Berliner Wirtschaft 5/2019

Der Blick auf den bevorstehenden Brexit und die Wahl macht deutlich, wie stark die Wirtschaft auf den Fundamenten der EU ruht und an welchen Stellen Brüssel nachbessern muss Berliner Firmen brauchen Europa B ei der Europawahl werden die Weichen für die Zukunft der Europäischen Union gestellt, die wiederum grundlegend ist für die deutsche Wirtschaft und für unseren Wohlstand. Die IHK-Organi- sation setzt sich für ein geeintes und wirtschaftlich starkes Europa ein und begleitet dieWahl mit einer Kampagne: Alle Aktivitäten sind gebündelt unter #GemeinsamEuropaGestalten und über die Kampagnenwebsite abrufbar: ihk. de/europa. Unklar ist nach wie vor, ob es einen geregelten oder ungeregelten Brexit geben wird. Zwar hat sich die EU am 11. April darauf geeinigt, den Austritt spätestens auf den 31. Oktober 2019 zu verschieben. Er löst aber nicht das Pro- blem der Berliner Wirtschaft, sich auf ein immer wieder verschobenes Szena- rio einstellen zu müssen. Für Unternehmen geht es darum, dass Planungssicherheit für Geschäfte mit UK geschaffen wird. Hier ist die EU gefordert, zeitnah mit dem Vereinigten Königreich die rechtlichen und wirt- schaftlichen Beziehungen neu zu ord- nen. Aus Sicht derWirtschaft wäre dabei eine Zollunion mit zollfreiem Waren- verkehr und einemnach außen einheit- lichen Zolltarifrecht einem konventio- nellen Freihandelsabkommen vorzuzie- hen. Für KMU ist generell wichtig, dass bei allen Gesetzesinitiativen die Rege- lungen praxisnah gestaltet werden und unnötige Bürokratie vermieden wird. Die EU-Kommission erwägt, künftig Sammelklagen auf Schadenersatz zu ermöglichen. Auch wenn jedemBetrof- fenen bei Rechtsverstößen ein Ersatz für erlittene Schäden zusteht, gilt: Eine private Klageindustrie muss verhindert werden. Das ließe sich erreichen, wenn nur öffentlich-rechtliche Institutionen wie unabhängige Ombudsstellen klage- berechtigt wären. Ebenfalls wichtig wäre eine Anpas- sung der Größenklassen für Unterneh- men. Dazu sollten der Schwellenwert für KMU von 250 auf 500Mitarbeiter erhöht sowie die seit 2003 gültigen Werte für den Jahresumsatz und die Bilanzsumme der Preis- und Produktivitätssteigerung angepasst werden. Dies würde innovati- venMittelständlern einen vereinfachten Zugang zu EU-Programmen und -For- schungsförderung ermöglichen. Auch gibt es innerhalb des Binnen- marktes trotz großer Fortschritte immer wieder neue Handelsbarrieren, etwa bei der vorübergehenden Entsendung von Mitarbeitern in Nachbarländer. Hier sind umfangreiche bürokratische Meldevorschriften zu beachten, womit deutsche Unternehmen imNachbarland nicht wettbewerbsfähig sind. Ein flexib- leres Arbeiten innerhalb der EU wäre hier nötig. bw/dihk Grafik: H. Anders Quelle: DIHK Binnenmarkt Kommt der Brexit, trifft das auch den Handel in einer der weltgrößten Volkswirtschaften 64% % des Handels wickeln die EU-Länder untereinander ab 60% % des Handels wickeln die EU-Länder untereinander ab (ohne Großbritannien) Marktplatz EU Deutschlands Ausfuhren gehen zu einem Großteil in EU-Mitgliedstaaten % 59% 1.318 Mrd. Euro (2018) Ausfuhren, davon EU: % 53% 1.318 Mrd. Euro (2018) Ausfuhren, davon EU: (ohne Großbritannien) Brexit-Effekt im Saldo Der deutsche Handelsbilanzüberschuss gegenüber EU-Ländern schrumpft % 68% 228 Mrd. Euro (2018) Handelsbilanzüber- schuss, davon EU: % 48% 228 Mrd. Euro (2018) Handelsbilanzüber- schuss davon EU: (ohne Großbritannien) Dr. Valentina Knezevic Brexit-Expertin Tel.: 030 / 315 10-243 valentina.knezevic@berlin.ihk.de 59 BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2019 SERVICE | Brexit

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