Berliner Wirtschaft 6/2018
BERLINER WIRTSCHAFT 06/18 60 NEUE UNTERNEHMEN & MÄRKTE ALTE DATEN, NEUE REGELN D urch die Datenschutz-Grund- verordnung (DSGVO) gelten neue Spielregeln im Umgang mit personenbezogenen Daten. Davon ist der Konzern ebenso betroffen wie das Wohnzimmer-Start-up. Die DSGVO wirkt sich auf alle Unternehmensbe- reiche aus, besondere Bedeutung hat sie allerdings im Online-Marketing. Mit der DSGVO hat der Gesetzgeber einen neuen Rechtsrahmen geschaffen, der EU-weit einheitliche Regelungen schaffen soll für alle Unternehmen, die personenbezogene Daten verarbeiten. Zusätzlich soll der Verfolgungsdruck ge- genüber diesen Unternehmen erhöht werden, vor allem durch erhebliche Bußgelder sowie Abmahnungs- und Schadensersatzmöglichkeiten. Personenbezug im Zweifel vorhanden Personenbezogene Daten sind alle In- formationen, die sich auf eine identifi- zierte oder identifizierbare Person be- ziehen, was wiederum bedeutet, dass diese Person direkt oder indirekt, ins- besondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu ei- ner Online-Kennung, identifiziert wer- den kann. Entscheidend ist demnach al- lein die Möglichkeit der Identifizierung. Egal, durch wen. Es handelt sich also auch dann um personenbezogene Da- ten, wenn zwar nicht das Unternehmen selbst, aber ein Dritter die Möglichkeit zur Identifizierung hat – danach kön- nen auch pseudonymisierte Daten per- Seit Ende Mai ist die Datenschutz-Grundverordnung in Kraft. Auch für das Online-Marketing gibt es neue Anforderungen, die unbedingt zu erfüllen sind » Von Andreas Kühnke sonders deutlich zum Vorschein, dass es sich beim neuen Datenschutzrecht noch viel mehr um ein Abwägungsrecht han- delt, bei dem häufig keine einfachen Lö- sungen existieren. Oft eine Frage des Einzelfalls Nach den Vorstellungen des Gesetzge- bers kann Direktwerbung ein berech- tigtes Interesse des Unternehmens dar- stellen. Ob und wann dieses Interes- se die Interessen des Werbeempfängers überwiegt, ist stets eine Frage des Ein- zelfalls. Hierbei geht es um die ver- nünftigen Erwartungen der betroffenen Person und ihre Beziehung zum Ver- antwortlichen. Wo genau die Grenzen verlaufen, ist momentan nicht rechtssi- cher zu sagen. Die Interessenabwägung wird daher schwierig bleiben, bis belast- bare Erfahrungswerte vorliegen. Im Üb- rigen kann die betroffene Person sowohl der Direktwerbung als auch dem Abwä- gungsergebnis des Unternehmens jeder- zeit widersprechen. Die Einwilligung der betroffenen Personwird daher auchweiterhinwich- tiges Erlaubniskriterium bleiben. Sie sonenbezogen sein. Die DSGVO hat da- mit ein weiteres Begriffsverständnis als das bisher geltende Datenschutzrecht und erfasst auch Online-Identifier, etwa IP-Adressen und Cookies, als personen- bezogene Daten. Für die tägliche Praxis bedeutet dies, den Personenbezug von Daten im Zweifel eher zu bejahen, als zu verneinen. Online-Marketing war allerdings auch schon vorher ohne die Einhal- tung von datenschutzrechtlichen Vor- gaben nicht umsetzbar. Das folgte aus dem Grundsatz des Verbots mit Erlaub- nisvorbehalt, wonach jede Datenverar- beitung zunächst verboten war. Eine Er- laubnis ergab sich entweder aus einem bestimmten Gesetz, oder sie folgt aus der Einwilligung der betroffenen Person. DSGVO behält das Prinzip „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“ bei. Bei Ausnah- men folgt die Verordnung einem „One- fits-all-Prinzip“. Sie hält für alle Daten- verarbeitungen bestimmte Erlaubnis- tatbestände bereit. Zum Beispiel die Ein- willigung der betroffenen Person, die Er- füllung eines Vertrages oder dieWahrung überwiegender berechtigter Unterneh- mensinteressen. Für das Online-Marketing wird zu- künftig neben der Einwilligung das be- rechtigte Interesse bedeutsam sein. Er- forderlich ist, dass die Datenverarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interes- sen des werbenden Unternehmens nö- tig ist und nicht die Interessen der be- troffenen Person überwiegt. Also die des Werbeempfängers. Hierin kommt be- FOTO: GETTY IMAGES/MASKOT
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