Berliner Wirtschaft 10/2018

BERLINER WIRTSCHAFT 10/18 36 IHK AKTUELL & SERVICE I nnovationen, Know-how, Mitar- beiter und Produktionsanlagen können zu den „Kronjuwelen“ im Unternehmen zählen. Diese Un- ternehmenswerte gilt es bestmöglich vor Spionage zu schützen. Aberwo genau da- mit anfangen? Im ersten Schritt natürlich in der Un- ternehmensführung, denn Sicherheit ist ganz klar Chefsache. Im zweiten Schritt sollte der kurze Draht zu den Berliner Si- cherheitsbehörden gesucht werden. So- fern Risiken durch ausländische Nach- richtendienste befürchtet werden, sollte der BerlinerVerfassungsschutz mit seiner Spionageabwehr auf der Kurzwahlliste ganz oben stehen. Man spricht dann von Wirtschaftsschutz. Nur: Das Wort trifft nicht das, was gemeint ist. Denn es geht hierbei nicht um Wirtschaft allgemein, sondern konkret umWissenschafts- und Technikspionage. Dabei handelt es sich dann überraschendmit demForschungs- vorsprung auf den Markt zu gehen – Pa- tent hin oder her. Nachrichtendienst- liches Engagement sparte auf dieseWeise enorme Entwicklungskosten, die über- dies preissenkend auf dem Markt Vor- teile brachte. Vielfältige Vorgehensweisen Alles kalter Kaffee? Wohl kaum. Wesent- lich das Verschaffen von Vorteilen auf dem Markt steht weiterhin auf der Ta- gesordnung derer, die ein anderes Tri- kot tragen als das unsrige. Dabei ähneln dieVorgehensweisen derVielzahl an Düf- ten eines Parfumladens und lassen sich dennoch in diverse Bereiche eingrenzen. Diese auf dem Schirm zu haben, kann helfen, den Wettlauf gegen solch nach- richtendienstliche Angriffe vorteilhafter zu gestalten. Auf welche Vorgehenswei- sen sich Unternehmen – insbesonde- um keine unwesentliche Seite auf dem Gebiet der Spionage. Manch einer denkt zunächst an poli- tische Spionage, vielleicht noch anmilitä- rische Spionage oder gar Gegenspionage. Doch spricht nicht wenig dafür, vor allem überWissenschafts- und Technikspiona- ge sprechen zu müssen. Warum? Die Un- tersuchung historischer Akten unterge- gangener sozialistischer Nachrichten- dienste inOsteuropaundder Sowjetunion zeigt unzweifelhaft: 40 bis 50 Prozent der nachrichtendienstlichen Quellen aus den Staaten hinter der Elbe, beinahe al- so die Hälfte, hatten bis zur Herbstrevo- lution 1989 nur eines im Sinn: Verfahren, Patente, Muster oder Forschungsergeb- nisse so zu beschaffen, dass es niemand bemerkt. Dass die Konkurrenz also in Ruhe Produktpiraterie betreiben konnte, ohne zuvor auch nur mit einer Fährte die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, um Draht zur Spionageabwehr Berliner Unternehmen, die sich vor Produktpiraterie und Datenklau schützen wollen, sollten in direktem Kontakt zu den hiesigen Sicherheitsbehörden stehen » Von Dr. Helmut Müller-Enbergs FOTO: GETTY IMAGES/MEHAU KULYK Ausgespäht: Wissenschafts- und Technikspionage ist Alltag

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