Berliner Wirtschaft 5/2019

Hauch weniger dramatisch fällt das Zeugnis für die Berliner Baupolitik aus. Knapp drei Viertel der Befragten zeigen hier der Politik die rote Karte. Auch die ohnehin berüchtigten Zustände in der Berliner Verwaltung haben sich aus der Sicht von 70 Prozent der Befragten nicht verbessert. Da sich die rasante Bevölkerungsentwicklung der Stadt voraussichtlich nicht entspannen wird, ist von weiteremDruck in diesen Bereichen aus- zugehen. Seit Jahren sind dieWachstumsschmer- zen Berlins unübersehbar und können 2019 kaum mehr überraschen. Erstaunlich ist, dass die Politik die Probleme nur unzureichend angeht, obwohl geeignete Lösungsvorschläge seit Langem auf demTisch liegen. Bereits mehrere Senatsverwal- tungen haben es versäumt, die Berliner Entwick- lungsdynamik angemessen zu begleiten, und set- zen den zukünftigen Erfolg aufs Spiel. Auch der aktuelle Senat lässt zu wenig Aktivität erkennen. Defizite auch in weiteren Schlüsselbereichen Zukünftiger Erfolg hängt auch von weiteren Schlüsselbereichen ab. Das Spektrum ist so viel- fältig wie die Herausforderungen: Kitaplatz- und Fachkräftemangel, mangelnde digitale Infra- struktur oder lahmende Infrastruktursanierung. Doch auch hier zeichnen die Unternehmen ein bestenfalls sehr durchwachsenes Bild. Wirtschaftsseitig bestehen im Grunde beste Voraussetzungen, um diese Problemlagen zügig und pragmatisch anzugehen – kreative unterneh- merische Lösungen muss man in der Hauptstadt nicht lange suchen. Doch anstatt die Herausfor- derungen mit den Unternehmen als Partner zu lösen, werden Wirtschaftsskepsis gefördert und überholte politische Instrumente aus grauer Vor- zeit ins Feld geführt. Investorenfeindliches Klima in Teilen der Politik Die logische Konsequenz und bittere Erkenntnis der Halbzeitbilanz ist daher leider auch, dass die Wirtschaft ein zunehmend investorenfeindliches Klima in Teilen der Landespolitik wahrnimmt. Enteignungspläne, Wohnungsrückkauf, Milieu- schutz oder zuletzt Mietdeckel: Der Senat verliert sich in Wunschprojekten und schreckt vor prag- matischen Problemlösungen zurück. Verantwortliches Regieren heißt auch, das Wohl der ganzen Stadt in den Blick zu nehmen. Das sind die Ansprüche, an denen die Berliner Wirtschaft den Regierenden Bürgermeister und seinen Senat in den kommenden zweieinhalb Jahren R2G messen wird. ■ Der Senat hat noch zweieinhalb Jahre Zeit, die Weichen für eine zukunftssichere Politik zu stellen. Er sollte diese Zeit nutzen. Dr. Beatrice Kramm IHK-Präsidentin 15 BERLINER WIRTSCHAFT 05 | 2019

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