Entwicklung der Geschäftsidee oder des Businessplans. Das ist Teil unseres sechsmonatigen Inkubator-Programms. Wir halten auch darüber hinaus Kontakt zu den Gründerinnen und betreuen sie oft auch in der Nachgründungsphase. Für Frauen, die schon zwei Jahre am Markt sind und ihre Firmen in die Wachstumsphase bringen möchten, haben wir einen Akzelerator, der bei der Skalierung unterstützt. Viele schaffen das nicht aus eigener Kraft. Was fehlt dann typischerweise? Es sind in dieser Phase ganz andere Herausforderungen zu bewältigen. Ich sage immer: Während der Gründung ist man in der Phase des Verliebtseins. Nach zwei Jahren auf dem Markt hat man erlebt, wie hart das Geschäft sein kann. Gerade in dieser Zeit ist viel Selbstdisziplin erforderlich. Es werden neue Skills benötigt: Wie baue ich ein Team auf, und wie führe ich es? Konfliktmanagement wird wichtiger? Hinzu kommt, dass viele Frauen zunächst allein gründen. Ich schätze, dass 70 Prozent bei uns Solopreneure sind. Zu zweit ist wachsen einfacher? In der Wachstumsphase werden viele Einzelunternehmen zu Kapitalgesellschaften, und viele Gründerinnen wünschen sich eine zweite Gesellschafterin, die weitere Stärken einbringt. Wir helfen über unser Netzwerk bei der Suche. Wie organisieren Sie Ihren Inkubator? Wir bilden Gruppen mit maximal 15 Frauen und fördern das kollektive Wissen und die Kraft, die sich aus der Gruppe heraus bildet. Wir wollen, dass die Frauen sich auch nach dieser Zeit noch treffen und langfristig dieses Ökosystem pflegen. Zudem leisten wir sehr viel individuelle Arbeit. Wir sagen immer: Wir gründen mit den Frauen mit. In welchen Branchen gründen die Migrantinnen in Ihrem Netzwerk vorwiegend? Sehr oft sind es Dienstleistungen. Vielfach werden Ideen im Kreativbereich entwickelt, zum Beispiel in der Mode. Aber auch Im- und Exportgeschäfte sind keine Seltenheit. Und viele Geschäftsmodelle beschäftigen sich mit Nachhaltigkeit. Ist Ihr Netzwerk auf Migrantinnen aus bestimmten Regionen oder Sprachräumen fokussiert? Nein, überhaupt nicht. Wir haben Frauen aus Asien, Amerika, Afrika und Europa. Die meisten unserer Gründerinnen kommen aus Mexiko, gefolgt von Kolumbien, Frankreich und Polen. Dass die meisten Gründerinnen in Ihrem Netzwerk Mexikanerinnen sind, überrascht. Für Menschen aus Mexiko ist Deutschland nach den USA und Spanien das wichtigste Einwanderungsland. Die Selbstständigkeit hat einen hohen Stellenwert in der mexikanischen Kultur. Ohnehin ist das Unternehmertum in vielen anderen Ländern fest verankert. Sozial gut abgesicherte Festanstellungsverhältnisse sind nicht überall so verankert wie in Deutschland. Auch deshalb gilt für Migrantinnen: Die Neigung, zu gründen, ist hoch. Haben migrantische Gründerinnen Ihrer Ansicht nach typische Stärken? Typischerweise entwickeln Frauen im Integrationsprozess eine neue Identität. Dies geschieht, indem sie von der neuen Kultur Eigenschaften oder Werte übernehmen. Gleichzeitig trennen sie sich von Gewohnheiten oder Eigenschaften aus ihren Herkunftsländern. Es entsteht eine Mischung aus zwei oder mehreren Kulturen. Einige Frauen haben ja auch schon in mehreren Ländern gelebt. Ich denke, daraus resultieren Erfolgsfaktoren wie Resilienz, Berlin ist ein Paradies für migrantische Gründerinnen. FOTO: AMIN AKHTAR FOKUS | Interview | 30 Berliner Wirtschaft 12 | 2024
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