulation: Immer SCHWERPUNKT | IT-Sicherheit

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