Berliner Wirtschaft Dezember 2024

Link zur Website der Gründerszene Die ungekürzte Version des Textes unter folgendem QR-Code : (kostenpflichtig) Christina Lüdtke, IHK-Fachreferentin Start-ups und Finanzierung Tel.: 030 / 315 10-405 christina.luedtke@ berlin.ihk.de besonders die rückläufigen Wachstumsfinanzierungen im deutschsprachigen Raum hervor. Im Vergleich zu 2021 sind diese um 69 Prozent gesunken. Wohingegen im restlichen Europa und Nordamerika der Rückgang im Vergleich zu 2021 nur bei etwa 50 Prozent lag. Das liege hauptsächlich daran, dass sich internationale Investoren aus dem deutschsprachigen Tech-Markt zurückziehen und dass es keinen nationalen Ersatz für das internationale Kapital gebe. Nicht nur das Finanzierungsvolumen in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) ist im Vergleich zu den Vorjahren geschrumpft, sondern auch die Anzahl der Deals. Mit 281 abgeschlossenen Tech-Deals bis September 2024 liegt die Deal-Anzahl circa auf dem Niveau von 2019. Rule-of-40 Um die Profitabilität eines Start-ups zu bewerten, wenden Investoren die sogenannte „Rule-of-40“ an. Anhand von Umsatzwachstum und Gewinnmarge wird berechnet, wie effizient ein Start- up wächst. Die Regel lautet: Umsatzwachstum + Gewinnmarge sollten zusammen mindestens 40 ergeben. Ziel dieser Faust- regel ist es, Wachstum und Profitabilität von Start-ups gemeinsam statt separat zu betrachten. Wenn also der Umsatz eines Start-ups um 30 Prozent wächst und das Unternehmen eine Gewinnmarge von zehn Prozent aufweist, dann ist die Rule-of-40 erfüllt. Ähnlich attraktiv ist nach der Rule-of-40 auch ein Start-up, das zwar profitabel ist (25 Prozent Gewinnmarge), aber langsamer wächst (15 Prozent Wachstumsrate). Gerade in den Anfangsjahren müssen Start-ups entscheiden, ob sie ihre Profitabilität hintenanstellen, um schneller zu wachsen, oder lieber Marketing-Kosten sparen, somit langsamer wachsen, aber dafür profitabler sind. Tech-Bewertungen sind gesunken Zu Zeiten des Start-up-Finanzierungs-Booms in 2021/2022 sind die Bewertungs-Multiplikatoren (Multiples) von Software-Firmen in die Höhe geschossen. Bis zum 23-Fachen des zukünftigen Umsatzes zahlten Investoren für die Outperformer, Software-Start-ups, die die Rule-of-60 erfüllen. Diese hohen Multiples würde man im Software-Markt heutzutage nicht mehr sehen, so Westphal. Die Bewertungen sind ungefähr auf das Niveau von 2018/2019 gesunken. Zwischen 4-mal und 10-mal des zukünftigen Umsatzes zahlen Investoren heute. Weniger Tech-Unicorns als früher Das erste Mal seit 2015 ist die Anzahl der Tech-Unicorns im deutschsprachigen Raum gesunken, wie aus dem Clipperton-Report weiter hervorgeht. Im Jahr 2024 wurde bis jetzt nur ein Start-up in den Club der Unicorns aufgenommen, das Münchener Fitness-Start-up Egym. Das ist weniger als im Covid-Jahr 2020. Das langsame Tempo sei den wenigen großen Finanzierungsrunden geschuldet, so Westphal. Die Bewertungen von AboutYou, Flink, Sellerx, Grover, Tier, Wefox und Curevac sind 2024 laut Westphal unter die Milliardengrenze gerutscht. Das liege an Downrounds, Insolvenzen und Mergers von vormaligen Unicorns. Drei Tipps für Tech-Gründer: #1: Achtet auf die Rule-of-40: Da diese heutzutage ein Hauptaugenmerk für viele Tech-Investoren sei, sollten sich Start-ups auf den richtigen Mix aus Profitabilität und Wachstum fokussieren. Investoren achten auf nachhaltiges Wachstum und kontrolliertes „risk-taking“. #2: Erwägt alle Finanzierungsoptionen: Start-ups sollten alle Finanzierungsoptionen in Betracht ziehen, anstatt sich nur auf Wachstumsfinanzierung zu fokussieren. Auch Technologie-Buy-outs (Mehrheitsbeteiligungen) sowie strategische Erwerber könnten im aktuellen Markt- umfeld einen erheblichen Mehrwert bieten. #3: Versteht, worauf internationale Investoren achten: Die Clipperton-Recherche hat ergeben, dass der Technologiemarkt hierzulande immer noch von internationalem Kapital dominiert wird, besonders aus Nordamerika. Im Gegensatz zu europäischen Geldgebern würden US-Investoren noch stärker auf gewisse Kennzahlen (Key Performance Indicators, kurz KPIs) achten, wenn sie Investmententscheidungen treffen – so die Kunden-Abwanderungsrate, der Umsatzanteil, der von bestehenden Kunden generiert wird, der Kundenwert und die Vertriebseffizienz. Zudem achten US-Investoren darauf, dass Start-ups eine Perspektive nach Amerika haben, so Westphal. Diese Faktoren sollten DACH-Start-ups beachten, wenn sie auf der Suche nach Kapital von internationalen Geldgebern sind. ■ Die Autorin Antonia Remmerbach ist seit Januar 2024 Teil der Gründerszene- Redaktion. Zuvor arbeitete sie im Investment-Team bei Moonfare und bei NGP Capital. ILLUSTRATION: GETTY IMAGES/GUOYA; FOTO: FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG Gründerszene | 57 Berliner Wirtschaft 12 | 2024

RkJQdWJsaXNoZXIy MTk5NjE0NA==