Berliner Wirtschaft 3/2020

55 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 03 | 2020 SERVICE | Außenwirtschaft FOTO: GETTY IMAGES/LANNING Nicht mehr so eng verbunden: Am 31. Januar ist Großbritannien aus der EU ausgetreten Dr. Valentina Knezevic, IHK-Bereich Stadtentwicklung & Internationale Märkte Tel.: 030 / 315 10-243 valentina.knezevic@berlin. ihk.de Der Austritt Großbritanniens aus der EU wird sich nicht unmittelbar auswirken – auch weil viele Unternehmen die Zeit genutzt haben. Ansonsten helfen die Service-Angebote der IHK Berlin Brexit wirkt erst mittelfristig D er Austritt Großbritanniens aus der Euro- päischen Union wird sich nach Einschät- zung der IHK nicht unmittelbar auswir- ken. Zumeinen gelten bis Ende 2020 noch umfangreiche Übergangsregelungen, zum ande- ren hat die mehrfache Verschiebung des Austritts den Unternehmen zusätzliche Zeit für die Vorbe- reitung verschafft. Über 400 Berliner Unternehmen unterhalten signifikante Wirtschaftsbeziehungen mit Groß- britannien. Das erwirtschaftete Handelsvolumen lag dabei zwischen Januar und November 2019 bei rund 1,1 Mrd. Euro. Großbritannien gehört zu den TOP-7-Import- und TOP-6-Exportmärkten für die Berliner Wirtschaft. Trotz der wirtschafts- politischen Unsicherheit ist die Nachfrage nach Berliner Exportgütern gestiegen – zuletzt um 8,7 Prozent im Vergleich zu 2018. Bis zum Ende der Übergangsphase bleibt Großbritannien nach demderzeitigen Stand der Dinge in der Zollunion sowie im EU-Binnenmarkt. Das EU-Recht gilt in dieser Zeit für das Vereinigte Königreich grund- sätzlich fort, jedoch ohne Beteiligung in den EU-Institutionen. „Die Berliner Unternehmen haben die mehr- fache Verschiebung des Brexits gut genutzt, um sich auf den Tag X vorzubereiten. Sie haben ihre Lieferketten und Produktionsabläufe überprüft und angepasst“, so Jan Eder, Hauptgeschäfts- führer der IHK Berlin. „Auch nach Ablauf der Übergangsphase rechnen wir nicht unmittel- bar mit Auswirkungen auf die Berliner Wirt- schaft, da die Verflechtung hier nicht so intensiv ist wie beispielsweise in Baden-Württemberg.“ Anders sehen die mittelbaren Folgen aus. „Denn wenn sich dieWirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Großbritannien insgesamt ver- schlechtern, hat das natürlich auch Auswirkun- gen auf die Berliner Wirtschaft.“ Die IHK Berlin bietet regelmäßig Zollwork- shops für Unternehmen an, um über die Anfor- derungen beimHandel mit Drittstaaten zu infor- mieren. Zu den Außenwirtschaftsdokumenten zählen u. a. Ursprungszeugnisse oder das Carnet A.T.A. Dieses wird beispielsweise benötigt, wenn man Gegenstände wie Film- oder Messeausrüs- tungen in ein Drittland mitnimmt. „Auch ohne Brexit sind im Bereich Außen- wirtschaft und Recht der IHK Berlin in den letz- ten Jahren der Beratungsbedarf und die Zahl der ausgestellten Außenwirtschaftsdokumente stark gestiegen“, so Jan Eder. „Wir sehen, dass welt- weit ständig neue Sonderzölle eingeführt wer- den oder die Politik Einfuhrvorschriften ver- schärft. Das macht die Internationalisierung der Berliner Wirtschaft nicht einfacher.“ So wurden 2017 noch insgesamt 31.526 Dokumente ausge- stellt, 2019 waren es 34.442. Der größte Anstieg wurde dabei bei den Ursprungszeugnissen verzeichnet, mit denen die Unternehmen dokumentieren, wo z. B. ihre Pro- dukte hauptsächlich hergestellt wurden. Grund für den Anstieg sind vor allem die immer höhe- ren Zollhürden. Besonders stark betroffen waren die Berliner Unternehmen, die Handel mit der Türkei betreiben. Wie etwaige Abkommen zwischen Groß- britannien und der Europäischen Union ab dem 1. Januar 2021 aussehen können, ist derzeit noch unklar. Die rechtliche Grundlage wird ein Freihandelsabkommen bilden. bw

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