Anne Neidhardt, IHK-Senior-Public- Affairs-Managerin Tel.: 030 / 315 10-838 anne.neidhardt@ berlin.ihk.de und Bürokratie, die gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Lage eine unnötige Belastung sind. Die Unternehmen, die für rund 150.000 Arbeitsplätze in der Hauptstadt stehen, betonen: Qualität in der Ausbildung entstehe nicht durch Strafzahlungen, sondern durch Partnerschaft und verlässliche Rahmenbedingungen. Befürworter der Abgabe berufen sich auf bestehende branchenspezifische Umlagesysteme – etwa im Baugewerbe. Doch die Untersuchung dieses Modells zeigt: Ein klarer Zusammenhang zwischen einem Umlagesystem und den Ausbildungszahlen fehlt. Bereits vor Einführung einer Umlage im Baugewerbe 1975 stieg die Zahl der Auszubildenden massiv – doch nicht nur dort, sondern auch in der Gesamtwirtschaft. Der Anstieg korreliert mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und einer gesteigerten Bautätigkeit. Seit 1980 ist die Zahl der Auszubildenden im Baugewerbe – auch mit Umlage – um rund 39 Prozent gesunken. Unternehmen äußern rechtliche Bedenken Eine branchenübergreifende Ausbildungsplatzabgabe birgt darüber hinaus erhebliche Risiken für Wettbewerbsverzerrungen. Einige Branchen – etwa IT – erfreuen sich einer deutlich höheren Attraktivität bei Bewerberinnen und Bewerbern. Dort fällt die Besetzung offener Ausbildungsstellen in der Regel leichter als in anderen Wirtschaftszweigen, etwa im Gastgewerbe. Gerade in den Branchen, die bereits heute große Schwierigkeiten haben, geeignete Auszubildende zu finden, würde eine zusätzliche finanzielle Belastung die Situation weiter verschärfen. Unternehmen, die trotz intensiver Bemühungen keine Bewerbungen erhalten, müssten dennoch zahlen – obwohl das Problem nicht mangelnde Ausbildungsbereitschaft, sondern fehlender Nachwuchs ist. Die rechtlichen Bedenken an der Ausbildungsplatzabgabe waren ein Schwerpunkt der Anhörung im Abgeordnetenhaus. Ein veröffentlichtes Rechtsgutachten einer Initiative Berliner Scale- up-Unternehmen stellt die Verfassungsmäßigkeit des Vorhabens infrage. Auch die IHK Berlin hat den Gesetzentwurf juristisch prüfen lassen. Kritisch sind insbesondere die Ungleichbehandlung der Arbeitgeber und die Inkongruenz zwischen Zahlern und Begünstigten: Alle, Privatwirtschaft und Verwaltung, werden belastet, aber nur wenige profitieren. Unternehmen erhalten lediglich für duale Auszubildende, nicht aber für ihre dual Studierenden, Trainees, Volontäre und Personen in Teilqualifizierung Rückzahlungen aus dem Fonds. Die öffentliche Verwaltung hingegen erhält sowohl für ihre dualen Auszubildenden als auch für Beamtenanwärter eine Rückerstattung. Die Gefahr einer Klagewelle – wie sie Bremen nach Einführung einer ähnlichen Modells erlebt– ist real. Frühe Berufsorientierung wichtiger Als Fazit bleibt, dass die Ausbildungsplatzabgabe mit mehr Bürokratie verbunden wäre und das falsche Mittel ist. In der Anhörung machte IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner als geladene Expertin deutlich, dass die Berliner Wirtschaft sich bereits stark für die duale Ausbildung engagiert und jedes Jahr Tausenden Jugendlichen den Einstieg ins Berufsleben ermöglicht. Eine zusätzliche Abgabe steigere jedoch weder die Ausbildungsqualität noch löse sie die bestehenden Probleme. Wichtiger wären frühere Berufsorientierung an Schulen, bessere Schulqualität und mehr Wertschätzung der beruflichen Bildung. ■ Manja Schreiner IHK-Hauptgeschäfts- führerin, hier beim Termin im Abgeordnetenhaus Die Ausbildungsplatzabgabe hilft keinem einzigen Jugendlichen und belastet die Betriebe zusätzlich. Lukas Bülter, IHK-Public- Affairs-Manager Tel.: 030 / 315 10-503 lukas.buelter@ berlin.ihk.de ILLUSTRATION: GETTY IMAGES/PHIL LEO/MICHAEL DENORA; FOTO: IHK BERLIN/FABIAN NESTLER Ausbildungsplatzabgabe | 11 Berliner Wirtschaft 12 | 2025
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