Berliner Wirtschaft 10/2018

BERLINER WIRTSCHAFT 10/18 60 NEUE UNTERNEHMEN & MÄRKTE D ie erste Hälfte des Textes wur- de in der September-Ausgabe der „Berliner Wirtschaft“ ver- öffentlicht. Es folgt der zweite und ab- schließende Teil. Ein oft anzutreffender Fehler von Start-ups ist, dass sie in der Frühpha- se viele Investoren mit geringen Ge- schäftsanteilen beteiligen. Dann spricht man von einem „messed up cap table“. Beteiligungen unter drei Prozent sind nur ratsam, wenn es hierfür einen gu- ten Grund gibt, da jeder Gesellschafter alle Gesellschafterrechte und damit ei- ne starke Position erhält. Es kann zu un- günstigen Situationen kommen, wenn der Gesellschafter mit seinen gerin- gen Geschäftsanteilen bei einer Finan- zierungsrunde oder beim Exit versucht, seine Position durch eine Blockadehal- tung massiv zu verbessern. Wenn es Ge- sellschafter mit geringen Geschäftsan- teilen gibt, ist ein besonderes Augen- merk auf die Verträge zu legen, damit Blockadehaltungen weitestgehend ver- hindert werden. Beteiligungen am Start-up unter einem Prozent sollten nur an wirklich hochkarätige, kompetente Gesellschafter vergeben werden. Sind bereits viele In- vestoren oder Gesellschafter mit kleinen Geschäftsanteilen beteiligt oder ist dies geplant, sollte das Pooling, bei dem die Gesellschafter in der Regel „zusammen- gefasst“ werden, in die Überlegungen einbezogen werden. Eine weitere Mög- lichkeit sind „virtuelle Beteiligungen“, Teil II Ungeklärte Schutzrechte, zu kleine Gesellschafteranteile, Insolvenzverschleppung: Welche gesetzlichen Fehler Gründern besonders häufig unterlaufen » Von Jan Schnedler Spätestens in einer Finanzierungsrun- de wird im Rahmen einer Due Dili- gence die Rechtekette geprüft, also etwa die Verträge für die Übertragung oder der automatische Übergang vom Erfin- der oder Urheber auf das Start-up. Wurden keine Verträge mit Übertra- gungsklauseln abgeschlossen und sind die Schutzrechte auch nicht automatisch durch gesetzliche Bestimmungen wie das Arbeitnehmerfindungsgesetz über- tragen worden, sollte man nachträg- lich Schutzrechtsübertragungsverein- barungen mit Mitarbeitern und anderen Beteiligten schließen. (Für Geschäftsfüh- rer sollte es dazu immer eine gesonderte Regelung im Anstellungsvertrag geben.) Das wird umso schwieriger, je länger das Schutzrecht besteht, da gegebenen- falls Mitarbeiter nicht mehr für das Start- up arbeiten. Man sollte dabei nicht ver- gessen, dass nicht nur die Mitarbei- ter, sondern auch die Gründungsgesell- schafter ihre Schutzrechte auf das Un- die keine echte Gesellschafterstellung einräumen, sondern nur eine finanzi- elle Beteiligung an einem Exit-Erlös ge- währen. Einen weiteren Fehler begehen Start- ups häufig, wenn es um die Nutzung von Open-Source-Software geht. Inhalte, die im Internet kostenfrei zum Down- load bereitstehen, unterliegen nur in den seltensten Fällen der völlig freien Nut- zung. Es gibt normalerweise Lizenzbe- dingungen, die etwa vorschreiben, dass eine Open-Source-Software zwar über- arbeitet, aber nicht gegen Zahlung eines Entgelts vertrieben werden darf. Das kann im Extremfall dazu führen, dass Start-ups die eigene (mit Open- Source-Software kombinierte) Software nicht mehr wirtschaftlich verwerten, al- so verkaufen oder kostenpflichtig lizen- sieren dürfen. Zu beachten ist auch, dass bei einem Verstoß gegen diese Bestim- mungen eine abmahnfähige Rechtsver- letzung vorliegt. Gründer sollten daher die Lizenzbestimmungen genau lesen. Schutzrechte gehören nicht dem Unternehmen Gründer sollten von Anfang an daran denken, Schutzrechte auf ihr Start-up zu übertragen, da diese in der Regel nicht beimUnternehmen, sondern beimMen- schen (Grafiker, Urheber, Erfinder) ent- stehen. Bei fast allen von mir begleiteten Transaktionen waren (noch) nicht al- le Schutz- oder Nutzungsrechte auf das Unternehmen übertragen worden. FOTO: GETTY IMAGES/THOMAS M. BARWICK INC RECHTLICHE FALLSTRICKE FÜR START-UPS

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