Berliner Wirtschaft Juli/August 2021

Anne-Kathrin Kuhlemann Vorsitzende des IHK-Ausschusses Wirtschaftspolitik Ihr Ehrenamt, den Vorsitz im Ausschuss Wirtschaftspolitik der IHK Berlin, über- nahm Anne-Kathrin Kuhlemann im November 2017. Als Unternehmerin hat sie die BE Food AG gegründet. D ie IHK hat auch in diesem Jahr vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin am 26. September zehn wirtschaftspolitische Leit- linien entwickelt, mit denen aus Sicht der Wirtschaft die zentralen Herausforderungen der kommenden Jahre angegangenen werden können. Mit entwickelt hat Anne-Kathrin Kuhlemann die Prüfsteine. Die Gründerin und Chefin der BE Food AGmeint, dass die Politik den Vorschlägen der Kam- mer sehr aufgeschlossen gegenübersteht, allerdings wird zu wenig umgesetzt. Berliner Wirtschaft: Im Herbst wird ein neu gewählter Senat die Politik der nächsten fünf Jahre bestimmen. Was ist aus Ihrer Sicht wirt- schaftspolitisch die größte Herausforderung? Anne-Kathrin Kuhlemann: Das wird ganz klar das Thema Wiederaufbau nach der Corona-Krise sein. Dieses Thema wird uns noch sehr lange beschäfti- gen. Wir wissen auch noch gar nicht, wie sich die Infektionszahlen im Herbst entwickeln, ob wir noch einmal einen Lockdown erleben und wann wir die Pandemie wirklich unter Kontrolle haben werden. Leider bestehen weiterhin Risiken, zum Beispiel Mutationen des Virus oder dass wir nicht die erforderliche Impfquote erreichen. Die Berliner Wirtschaft treffen neue Corona-Wellen dann leider immer besonders hart. Warum ist Berlin besonders betroffen? Standorte mit vielen großen exportstarken Indus- triekonzernen trifft es etwas weniger, weil in der Krise vor allemdie Ausfuhren stabilisierend gewirkt haben. Berlin ist stärker von der Binnenwirtschaft abhängig, von Dienstleistungen, vom Tourismus. Deshalb muss Berlin alles, was möglich ist, unter- nehmen, damit die regionale Wirtschaft nicht wei- ter belastet wird. Den vielen Start-ups und kleinen und mittelständischen Firmen muss ein Weg aus der Krise aufgezeigt werden. Die Herausforderung ist deshalb so groß, weil nach Corona auch die Staats- kassen leer sind. Können die Probleme bei gleichzeitigem Sparkurs gelöst werden? Sie müssen gelöst werden. Aber die Haushaltsüber- schüsse, die Berlin zuletzt erwirtschaftet hat, sind aufgebraucht. Mit billigem Gelddrucken geht es auch nicht. Wir brauchen jetzt einen breiten Dialog mit allen Beteiligten. Politik und Wirtschaft müs- sen gemeinsam abwägen, wie es gehen kann. Es ist nicht einfach, einen Lösungsweg zu finden, auf dem alle Firmen wieder in die Spur finden. Auf allen Sei- ten werden große Anstrengungen notwendig sein. Der Wiederaufbau nach Corona ist einer von zehn Prüfsteinen, den Sie vor der Wahl zum Berliner » „Wir brauchen einen breiten Dialog“ Anne-Kathrin Kuhlemann ist Vorsitzende des IHK-Ausschusses Wirtschaftspolitik. Vor der Berlin-Wahl spricht sie über die Herausforderungen für den künftigen Senat. Der alte bekommt von ihr keine guten Noten von Michael Gneuss Unser Ziel ist, eine Sensibili­ sierung der Politik für wirtschaftliche Belange zu schaffen. Anne-Kathrin Kuhlemann Für Anne-Kathrin Kuhlemann ist die Nachhaltigkeit in Berlin ein ganz besonderes Thema FOTO: AMIN AKHTAR SCHWERPUNKT | Interview 28 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 07-08 | 2021

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