Berliner Wirtschaft 2/2019

43 berliner wirtschaft 02 / 2019 branchen / BBWA er Ullstein-Mitarbeiter Fried- rich Kroner wollte das Märchen von Rotkäppchen als Comic- strip erzählen und erfand dafür ein neues Darstellungsverfahren: Kom- plexe Gebildewurden Schicht für Schicht in Einzelbilder zerlegt. Dieses „gedruckte gläserne Modell in Schnitten“ kennt man aus der Bertelsmann-Lexikothek oder aus medizinischen Büchern. Der Clou, der am 14. Januar 1936 zur Gründung der Transart AG führte, war der Druck auf durchsich- tige Zellglasfolien – „doppelseitig, paßge- nau und konturengleich“. DieProduktion startete bei derDrucke- rei Albert Frisch, Direktor wurde der über 70-jährige Georg Gravenstein, Eigentü- mer war der Immobilienkaufmann Fried- rich-Wilhelm Gloatz. Er hatte zuvor die „Arisierung“ des Grundbesitzes der jüdi- schen Familie Sabersky durchgeführt und von Sabersky auch die zwei Monate alte Transart übernommen. Nach zwei verlustreichen Jahren hat- te man im In- und Ausland mehr als 30 Patente angemeldet. Die Transart-Grafi- ker Thomas Abeking, Hann Trier und Hans Fischer führten die ersten Großaufträge von Agfa und Ford aus. 1939 stoppte der Krieg den Aufschwung. Doch Gloatz ließ seine Beziehungen in der Partei spielen. Er druckte „alles, was man auseinander- nehmen konnte“ – vom Generator bis zur Feldhaubitze. DerWiederanfangwarschwer: Demon- tage 1945, Internierung 1945 bis 1948, 1950 forderte die Familie Sabersky die Zahlung der restlichen Gewinneinlage in die Trans- art. Heinrich Hille, Kalkulator der Drucke- rei Frisch, kam als Teilhaber in die neue Gloatz, Hille GmbH & Co. KG für Mehrfar- ben- und Zellglasdruck. Der Durchbruch gelang 1952 mit den „formtreu“-Prospek- ten für C&A und mit ERP-Krediten. Mit Sohn Hans-Peter Gloatz, gelernter Dru- Vielschichtige Angelegenheit Jeder kennt sie: übereinandergelegte Folien in Büchern, die Einblicke in Innenleben gewähren. Mit dieser Erfindung machte sich die Transart AG einen Namen von Björn Berghausen (BBWA) cker, kam 1963 die zweite Generation füh- rend ins Geschäft. 1964 beschäftigteman 27 Mitarbeiter für Aufträge vom Brockhaus- Verlag, C&A, Böhringer-Ingelheim und Bayer. Nach zehnjährigen Verhandlun- gen zog man die Bertelsmann-Lexikothek an Land. Der Umweltschutz erzwang 1976 die Umstellung von Tiefdruck auf Offset, Gloatz & Hilles Marktanteil in Europa lag bei 90 Prozent. Von 1986 bis 2004 ließ Gloatz jr. am Lützowufer, später am heutigen Kloster- frau-Standort, produzieren, ehe er die Pro- duktion an Multi-Druck in Augsburg ver- äußerte. FOTOS: BBWA Der Hochsee- fischdampfer zum Entblättern stammt aus dem Jahre 1940 Für Interessierte Die Bestände des Berlin-Branden- burgischen Wirt- schaftsarchivs (BBWA) können eingesehen werden. Kontakt und Informationen: bb-wa.de Friedrich-Wil- helm Gloatz: Eigentümer der Transart AG D

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