Berliner Wirtschaft Dezember 2025

und Berlin nicht so groß, das müssten wir eigentlich auch schaffen können. Ich hatte erwartet, dass Sie als Architekt vor allem betonen, dass dann mehr gebaut wird. Das Bauen passiert fast automatisch, wenn eine Stadt lebendig ist und Gas gibt und Aufmerksamkeit im Rest der Welt erzeugen möchte. Auch mit hochwertigen Neubauten kann man für Aufmerksamkeit sorgen. Es muss sowieso sehr viel gemacht werden, denn die Bausubstanz wird in Berlin immer schlechter. Die Brücken sind nur ein Beispiel dafür, dass die gesamte Infrastruktur im wahrsten Sinne des Wortes anfängt zu bröckeln. Die Renovierung ist aber extrem teuer. Wir nüssen uns fragen, wie das nötige Geld in die Stadt kommen kann. So sind wir wieder bei den Großveranstaltungen? Ja. Ein Beispiel: Vor 40 Jahren habe ich ein großes Sportzentrum in der Nähe des Olympiastadions gebaut. Nach so vielen Jahren gibt es dort ohne Renovierung zwangsläufig ein paar Probleme. Für diese Halle, 4.000 Quadratmeter groß, von oben komplett verglast, habe ich den ersten Berliner Architekturpreis bekommen. Im Zuge der Olympischen Spiele würde Geld in die Stadt kommen, um sie zu modernisieren. Das ist nur ein Beispiel: In Berlin sind die allermeisten Sportstätten für die Spiele schon vorhanden. Aber viele müssen und könnten dann renoviert werden. Wie schätzen Sie die Stimmung bei den Berlinern ein: Wollen wir solche Großveranstaltungen? Das hängt auch davon ab, wie intelligent und offensiv wir den Menschen die Vorteile dieser Events näherbringen. Wenn wir die Olympischen Spiele nach Berlin holen, haben unsere Kinder, die Jugendlichen, die vielen Breitensportler für die kommenden Jahrzehnte wieder intakte Sporthallen. Wenn nicht, bleiben sie wohl renovierungsbedürftig. Und was kann uns die Expo bringen? Bei der Expo ist es ähnlich, nur dass es weniger um Sportgebäude geht, sondern dass die Stadt und die technische Infrastruktur insgesamt einen enormen Schub bekommen würden. Die Bewerbung um die Expo wird gerade in der Stadt mit einer beeindruckenden Energie vorangetrieben. Haben Sie als Architekt ein besonderes Interesse an der Bauausstellung? Das Besondere an der Bauausstellung ist, dass sie im Unterschied zu den beiden anderen Veranstaltungen nicht in einem Wettbewerb mit anderen Städten vergeben wird. Die Entscheidung, sie stattfinden zu lassen, wird ausschließlich in Berlin getroffen. Ich habe als junger Architekt in den 80er-Jahren hier eine Bauausstellung erlebt, die sehr clever organisiert wurde. Die ganze Welt hat auf die Stadt geschaut. Spätere Superstars der Architektur, wie Zaha Hadid, Daniel Libeskind oder Rem Koolhaas, haben hier im Rahmen der Bauausstellung ihr erstes Haus gebaut. Welche der drei genannten Großveranstaltungen hätte den größten Effekt für die Stadt? Warum wollen wir nicht einfach mal mutig sein und uns für alle drei starkmachen? Alle drei Veranstaltungen erfordern sehr ähnliche Grundvoraussetzungen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Mobilität. Im besten Fall könnten wir für viele Jahre eine sinnvolle Kaskade von Ereignissen schaffen, die sich synergetisch ergänzen. Investitionen in die Infrastruktur lohnen sich dann umso mehr. Sie sagen, Berlin kann auch mit Bauwerken Aufmerksamkeit auf sich ziehen: Wie gut lässt sich dies im Rahmen des Hochhausleitbilds umsetzen? Das Hochhausleitbild ist ein Hochhaus-Verhinderungsinstrument. Damit wird alles so kompliziert gemacht, dass Bauherren und Investoren die Lust Wir beschäftigen uns zu viel mit der Vergangenheit und zu wenig mit der Zukunft. Christoph Langhof FOTO: AMIN AKHTAR FOKUS | Stadtentwicklung | 28 Berliner Wirtschaft 12 | 2025

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