Berliner Wirtschaft Dezember 2024

USA-Reise IHK begleitet Delegation des Senats nach New York, Boston und Los Angeles Seite 16 IHK-Service Diese Rechtsänderungen sind für Unternehmen im neuen Jahr wichtig Seite 60 Erfolg hat viele Wurzeln Berlins Wirtschaft profitiert von der Dynamik internationaler Gründungen. Begoña de la Marta baut migrantischen Unternehmerinnen Brücken Seite 18, Interview Seite 28 Zukunftsforum KI made in Berlin Expertise und Innovationen: IHK-Event zeigt Stärke des Standorts Seite 10 Das Magazin der Industrie- und Handelskammer zu Berlin 12/2024 ihk.de/berlin

Für den Einsatz in mehreren Räumen Mobilität beginnt im Kopf. Nicht auf der Autobahn. Die Medientechnik kommt dorthin, wo Sie wünschen. Nicht umgekehrt! Das sind die Vorteile: ➔ Interaktiver Touch-Bildschirm ➔ Monitor-Formate von 43” bis 86” ➔ Videokonferenzsystem an Bord ➔ Kabellose Präsentationen ➔ Mobil, daher sehr wirtschaftlich Fragen Sie nach einem Angebot! Ihr vistono-Partner in Berlin DETAILKLANG Mediensysteme www.detailklang.de info@detailklang.de André Korte, Geschäftsführer vistono.com Automatische Kabeltrommel 4 Meter Rolle mit Bremse Sennheiser-Videobar PC an Bord Klappgriffe beidseitig Datensteckdosen Frontplatte abklappbar Auf-AbSchalter Touch-Screen-Display bis 86“ Deckel öffnet / schließt automatisch NEU: Ihr mobiles Konferenzzentrum 1.000,- Euro gespart! Paket-Aktion bis 31. 12. 2024 vistono SOLO Kabellose Verbindung BARCO ClickShare Fernbedienung

Sebastian Stietzel ist Präsident der IHK Berlin und Geschäftsführer der Marktflagge GmbH, Management & Investments Fast 40 Prozent der Berlinerinnen und Berliner haben einen Migrationshintergrund, und das spiegelt sich auch in der Berliner Wirtschaft: Der Anteil der migrantischen Unternehmer ist mit 23 Prozent deutlich höher als im Bundesschnitt. Wie diese Unternehmerinnen und Unternehmer den Wirtschaftsstandort Berlin prägen – und wie sie ihn wahrnehmen, lesen Sie in dieser Ausgabe (S. 18). Prägend für den Standort – leider im negativen Sinn – ist seit Jahren der Zustand der Verwaltung: mangelnde Digitalisierung, ineffiziente Prozesse, Behördenpingpong, um nur die größten Hemmnisse zu nennen. Aber – so kurz vor Weihnachten – gibt es Hoffnung: Der Gesetzesentwurf zur Neuordnung der Zuständigkeiten in und zwischen den Behörden liegt auf dem Tisch. Das Gesetz wird sicher nicht alle Probleme lösen, aber es ist die Basis für alles Weitere. Deshalb haben sich mehr als 20 Verbände und Institutionen an unserem Aufruf an die Politik beteiligt, bei der Verwaltungsreform Zielrichtung und Tempo beizubehalten (S. 15). Das wäre doch ein passendes Weihnachtsgeschenk für ganz Berlin. Ich wünsche Ihnen eine entspannte Adventszeit! Ihr Jobmessen Geflüchtete und Unternehmen zusammenzubringen, ist Teil des IHK-Engagements zur Gewinnung von Fachkräften. Dabei sind noch einige Hindernisse zu überwinden, wie eine Umfrage der IHK zeigt. Ihre Ergebnisse sind eine gute Grundlage für zielgenaue Lösungswege. Seite 42 Die „Berliner Wirtschaft“ gibt es auch online: ihk.de/berlin/berliner-­ wirtschaft Entwicklungen, die gut für den Standort sind ZEICHNUNG: ANDRÉ GOTTSCHALK; TITEL: AMIN AKHTAR Editorial | 03 Berliner Wirtschaft 12 | 2024

Zukunftsforum Der Regierende Bürgermeister, Kai Wegner, zeigte sich beim IHK-Event beeindruckt von der KI-Expertise in der Hauptstadt 10 18 Migrantische Wirtschaft Menschen, die eingewandert sind, gelten als besonders gründungsaffin. Das spiegelt sich in Berlins Unternehmen BRANCHEN 32 Handel Eine Galerie belebt ihr Umfeld: zweiter Teil der fünfteiligen Serie 37 Start-up Stefan Petersen von der Factor4Solutions GmbH über seine Geschäftsidee 38 Lebensmittel Der Berliner Pizza-Produzent Freiberger gehört zu den Marktführern der Branche 40 Auszeichnung Zehn Berliner Gründerinnen und Gründer gehören zu den Kultur- und Kreativpiloten 41 Historie Steinmetz Zeidler & Wimmel prägt das Stadtbild bis heute AGENDA 10 Zukunftsforum Veranstaltung der IHK verdeutlichte das Potenzial des KI-Standorts Berlin 12 Start-up-Politik Politiker, Business Angels und Finanzexperten diskutierten in der IHK über Finanzierung 14 Nachhaltigkeit Umfrage zeigt zunehmendes betriebliches Engagement 15 Verwaltungsreform Wirtschaftsverbände appellieren an die Politik, Kurs und Tempo beizubehalten 16 Delegationsreise New York, Boston und Los Angeles lieferten wertvolle Anregungen für Berlin 17 Kolumne Stefan Spieker über das Bildungssystem in Dänemark, von dem Berlin lernen kann FOKUS 18 Migrantische Wirtschaft Blick auf die vielfältige Unternehmenslandschaft der Hauptstadt 22 Unternehmenspraxis Mit unterschiedlichen Ideen erfolgreich: Özcan Getränke, Kompetek Interaktiv und Nagatari Bau Systems 26 Netzwerkabend Deutsch-Türkische IHK pflegt Austausch mit Berliner IHK 27 Serviceangebote Die IHK Berlin unterstützt mit Beratungen und Infos 28 Interview Begoña de la Marta berät migrantische Frauen, viele davon sind Gründerinnen Begoña de la Marta Geschäftsführerin Frauenalia gUG 28 Das Unter- nehmertum ist in vielen anderen Ländern fest verankert. Berliner Wirtschaft 12 | 2024 Inhalt | 04

Start-up-Politik Für Wachstum brauchen Gründungen Geld – darum ging es bei der Diskussion in der IHK 12 FACHKRÄFTE 42 Jobmessen IHK-Umfrage zum Matching zwischen Unternehmen und Geflüchteten benennt Defizite 44 Diversität Unternehmen setzen immer stärker auf Vielfalt 46 Digitale Bildung IHK ermöglicht individuelle Unterstützung für Azubis 47 Ausbildungsoffensive IHK-Initiative für mehr Ausbildungsplätze im Handel 49 Zertifizierung ValiKom Transfer ebnet Menschen mit Behinderung den Weg in den Arbeitsmarkt 50 Verbundberatung Gezielte Qualifizierung für Immobilienkaufleute SERVICE 54 Digitalisierung „Federated learning“ soll dezentrales datensicheres KI-Training ermöglichen 56 Gründerszene Wie Tech-Start-ups trotz des kühleren Finanzierungsklimas an Kapital kommen können 58 Außenwirtschaft IHK informiert im Zoll Update über neue Regelungen 2025 59 Beratung Wie die Öffnungsregeln in der Vorweihnachtszeit aussehen 60 Rechtsänderungen Überblick über neue Gesetze und Verordnungen 2025 03 Editorial | 06 Entdeckt | 36 Impressum | 51 Seminare 65 Gestern & Heute | 66 Zu guter Letzt Schreiben Sie uns Worüber möchten Sie in der „Berliner Wirtschaft“ informiert werden? Senden Sie Ihre Anregungen per Mail an: bw-redaktion@berlin.ihk.de ILLUSTRATION: GETTY IMAGES/DIGITALVISION VECTORS/CREATIVEDESIGNART; FOTOS: IHK BERLIN/KONSTANTIN GASTMANN (2) Berliner Wirtschaft 12 | 2024 Inhalt | 05 das uns! Überlassen Sie Professionelle Entsorgungslösungen für: Gewerbeabfälle Bedarfsgerechte Konzepte zur Erfassung Ihrer gemischten Gewerbeabfälle – entsprechend der Gewerbeabfallverordnung Altpapier Beste Preise für Industrie, Handel, Gewerbe, Wohnungswirtschaft und Privathaushalte Gewerbefolien Kostengünstige und umweltgerechte Wertstoffentsorgung Andere Abfälle Zuverlässige Erfassung aller anderen Abfälle zur Verwertung (Glas, Holz, Schrott, E-Schrott) Bartscherer & Co. Recycling GmbH Montanstraße 17-21 13407 Berlin Tel: (030) 408893-0 Fax: (030) 408893-33 www.bartscherer-recycling.de Bestellungen direkt im Onlineshop. Günstige Pauschalpreise für Umleerbehälter von 240 l bis 5,5 cbm.

Weihnachten schlägt die Stunde der Hausmusik. Es wird gesungen, auf der Blockflöte gespielt – oder es steht gleich ein Familienorchester vorm Tannenbaum. Ein ganzes Ensemble brächten auch Die Holzbläser in Berlin auf die Bühne. Die Mitarbeiter des Fachgeschäfts für Instrumente und Zubehör sind selbst durchweg Musiker, angefangen von Geschäftsführer Timo Bröke (Foto), der von sich sagt, er habe sein Hobby zum Beruf gemacht. Das Spektrum in den Verkaufsräumen an der Trautenaustraße in Wilmersdorf ist groß, es reicht vom Einstiegsmodell bis zum handgefertigten Solisteninstrument. Ein Saxophon für Profis kann so auch mal 20.000 Euro und mehr kosten. Mietkauf oder gebrauchte, in der eigenen Werkstatt geprüfte Instrumente erleichtern den Start, gerade wenn etwa Kinder ihr passendes Instrument erst noch finden müssen. Das private Weihnachtskonzert kann also kommen. Schöne Töne FOTO: ULRICH SCHUSTER Berliner Wirtschaft 12 | 2024 Entdeckt | 06

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kopf oder zahl Josef Gatzek Sebastian Kabak ist neuer CFO von Thermondo. Er folgt auf Ildiko Witte, die das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlässt. Gatzek hat zuvor als Finanzchef und als Geschäftsführer für Paypal, Audible, Getyourguide und Chronext gearbeitet. Er verantwortet nun unter anderem die Bereiche Controlling, Accounting, Reporting, Legal sowie das Risk Management. übernimmt ab 1. Januar 2025 im Vorstand der Dussmann Group die Verantwortung für den Bereich Care & Kids, der die Geschäftsfelder Senioren- sowie Kinderbetreuung umfasst. Kabak wird darüber hinaus auch neuer Vorsitzender der Kursana-Geschäfts- führung. Kabak war seit 2017 CEO des Pflegeheimbetreibers Charleston. 1,2 Mio. öffentliche Parkplätze gibt es nach einer neuen Datenerhebung in Berlin. Ganz genau sind es nach Angaben der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt 1.276.312. Allerdings befinden sich davon nur 230.000 innerhalb des S-Bahn-Rings. „In einer aktuellen IHK-Umfrage sprachen sich fast 70 Prozent der Unternehmen für eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes aus. Projekte wie Hudson Yards in New York oder der Parc de la Villette in Paris zeigen, wie urbane Flächen kreativ und nachhaltig genutzt werden können. Diese Chance sollte Berlin nutzen, um den Bedürfnissen unserer wachsenden Stadt gerecht zu werden und das einzigartige Flair des Tempelhofer Feldes zu bewahren.“ Die Senatsverwaltung hat beschlossen, einen Ideenwettbewerb für das Tempelhofer Feld auszuloben Urbane Flächen kreativ nutzen gesagt Robert Rückel, Vizepräsident IHK Berlin FOTOS: DUSSMANN GROUP, THERMONDO, GETTY IMAGES/MOMENT OPEN/MGS, IHK BERLIN/AMIN AKHTAR Berliner Wirtschaft 12 | 2024 Kompakt | 08

Potsdam 24347 12243 Falkensee 10651 Hamburg 10595 Bernau 8845 BlankenfeldeMahlow 8119 Oranienburg 7836 Hohen Neuendorf 7545 Teltow 7348 Schönefeld 7142 Polen Viele Potsdamer pendeln ein 2023 wurden für Berlin 467.402 Einpendelnde errechnet. Das ist ein Plus von 4,3 Prozent gegenüber 2022 berliner wirtschaft in zahlen Patrick Schulze, IHK-Experte für Statistik Tel.: 030 / 315 10-226 patrick.schulze@berlin.ihk.de der Berlinerinnen und Berliner pendeln zur Erwerbstätigkeit in eine andere deutsche Gemeinde oder ins Ausland. 13 % Senat beschließt neues Konzept Wassertourismus Mit fast 34.800 Kilometern Fließgewässern und rund 3.200 Seen haben Berlin und Brandenburg einiges zu bieten für Wassertouristen. Nach Ansicht von Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey besteht für die Hauptstadt aber noch Potenzial. Der Senat hat deshalb erstmals ein ganzheitliches Wassertourismus-Konzept beschlossen. Zu den Maßnahmen gehören unter anderem der Ausbau der Elektromobilität auf dem Wasser sowie digitale Informations- und Leitsysteme. Außerdem sollen Ver- und Entsorgungsstationen sowie Anlegestellen und Gastliegeplätze verbessert werden. bw Grafiken: BW Quelle: Ergebnisse der „Arbeitsgruppe Pendlerrechnung der Länder“ und des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg (Stichtag 30.06.2023) Berliner Wirtschaft 12 | 2024 Kompakt | 09 we repair companies Vom Startup bis zum Großunternehmen, unsere modularen Angebote liefern schnell konkrete Ergebnisse, zum Beispiel: Klarheit und Orientierung für die Ausrichtung und Innovationskraft Ihrer Unternehmung. Business Innovation Kompass: Von der Idee zum umsetzbaren und vergleichbaren Geschäftsmodell an einem Tag. Business Innovation Turbo: Innovation Workshops zum Team Building nutzen! Team Work: +49 30 2861 0829 Mehr erfahren unter: www.neoxphere.de

Zukunftsforum der IHK mit 700 Teilnehmenden verdeutlicht immenses Potenzial von künstlicher Intelligenz made in Berlin von Henrik Holst Berlin kann KI agenda 1 2 3

B erlin kann KI – und wie! Das flimmerte nicht nur über die neonfarbenen Monitore im Ludwig Erhard Haus, sondern wurde vor allem dank der über 50 Speakerinnen und Speaker sowie den 20 teils interaktiven Ausstellungsständen sicht- und greifbar. Mehr als 700 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft waren am 6. November zusammengekommen, um das große Potenzial des KI-Standorts aufzuzeigen. Auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, zeigte sich in seiner Keynote begeistert von der großen KI-Expertise, die die Stadt in Wirtschaft und Wissenschaft schon heute beheimatet, sowie von den zahlreichen Start-ups und Forschungsprojekten, die KI-Innovationen „made in Berlin“ beim Zukunftsforum in der IHK Berlin präsentierten. Mit einem Augenzwinkern gen München betonte Kai Wegner, es könne kein Zweifel daran bestehen, dass Berlin die KI- und Start-up-Hauptstadt in Deutschland sei. Diese Einschätzung ist gewiss nicht unbegründet, denn Berlin ist laut einer aktuellen Studie auch 2024 mit großem Abstand die Stadt mit den meisten KI-Startups in Deutschland. Dazu kommen diverse Forschungsinstitute und Hochschulen, die hier zu ganz unterschiedlichen KI-Themen arbeiten: von „Explainable AI“ über die KI-gestützte Auswertung von Satellitenbildern bis hin zu Gehirnsimulationen zur Diagnose und Therapie von Hirnerkrankungen. Zu Letzterem forscht Prof. Dr. Petra Ritter am Berlin Institute of Health der Charité und koordiniert dazu das mit 60 Mio. Euro geförderte EU-Projekt TEF-Health, in dem über 50 Partner aus ganz Europa innovative Ansätze aus KI und Robotik im Gesundheitswesen schneller zur Marktreife bringen wollen. Auf seinem Rundgang durch den Ausstellungsbereich des Zukunftsforums konnte der Regierende Bürgermeister dann auch einige dieser KI-Innovationen besichtigen, darunter einen autonomen Lieferroboter, dessen KI-Steuerung bereits in einem Pilotprojekt für selbstfahrende Busse entlang der Straße des 17. Juni zum Einsatz kommt, sowie verschiedene Start-ups aus dem landes- und bundesgeförderten K.I.E.Z. Das von Laura Möller geleitete K.I.E.Z. hat seit 2021 über 100 KI-Teams dabei unterstützt, aus Ideen und Forschungsprojekten Start-ups zu schaffen. Gleichzeitig mahnte Kai Wegner, dass man sich trotz der Führungsrolle und des großen KI-Potenzials in Berlin nicht zurücklehnen dürfe, denn „Stillstand ist Rückschritt“. Berlin hat beim Thema künstliche Intelligenz beste Voraussetzungen, kann nachhaltigen Wohlstand und Wachstum für den Standort generieren, hat zugleich aber auch weiterhin Luft nach oben – damit ließen sich viele der Vorträge und Panels vor der bunt leuchtenden LED-Wand auf der Hauptbühne zusammenfassen. Dieser Bestandsaufnahme folgten jedoch rasch Apelle und Ideen, wie Berlin im internationalen Wettbewerb noch attraktiver für Investitionen und KI-Talente werden kann. Sowohl IHK-Präsident Sebastian Stietzel als auch die beiden Co-Direktoren des Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data (BIFOLD), Prof. Dr. Volker Markl und Prof. Dr. Klaus-Robert Müller, waren sich bei ihrer Kernbotschaft einig: In Berlin müssen die cleveren Köpfe noch besser und häufiger zusammengebracht werden, damit sich das herausragende KI-Ökosystem in Berlin noch mehr als ein Netzwerk von starken Partne- rinnen und Partnern begreift. Das Zukunftsforum war dafür ein erster Startschuss. Großes Interesse an ChatGPT Natürlich wurde in dem ganztägigen Programm nicht nur abstrakt über den KI-Standort gesprochen, sondern den Gästen vor allem auch die Möglichkeit geboten, sich über konkrete KI-Anwendungsfelder im Unternehmenskontext zu informieren. Dass dabei insbesondere die neuen Lösungen durch sogenannte „Generative KI“ wie etwa ChatGPT auf riesiges Interesse in der Unternehmerschaft stoßen, zeigten die vollen Sitzreihen bei den Vorträgen von Prof. Christina Kratsch und Prof. Stefan Wittenberg von der KI-Werkstatt der HTW Berlin sowie von dem Berliner KI-Start-up Langdock zu KI-Implementierung und KI-Assistenten im Mittelstand. Doch genauso deutlich wurde durch die vielseitigen Vorträge auf den drei Bühnen, dass sich KI-Tools nicht allein auf Text- und Bildgenerierung beschränken. Egal ob KI-Unterstützung bei der Lieferantensuche, bei Produktklassifizierungen und Zollpapieren, für mehr Ressourceneffizienz, smartes Heizungsmanagement oder bei der Optimierung von Produktions- und Fertigungsabläufen – auf dem Zukunftsforum präsentierten Berliner Start-ups die ganze Bandbreite von dem, was durch KI bereits jetzt möglich ist und wie diese Technologie den Geschäfts- und Arbeitsalltag vereinfachen und prägen wird. Bei dieser schnelllebigen wie tiefgreifenden Entwicklung wird Berlin mit all seiner Innovationskraft und Expertise aktiv mitgestalten können. Das hat das Zukunftsforum eindrucksvoll bewiesen. ■ Henrik Holst, IHK-Public-Affairs- Manager Digitalpolitik und digitale Infrastruktur Tel.: 030 / 315 10-623 henrik.holst@berlin.ihk.de FOTOS: IHK BERLIN/KONSTANTIN GASTMANN Zukunftsforum | 11 Berliner Wirtschaft 12 | 2024 1 Berlins Regierender Bürgermeister, Kai Wegner, zeigte sich in seiner Keynote begeistert von der großen KI-Expertise in Berlin sowie von den zahlreichen Start-ups und Forschungsprojekten 2 Die Charité präsentierte im Ludwig Erhard Haus Gehirnsimulationen, die der Diagnose und Therapie von Hirnerkrankungen dienen 3 Kai Wegner informierte sich bei Hasan Yilmaz (r.) und Jonas Krug über KI-Projekte von ZEKI. Begleitet wurde Wegner bei seinem Rundgang von IHK-Präsident Sebastian Stietzel und IHK-Vizepräsidentin Sonja Jost

Start-ups brauchen mehr Kapital, um zum Wachstumsmotor werden zu können. Wie das gehen kann, war Thema der Diskussion in der IHK von Christian Nestler Wachstum – eine Frage des Geldes auf dem Podium versammelten Bundespolitiker, Business Angels, Investorinnen und Finanzwirtschaftsvertreter geizten unter der großartigen Moderation von Mirco Dragowski nicht mit eindeutigen Statements. So legte die Versicherungswirtschaft, vertreten durch Sandra Blösser, dar, dass sie nicht als Deus ex Machina auftreten und stärker als bisher in die Anlageklasse Wagnis- kapital gehen könne und wolle. Konträr sah dies Thomas Jarzombek, der sich keine Mühe gab, seinen Unmut über die bremsende Haltung der Versicherungen zu verbergen. Von diesen wünscht er sich mehr finanzielles Engagement. Dieses wiederum würden Angel-Investoren allzu gern leisten, machten die Business Angels Anna Wanderwitz und Tobias Wittich klar. Aber dafür, erklärten sie den teilnehmenden MdBs Jarzombek und Maximilian Mordhorst, müssten Investitionsbedingungen für Angels wieder verbessert werden – die Ausdünnung von INVEST helfe da ebenso wenig wie der bürokratische Apparat –, und die Debatte dürfe sich nicht allein um Megafonds drehen, sondern auch Frühphasenfinanzierung berücksichtigen. Katrin Robeck und Danijel Višević erläuterten die Perspektive der VC-Fonds. Neben weniger Bürokratie mahnten sie eine bessere Bildung in Sachen Wirtschaft und Finanzen an. Ohne eine vitalere Anlegerkultur werde es schwierig, die benötigten VC-Volumina zu finanzieren. Bei aller Kontroverse war man sich einig, dass das gesamte Start-up-Ökosystem – von der Gründung bis zum Exit – gestärkt werden muss. ■ Diskutierten in der IHK über Start-up- Finanzierung: Mirco Dragowski, Paul Wolter, Christoph Stresing, Anna Wanderwitz, Maximilian Mordhorst, Katrin Robeck, Thomas Jarzombek, Christian Segal, Sandra Blösser, Tobias Wittich, Danijel Višević (v. l.) Der Volksmund weiß, dass Finanzierung das A und O jedes Vorhabens ist. So trivial wie zutreffend. Ohne Geld, besser gesagt: sehr viel mehr Geld, wird auch die deutsche und somit Berliner Start-up-Ökonomie nicht zu dem werden können, was sie dringend werden muss, nämlich dem zukünftigen Wachstumsmotor. Gemessen an der Wirtschaftsleistung, müssten in Deutschland 30 Mrd. Euro jährlich in Start- ups investiert werden, um die Dynamik in den USA zu erreichen. Tatsächlich fließt nur etwa ein Drittel dieses Betrags. Doch damit sich das ändert, bedarf es nicht zuletzt anderer rechtlicher Rahmensetzungen. Der konkreten Problemstellung gemäß entwickelte sich auch die Podiumsdiskussion, zu der die IHK Mitte November ins Ludwig Erhard Haus eingeladen hatte, entlang klarer Linien. Die Christian Nestler, IHK-Public-Affairs- Manager Gründungs- und Start-up-Politik Tel.: 030 / 315 10-286 christian.nestler@ berlin.ihk.de 30 Mrd. Euro müssten in Deutschland jährlich in Start-ups investiert werden, um die Dynamik in den USA zu erreichen. Es fließt jedoch nur ein Drittel. FOTO: IHK BERLIN/KONSTANTIN GASTMANN AGENDA | Start-up-Politik | 12 Berliner Wirtschaft 12 | 2024

Zum Tag des Ehrenamtes sagen wir … Dein ehrenamtliches Engagement stärkt die Berliner Wirtschaft. Du möchtest Dich auch ehrenamtlich bei der IHK Berlin engagieren? Dann informiere Dich hier! !

Wir sehen uns bereits als Experten in diesem Bereich Wir haben bereits einige Projekte in diesem Bereich umgesetzt. Wir haben erste Erfahrungen damit gemacht. Es gibt Überlegungen zu ersten Projekten. Bisher noch keine. Auch 2024 hat die IHK Berlin ihre Mitglieder nach deren Status in Sachen Nachhaltigkeit befragt: Das Engagement nimmt weiter zu von Saskia Lössl Wirtschaft wird nachhaltiger nahmen im Nachhaltigkeitsmanagement ergriffen haben. 22 Prozent der Befragten sehen sich mittlerweile als Experten in diesem Bereich, im Vergleich zu 12,6 Prozent im Jahr 2023 und 17,4 Prozent im Jahr 2022. Zudem haben 31,1 Prozent der Unternehmen bereits konkrete Projekte umgesetzt, was ebenfalls einen Anstieg darstellt (2023: 28,3 Prozent, 2022: 24,4 Prozent). Trotz globaler geopolitischer Krisen und sozialer Spannungen scheinen die Berliner Unternehmen entschlossen, ihre nachhaltigen Praktiken weiter auszubauen. Dies zeigt, dass das Bewusstsein für ökologische Verantwortung und nachhaltige Entwicklung in der Hauptstadt kontinuierlich wächst. ■ Saskia Lössl, IHK-Nachhaltigkeits- managerin Tel.: 030 / 315 10-253 saskia.loessl@ berlin.ihk.de Die Berliner Wirtschaft zeigt zunehmend Engagement für Nachhaltigkeit. Jährlich befragt die IHK Berlin ihre Mitgliedsunternehmen danach, welche Erfahrungen sie mit dem bedeutenden Thema Nachhaltigkeit gemacht haben. Auch im Jahr 2024 ist der Anteil der Unternehmen gestiegen, die Nachhaltigkeit in ihrer Organisation berücksichtigen. Aktuell können nur 18,1 Prozent der Berliner Unternehmen bisher auf keinerlei Erfahrungen mit nachhaltigen Organisationsstrukturen zurückgreifen – ein Rückgang im Vergleich zu 21,9 Prozent im Jahr 2023 und 24,7 Prozent im Jahr 2022. Besonders bemerkenswert ist der Anstieg der Unternehmen, die bereits fortgeschrittene Maß2022 17,4 24,4 24,8 8,7 24,7 2023 12,6 28,3 25,6 11,6 21,9 2024 22 31,1 23,7 5,1 18,1 FOTO: GETTY IMAGES/MOMENT RF/ANDRIY ONUFRIYENKO; GRAFIKEN: ASCS/JULIA ZIMMERMANN AGENDA | Nachhaltigkeit | 14 Berliner Wirtschaft 12 | 2024

Klare Forderung von Wirtschaftsverbänden aus der Region: Bei der Verwaltungsreform müssen Kurs und Tempo gehalten werden von Holger Lunau Modernität und Service bitte! Angesichts einer schwächelnden Konjunktur wächst in Berlin wie anderenorts in Deutschland der Druck auf die öffentliche Hand, in vielen Bereichen den Rotstift ansetzen zu müssen. Die Folge: Die Unternehmer fürchten, dass zukunftsnotwendige Projekte wie die Verwaltungsreform unter die Räder kommen. Das wäre umso fataler, weil insbesondere alle Maßnahmen für eine Entbürokratisierung und Digitalisierung der Behörden sowie eine Neuordnung der Zuständigkeiten zwischen Senat und Bezirken dazu beitragen, Verwaltungsvorgänge effektiver, schneller und letztlich kostengünstiger zu gestalten. Aus Sorge, der Berliner Senat könnte seinen eingeschlagenen Weg der Verwaltungsmodernisierung verlassen, haben mehr als 20 Wirtschaftsverbände der Metropolregion an alle Politik-Player appelliert, Kurs und Tempo im Reformprozess beizubehalten. Die Voraussetzungen für eine echte Reform der Berliner Verwaltung seien „aktuell so günstig wie seit mindestens einem Vierteljahrhundert nicht mehr“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Die Berliner Wirtschaft begrüße den bisher gezeigten Reformwillen auf Senats-, Koalitions- und Bezirksebene sowie in der Opposition sehr. Eine leistungsstarke Verwaltung sei das Rückgrat Berlins. Qualität und Serviceorientierung bestimmten maßgeblich die wirtschaftliche und gesellschaftliche Dynamik. Nunmehr müsse der Entwurf des neuen Landesorganisationsgesetzes auf den Weg gebracht und noch in diesem Jahr ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden. „Dabei darf die Wirksamkeit der Maßnahmen nicht dem politischen Interessenausgleich geopfert werden. Wir fordern alle Seiten zur inhaltlichen Kompromissbereitschaft auf“, heißt es in der Erklärung weiter. Das Reformpaket sei nur vollständig, wenn es verfassungsrechtliche Änderungen enthält. Die Neuordnung der Zuständigkeiten zwischen Senat und Bezirken und die entsprechenden verfassungsrechtlichen Änderungen seien die Basis, so die Vertreter der Wirtschaft. Anschließend heißt es in der Erklärung: „Als Partner aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft befürworten wir den offenen Beteiligungsprozess am Reformprojekt und bringen uns weiterhin aktiv und konstruktiv ein. Unser gemeinsames Ziel ist eine Reform, die für Service und Modernität der Verwaltung steht und bei Menschen und Unternehmen wirksam wird – die Prozesse beschleunigt und Verwaltungsmitarbeitende entlastet: eine Weltstadt-Verwaltung für die Weltstadt Berlin.“ ■ Auch im Berliner Roten Rathaus geht es für die Politiker um die Frage, wo sie den Rotstift ansetzen können Heike Schöning, IHK-Public-Affairs-Managerin Innovationspolitik Tel.: 030 / 315 10-331 heike.schoening@berlin.ihk.de FOTO: IMAGO IMAGES/WESTEND 61 Verwaltungsreform | 15 Berliner Wirtschaft 12 | 2024

Auch die IHK war vertreten, als eine Senatsdelegation in New York, Boston und Los Angeles Kontakte pflegte und wertvolle Eindrücke sammelte von Tim Schneider Impulse, made in USA US-Dependance des Berliner Start-ups Cellbricks wurde im Rahmen der Reise feierlich eröffnet. Insgesamt umfasste das Programm hier die Besuche beim MIT, dem Cambridge Innovation Center und der Konferenz „Boston meets Berlin“ im Bayer Research Innovation Center. Nach den Eindrücken in New York und Boston machte sich der Großteil der Delegation auf den Weg nach Los Angeles. Von Nachhaltigkeit über künstliche Intelligenz bis zur Filmwirtschaft gab es zahlreiche Themen, zu denen in der ältesten Partnerstadt Berlins der Austausch stattfand. Die aktuelle Relevanz, diesen Austausch aufrechtzuerhalten, wurde von allen Seiten betont. Bei den beiden IT-Schwergewichten Microsoft und Google wurden die neuesten Entwicklungen im Bereich KI präsentiert und wie sich diese für eine nachhaltige Stadtentwicklung einsetzen lassen. Auch die Bedeutung Berlins als einer der europäischen KI-Hotspots wurde herausgestellt. Beim Besuch des LA Kretz Innovation Campus stellte das Los Angeles Department of Water and Power (LADWP, eine Partnereinrichtung der Berliner Energieagentur) vor, wie hier Wissenschaft, Entrepreneurship und Politik zusammenkommen, um an sauberem Wasser, erneuerbaren Energien und grüner Wirtschaft zu arbeiten. Ein weiteres Highlight war das Greentech Festival (GTF) Connect Los Angeles. Seinen Ursprung hat das Event in Berlin, es gilt als eine der bedeutendsten Konferenzen für nachhaltige Technologien. Im Fokus stand dabei das Projekt Business Ladies Connect L.A., initiiert von der IHK Berlin und Berlin Partner, in dessen Rahmen fünf Berliner Unternehmerinnen zum Festival reisten. ■ Kurz nach den Präsidentschaftswahlen in den USA unternahm eine Berliner Delegation mit dem Regierenden Bürgermeister, Kai Wegner, Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey, Wissenschaftsstaatssekretär Henry Marx und IHK-Präsident Sebastian Stietzel eine Reise nach New York, Boston und Los Angeles. Ein besonderes Highlight waren die Berichte der New Yorker Wirtschaftsfördergesellschaft (NYC-EDC) und der J.P. Morgan Investmentbank zum Aufstieg des „Big Apple“ zu einem der bedeutendsten Life-Science-Ökosysteme in den USA. Führend aber ist Boston, die Stadt gilt als wichtigster Life-Science-Standort weltweit. Auch die Lars Mölbitz, IHK-Key-Account- Manager Industrie und Gesundheitswirtschaft Tel.: 030 / 315 10-439 lars.moelbitz@ berlin.ihk.de Die Delegation im City College of New York, mit dabei waren Wissenschaftsstaatssekretär Henry Marx, IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder, IHK-Präsident Sebastian Stietzel und Kai Wegner, Regierender Bürgermeister von Berlin (vorn, v. l.) Berliner Preisträgerin Lara Obst von Climate- Choice (Foto) hat den Green Start-up Slam auf dem GTF Connect Los Angeles gewonnen und damit den Preis nach Berlin geholt. Katrin Dröse-Stein, IHK-Branchenmanagerin Kreativwirtschaft verantwortet das Business Ladies Connect L.A. Projekt, eine Zusammenarbeit der IHK Berlin und Berlin Partner. Tel.: 030 / 315 10-210 katrin.droese-stein@ berlin.ihk.de FOTOS: IHK BERLIN/LARS MÖLBITZ, GREENTECH FESTIVAL AGENDA | Delegationsreise | 16 Berliner Wirtschaft 12 | 2024

Gute Bildungsbasis für gleiche Chancen Ein Blick nach Dänemark zeigt, wie frühkindliche Bildung aussehen kann – der Moment zum Handeln ist jetzt I n einer Zeit, in der gesellschaftliche Teilhabe und beruflicher Erfolg mehr denn je von Bildung abhängen, rückt die frühkindliche Bildung in den Mittelpunkt. Die IHK Berlin setzt sich für innovative Bildungsmaßnahmen ein, welche die Zukunft unserer Kinder stärken. Eine gemeinsame Innovationsscoutingreise Anfang Oktober mit der Berliner Bildungssenatorin nach Dänemark hat uns eindrucksvoll vor Augen geführt, wie viel Berlin von seinen europäischen Nachbarn lernen kann – insbesondere im Bereich der frühkindlichen Bildung und der Digitalisierung. Ein Blick nach Dänemark zeigt, dass die Sprachstandserhebung dort nicht nur gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern auch durch klug konzipierte IT-Lösungen effizient und datenschutzkonform unterstützt wird. Dies könnte ein Vorbild für uns in Berlin sein. Denn Sprachentwicklung ist der Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe, und sie beginnt in den ersten Lebensjahren. Wichtige Bildungsstudien zeigen, dass sich zwei Drittel der Bildungsunterschiede zwischen Kindern aus privilegierten und benachteiligten Familien bereits in den ersten sechs Lebensjahren herausbilden. Hier greifen Kitas unterstützend ein und bieten allen Kindern – unabhängig ihrer Herkunft – eine wichtige Startbasis. Die Kita ist damit entscheidend für Bildung und Chancengerechtigkeit. In Berlin werden Entwicklungsdefizite oft erst bei der Schuleingangsuntersuchung bemerkt – das erschütternde Resultat: Rund ein Drittel der Kinder zeigt hier Sprachdefizite. Es ist daher richtig, dass der Berliner Senat mit dem Kita-Chancenjahr und dem BeoKiz-Verfahren diese Herausforderungen angeht und Maßnahmen zur frühen Sprach- und Entwicklungsförderung einführt. Aber es bleibt abzuwarten, wie erfolgreich diese Maßnahmen sein werden. Gerade die Dänen zeigen uns, wie dies einfach und pragmatisch gelingen kann. Ein regelmäßiges Screening der Sprachentwicklung ist ein wichtiger Schritt zur Qualitätsentwicklung. Für pädagogische Fachkräfte eröffnet dies die Möglichkeit, an Sprachdefiziten gezielt zu arbeiten – eine Förderung, die das Fundament für Chancengleichheit schafft. Statt die Digitalisierung des BeoKiz-Verfahrens für viel Geld selbst in die Hand zu nehmen, sollte man auf bereits erprobte Lösungen zurückgreifen. In Dänemark unterstützt zum Beispiel die Plattform Hjernen og Hjertet („Gehirn und Herz“) die Entwicklungsdokumentation digital und bindet gleichzeitig die Eltern aktiv ein. Es liegt an der Berliner Politik, diese Impulse zu nutzen. Die sinkenden Geburtenzahlen bieten eine Chance, nachhaltige und innovative Bildungsmaßnahmen umzusetzen. Ein Blick nach Norden lohnt – für mehr Chancengleichheit und eine starke Bildungsbasis, die das ganze Leben trägt. ■ Meinung In der Kolumne „Auf den Punkt“ positionieren sich im monatlichen Wechsel Mitglieder des Präsidiums zu wirtschaftspolitischen Fragestellungen aus ihrer persönlichen Sicht. präsidiumsmitglieder beziehen stellung Stefan Spieker ist Geschäftsführer der Fröbel International GmbH und Vizepräsident der IHK Berlin FOTO: IHK BERLIN/AMIN AKHTAR Auf den Punkt | 17 Berliner Wirtschaft 12 | 2024

INHALT 22 Tradition in kleinen Bechern Özcan Getränke versorgt Berlin mit frischem Ayran 24 Virtuelles Training für Azubis Kompetek Interaktiv schafft kluge VR-Welten 25 Technik für Berlins Behörden Netzwerk-Spezialist: Nagatari Bau Systems 26 Botschaft an die Community Deutsch-türkischer Netzwerkabend 27 Serviceangebote IHK Berlin berät vielfältig 28 „Die Neigung zu gründen ist hoch“ Frauenalia-Gründerin Begoña de la Marta im Interview ILLUSTRATION: GETTY IMAGES/DIGITALVISION VECTORS/CREATIVEDESIGNART Berliner Wirtschaft 12 | 2024 fokus

Vielfalt unternimmt Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund spielen in Berlin eine wichtige Rolle. Das wird so bleiben, denn wer einwandert, gilt oft als gründungsaffin von Almut Kaspar B erlin, sagt Dr. Han Xiao, sei ein Schmelztiegel für globale Talente. „Seine kosmopolitische Natur zieht Spitzenkräfte aus der ganzen Welt an und macht die Stadt zu einer Brutstätte für Innovationen und neue Perspektiven.“ Xiao ist CEO des 2020 gegründeten Künstliche-Intelligenz-Start-ups Jina AI, mit Headquarter in Berlin und zwei Büros in den chinesischen Metropolen Peking und Shenzhen. Jina AI mit seinen aktuell rund 30 Beschäftigten hat ein Open-Source-Ökosystem entwickelt, das es Unternehmern und Entwicklern ermöglicht, mit hoher Verfügbar- und Skalierbarkeit nach Informationen aller Art zu suchen. Der gebürtige Chinese Han Xiao gehört zu jenen Zehntausenden migrantischen Unternehmern und Unternehmerinnen in Berlin, die mehr als je zuvor den hiesigen Wirtschaftsstandort prägen. Sie wirken heute in allen Branchen, vom Einzelhandel bis zu hoch spezialisierten KI-Firmen wie Jina AI. Nicht umsonst ist nach einer Studie der Technologiestiftung Berlin die Anzahl der Unternehmen, die künstliche Intelligenz einsetzen, in der Hauptstadt doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Migrantische Wirtschaft | 19 Berliner Wirtschaft 12 | 2024 »

Michael Biel Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Migrantische Unternehmen und Menschen mit Migrations- hintergrund sind in Berlin in allen Bereichen aktiv. FOKUS | Migrantische Wirtschaft | 20 Berliner Wirtschaft 12 | 2024 „Die migrantische Wirtschaft spielt für den Wirtschaftsstandort Berlin eine entscheidende Rolle und leistet einen wichtigen Beitrag zur Vielfalt und Innovationskraft der Stadt“, sagt Nicole Korset-Ristic, Vizepräsidentin der IHK Berlin. „In Berlin hat fast jeder Vierte eine nicht deutsche Staatsangehörigkeit, und die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund ist noch höher, wenn man Deutsche mit Zuwanderungsgeschichte berücksichtigt.“ Im vergangenen Jahr betrug der Ausländeranteil in Berlin 23,3 Prozent – bundesweit kam er auf 15,2 Prozent. Die größte Gruppe der Ausländer nach Staatsangehörigkeit stellen in Berlin die Türken mit fast 117.000 Menschen – hinzu kommen weitere rund 100.000 eingebürgerte Personen mit türkischem Migrationshintergrund. Zudem sind in der Stadt 66.500 polnische Staatsbürger, knapp 37.000 russische, 36.000 italienische und beinahe 33.000 bulgarische Staatsbürger gemeldet. Aus Indien kommen über 30.000, aus Rumänien fast 29.000 und aus Vietnam rund 28.000 Einwanderer. „Die wirtschaftlichen Aktivitäten von Migrantinnen und Migranten spiegeln diese Diversität wider“, so IHK-Vizepräsidentin Korset-Ristic, „und stärken die Berliner Wirtschaft durch eine hohe Gründungsdynamik.“ Allein unter den Mitgliedsunternehmen der IHK Berlin hat jedes fünfte eine Geschäftsführerin oder einen Geschäftsführer beziehungsweise eine Inhaberin oder einen Inhaber mit ausländischem Pass. Noch größer ist der Anteil Unternehmender mit Einwanderungsgeschichte. Das Spitzentrio: 8.251 IHK-Mitgliedsunternehmen stehen unter polnischer Leitung, 7.866 werden von türkischen Staatsbürgern geführt – darunter Dilek Dönmez, deren Firma Özcan Getränke GmbH zu den führenden deutschen Herstellern des Trinkjoghurts Ayran gehört und die mit ihrem Vater Mehmet Özcan eine beeindruckende Erfolgsgeschichte geschrieben hat (siehe Seite 22). Dahinter folgen 4.163 Unternehmen mit rumänischen Geschäftsführern. Mit annähernd 13.000 IHK-Mitgliedsunternehmen unter migrantischer Führung dominiert die Bau- und Immobilienwirtschaft, dahinter rangiert mit rund 12.000 Unternehmen die Branche Tourismus und Gastgewerbe. Und mit jeweils weit über 6.000 Mitgliedsunternehmen sind Banken, Versicherungen, Finanzdienstleistungen sowie Digitale Wirtschaft und Gesundheitswirtschaft entsprechend registriert. Mehr als Dönerbuden und Spätis „Wir haben in Berlin einen gut aufgestellten Branchenmix und sind nicht nur in einigen wenigen Sparten erfolgreich“, sagt Michael Biel, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, „migrantische Unternehmen und Menschen mit Migrationshintergrund sind in Berlin in allen Bereichen aktiv.“ Dies zeige sich auch an den Erwerbstätigenzahlen: „Insgesamt arbeiteten 2023 rund 700.000 Menschen mit Migrationshintergrund in Berlin, die sich auf zahlreiche Wirtschaftszweige verteilen – im Handel, aber auch bei den Informations- und Kommunikationsdienstleistungen und im Gesundheits- und Sozialwesen.“ Das gelte zudem für die freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen und für das Gastgewerbe, aber genauso für die produzierenden Branchen der Industrie und des Baugewerbes. Einwanderer, so belegen es zahlreiche Studien, sind besonders gründungsaffin. Ihre Gründungsquote ist bis zu doppelt so hoch wie die der Nicht-Migranten. Und sie verfügen meist über einen akademischen Hintergrund, der es ihnen ermöglicht, mehr und mehr wissensintensive Dienstleistungen anzubieten. Fakten, die im totalen Widerspruch stehen zum Bild, das die Öffentlichkeit im Alltag von migrantischer Wirtschaft wahrnimmt: Dönerbuden, Nagelstudios, Barber- shops oder Spätis sind aber längst zu Relikten vergangener Zeiten geworden. „Berlin weist insgesamt ein dynamisches Gründungsgeschehen auf“, stellt Wirtschaftsstaatsekretär Michael Biel fest, „das von unserer Senatsverwaltung durch eine Vielzahl von Maßnahmen gezielt gefördert wird.“ Zum Beispiel mit der im Januar 2019 ins Leben gerufenen Lotsenstelle für migrantische Selbstständigkeit. „Diese Institution bietet Beratungsleistungen an, die die Bedürfnisse von Migrantinnen und Migranten adressieren, zum Beispiel bei der Kommunikation mit Behörden.“ In der Seminarreihe „Vielfalt gründet“ werden seit mehr als zwei Jahrzehnten Gründungsschulungen in mehreren Sprachen offeriert.

23,3 % Ausländeranteil hat Berlin, deutlich mehr als der Bundesschnitt von 15,2 Prozent. 117.000 tür- kische Staatsangehörige sind die größte Gruppe. 13 000 Unternehmen der Bau- und Immobilienwirtschaft werden von Ausländern geführt, eine Spitzen- stellung bei den Branchen in der IHK. 8 251 Mitgliedsunternehmen der IHK Berlin stehen unter polnischer Leitung, Platz 1 vor türkischen (7866) und rumänischen (4163) Staatsangehörigen. ILLUSTRATION: GETTY IMAGES/DIGITALVISION VECTORS/CREATIVEDESIGNART; FOTO: SENWB; AMIN AKHTAR/IHK BERLIN Berliner Wirtschaft 12 | 2024 21 Zudem wurde 2022 das Landesbürgschaftsprogramm „bbb-welcome“ in Zusammenarbeit zwischen der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe sowie der Bürgschaftsbank Berlin eingeführt. „Dieses spezielle Programm soll Geflüchteten den Zugang zu Finanzierungen von unternehmerischen Vorhaben ermöglichen.“ Neben solchen Fördermaßnahmen wird in Berlin regelmäßig der Preis „Vielfalt unternimmt“ vergeben, der herausragende migrantische Unternehmerinnen und Unternehmer würdigt. IHK unterstützt Integration Zu den Partnern von „Vielfalt unternimmt“ gehört auch die IHK Berlin, die das wirtschaftliche Engagement von Menschen nicht deutscher Herkunft oder Unternehmen mit Migrationsgeschichte durch ein breites Spektrum an Maßnahmen und Programmen unterstützt. IHK-Vize- präsidentin Nicole Korset-Ristic nennt nur zwei Beispiele: „Wir stellen sicher, dass Gründungsangebote in mehreren Sprachen zugänglich sind, um Sprachbarrieren zu reduzieren und eine bessere Integration in den Markt zu ermöglichen.“ Und gemeinsam mit anderen Partnern biete die IHK den Business Immigration Service an, der ausländischen Unternehmen, Existenzgründern und qualifizierten Arbeitskräften bei der Unternehmensgründung und der Ansiedlung hilft. Migrantische Unternehmen und Entrepreneure setzen aber auch zunehmend auf Selbsthilfe. „In den ethnischen Communities sind Business-Netzwerke weit verbreitet“, sagt Dilara Erdem, IHK-Branchenmanagerin Tourismus und Gastronomie. „Dort wird man beraten oder berät zum Unternehmensauf- oder -ausbau, zur Standortsuche oder zu kommunikativen Maßnahmen, um in Berlin Fuß zu fassen.“ Vor zwei Jahren hat Dilara Erdem selbst ein Netzwerk mit türkeistämmigen Unternehmerinnen aufgebaut. „Daraus hat sich eine Plattform gebildet, der mittlerweile 80 Unternehmerinnen, Freiberuflerinnen und gründungsinteressierte Frauen angehören.“ Bei der jüngsten Verleihung des „Vielfalt unternimmt“-Preises brachte es Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey auf den Punkt: Migrantische Unternehmende seien mit ihrem Engagement und ihrem persönlichen Einsatz einer der Gründe, weshalb sich Berlin wirtschaftlich deutlich über dem Bundesdurchschnitt entwickelt. ■ Julian Algner, IHK-Geschäftsfeld Wirtschaft & Politik Tel.: 030 / 315 10-373 julian.algner@ berlin.ihk.de Anna-Lena Mergen, IHK-Referentin Fachkräfteentwicklung Tel.: 030 / 315 10-738 anna-lena.mergen@ berlin.ihk.de Nicole Korset-Ristic Vizepräsidentin IHK Berlin Migrantinnen und Migranten stärken die Berliner Wirtschaft durch eine hohe Gründungsdynamik.

Als ihr Vater Mehmet Özcan 1989 erstmals das Joghurt-Getränk Ayran in Deutschland produzierte, war seine Tochter Dilek sechs Jahre alt. Er füllte damals seinen Ayran in kleine Glasflaschen und belieferte damit die Berliner Teestuben, die leeren Flaschen sammelte er dann wieder ein, reinigte sie und befüllte sie erneut – ein mühsames Geschäft, bei dem ihn sein Schwager unterstützte. 1996 automatisierte er schließlich die Produktion, wodurch sich die Mindesthaltbarkeit von sieben auf 30 Tage erweitern ließ, und erhöhte die Mengen. „An diese Zeit kann ich mich noch sehr gut erinnern“, sagt Dilek Dönmez heute. „Immer wieder brachte unser Vater Ayran-Proben mit nach Hause und ließ uns probieren – der Geschmack, der Geruch, der Schaum, der sich nach dem Schütteln auf dem Ayran bilden sollte, alles musste sitzen und perfekt sein.“ Nach sechs Monaten war er endlich zufrieden, seitdem ist die Rezeptur für den Ayran der Marke 7gün, was auf Deutsch sieben Tage heißt, nie wieder verändert worden. Nach ihrem Studium der Betriebswirtschaftslehre stieg Tochter Dilek 2009 in das Familienunternehmen Özcan Getränke GmbH ein, damals erwirtschaftete die Firma eine Mio. Euro Jahresumsatz und beschäftigte fünf Mitarbeiter. 2011 wurde sie schließlich Geschäftsführerin und hatte ein ehrgeiziges Ziel: „Ich wollte mit unserem Ayran in Berlin das sein, was CocaMit Ayran der Marke 7gün hat die Özcan Getränke GmbH weit über Berlins türkische Community hinaus Erfolg – und geht auch neue Wege Tradition in kleinen Bechern Dilek Dönmez Ich wollte mit unserem Ayran in Berlin das sein, was Coca-Cola weltweit ist. Betriebswirtin Dilek Dönmez führt die Özcan Getränke GmbH in der zweiten Generation FOKUS | Migrantische Wirtschaft | 22 Berliner Wirtschaft 12 | 2024

Cola weltweit ist.“ Heute sei 7gün eine echte Berliner Marke, authentisch, regional und nah an den Kunden. „Wir haben eine starke emotionale Bindung zu unseren Konsumenten aufgebaut – auch dank unserem Vater, der inzwischen eine Legende in den türkischen Kreisen der Stadt ist.“ Der 7gün-Ayran wird täglich frisch produziert und die Becher und Tetrapaks mit 15 Lieferfahrzeugen direkt zu den rund 1.200 Kunden transportiert, darunter Einzelhändler wie Edeka, Kaufland, Rewe, Penny und Netto. „Aktuell verkaufen wir pro Jahr über 20 Millionen Becher 7gün-Ayran, 70 Prozent davon allein in Berlin.“ Der Rest findet sich in den Kühlregalen anderer deutscher Städte, aber auch in der Schweiz, in Österreich und vor allem Polen. Um auf die Nachfrage der Kundschaft zu reagieren und noch stärker im Berliner Markt zu wachsen, ließ Dilek Dönmez ihr Sortiment erweitern. „Unter der Dachmarke 7gün bieten wir jetzt auch Joghurt, Frucht-Ayran, Grillkäse, Mayonnaise und Ketchup an.“ Zudem gebe es auch noch zugekaufte Produkte wie Pommes frites, Schnitzel oder Chicken Nuggets. Fruchtpüree statt Salz Eine der wichtigsten Innovationen sei die Entwicklung des Frucht-Ayrans in den Sorten Mango und Kirsche gewesen. „Diese Frucht-Ayrans gibt es weder in der Türkei noch sonst irgendwo – anfangs nahm die türkische Community das noch skeptisch auf.“ Schließlich sei Ayran, der üblicherweise aus Joghurt, Wasser und Salz besteht, das Nationalgetränk der Türken, und dessen Wurzeln sollten nicht verändert werden. „Das habe ich fast auch nicht“, schmunzelt Geschäftsführerin Dönmez, „ich habe nur das Salz durch Fruchtpüree ersetzt.“ Heute verkaufe sich der Frucht-Ayran, der vor allem über Einzelhandelsketten abgesetzt wird, genauso gut wie der Natur-Ayran. Immerhin macht das prosperierende Familienunternehmen die Hälfte seines Gesamtumsatzes von rund 18 Mio. Euro mit den Milchprodukten. Die Qualität werde durch die Verwendung hochwertiger regionaler Rohstoffe, eine ausgefeilte firmeneigene Logistik und hoch qualifizierte Mitarbeitende sichergestellt. Derzeit sind rund 40 Mitarbeiter bei der Özcan Getränke GmbH angestellt. Bei der Suche nach Fachkräften nutzt Dilek Dönmez nicht nur die türkische Community als Netzwerk, sie profitiert auch von Empfehlungen ihrer Beschäftigten. „Aber auch Kooperationen mit Hoch- oder Fachschulen sind ein guter Ansatz, um junge Talente zu gewinnen.“ ■ FOTO: CHRISTIAN KIELMANN 18 Mio. Euro Umsatz erzielt die Özcan Getränke GmbH jährlich, die Hälfte davon mit Milchprodukten wie Ayran. 20 Mio. Becher werden davon jedes Jahr verkauft. 1 200 Kunden werden mit den Produkten der Marke 7gün direkt beliefert. Zu den Empfängern des täglich frisch produzierten Ayrans gehören auch große Discounter. Berliner Wirtschaft 12 | 2024 Migrantische Wirtschaft | 23 TÜV® Gesundheit als Erfolgsstrategie! TÜV NORD Akademie Ihr Weiterbildungsspezialist im Raum Berlin-Brandenburg BGM-Schulungen  Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) – Grundlagen  Betrieblicher Gesundheitsmanager (TÜV®)  Betriebliches Eingliederungsmanagement Einfach schnell und direkt anmelden: T +49 30 201774-30 akd-b@tuev-nord.de tuev-nord.de/seminare Finden Sie alle TÜV NORD Akademie BGM-Schulungen online. Unternehmenswachstum mit betrieblichem Gesundheitsmanagement

Vitek Goyel war 22, als er in der indischen Metropole Mumbai, dem früheren Bombay, seine erste Firma gründete. Pixeltek, heute eines der ältesten Spiele-Studios Indiens, feiert im kommenden Februar 20-jähriges Bestehen. „Ich habe das große Glück, ein hervorragendes Team zu haben, das sich selbst verwalten kann und dass das Geschäft auch ohne mein operatives Zutun reibungslos läuft“, sagt Goyel, der immer noch Pixeltek-Direktor ist. Jetzt bringt er die langjährige Erfahrung mit Gaming und Virtual Reality (VR) in seine vor gut drei Jahren in Berlin gegründete Kompetek Interaktiv GmbH ein. „Unser Hauptziel ist es, Unternehmen dabei zu helfen, sich in der komplizierten Welt der neuen Technologien zurechtzufinden – dabei liegt der Schwerpunkt auf Ausbildung.“ So hat Kompetek etwa die VR-basierte Schulungslösung Pixelspray im Portfolio, ein Tool für Auszubildende und Mitarbeiter in Lackierereien, vor allem in der Autoindustrie. „Bei Pixelspray trainieren Benutzer mit dem Virtual-RealityHeadset Lackiertechniken“, so Vitek Goyel, „allerdings nicht in echt, sondern virtuell.“ Die realitätsgetreue Simulation spart nicht nur Tausende Liter Farbe, sondern nimmt auch Rücksicht auf Gesundheit und Sicherheit der Anwender. „Außerdem bekamen wir nach der Pilotphase mit rund 100 Nutzern das Feedback, dass sich die Arbeitseffizienz um bis zu 60 Prozent gesteigert hatte.“ VR sei nicht nur auf das Training technischer Fähigkeiten beschränkt – es könne auch zur Entwicklung von Soft Skills wie Kommunikation, Teamarbeit und Führung eingesetzt werden. So entwickelte Kompetek für das Grazer Weiterbildungszentrum WIFI Steiermark jüngst eine KI- und VR-basierte Soft-Skills-Trainingsplattform, die dort großen Anklang fand. „Für unsere Kunden bieten wir innovative und maßgeschneiderte End-to-End-Software-Lösungen und pflegen dauerhafte Partnerschaften“, sagt Geschäftsführer Goyel. Auf der Berliner Fashion Week im vergangenen Jahr richtete seine Firma für das Studio183 VR-basierte Modenschauen aus und hieß Interessierte in virtuellen Anprobe-Räumen willkommen. Für seine Projekte arbeitet Goyel und sein Berliner Team mit mehr als 35 3D-Künstlern, Programmierern und Designern rund um die Welt zusammen. „Berlin ist eine dynamische und globale Stadt mit Zugang zu großartigen Talenten – außerdem liegt sie perfekt zwischen den USA und Asien, was mir hilft, mich und unser Unternehmen besser zu positionieren.“ ■ Gut vernetzt Der QR-Code führt zum Unternehmer auf LinkedIn: Ob Lackierer-Ausbildung oder Modenschau: Die Kompetek Interaktiv GmbH entwickelt für Kunden maßgeschneiderte VR-Lösungen Virtuelles Training für Azubis Vitek Goyel Berlin ist eine dynamische und globale Stadt mit Zugang zu großartigen Talenten. Vitek Goyel aus Indien hat in Berlin die Kompetek Interaktiv GmbH gegründet FOTOS: CHRISTIAN KIELMANN FOKUS | Migrantische Wirtschaft | 24 Berliner Wirtschaft 12 | 2024

Ursprünglich war die Nagatari Bau Systems GmbH 2017 als Bauunternehmen gegründet worden. „Als Generalunternehmen haben wir Gewerke und Handwerker für zahlreiche Bauprojekte koordiniert und damit die komplette Bauleistung aus einer Hand erbracht“, sagt Nagatari-Geschäftsführer Maciej Ciechanowski, der schon seit 1991 unternehmerisch tätig ist. Damals verantwortete er die Einführung und den Aufbau deutscher Konzerne auf dem polnischen Markt, darunter die Handelskette Metro oder Discounter Lidl. Vor allem von Lidl bekam Ciechanowskis neue Firma Nagatari dann lukrative Bauaufträge – bis die Corona-Pandemie den Höhenflug der Bauwirtschaft beendete. „Da haben wir festgestellt, dass wir unser Geschäftsmodell ändern müssen.“ Maciej Ciechanowski, der an der TU Berlin Informatik und Elektrotechnik studiert hatte und dadurch bei der IHK als Elektrotechniker zugelassen worden war, erinnert sich an jenen Tag im Juni 2021, als Nagatari neu ausgerichtet wurde: „Wir saßen in einem Baucontainer auf einer Lidl-Baustelle und beschlossen, unsere Firma zu einem Spezialisten für Elektro- und Netzwerktechnik zu machen – wir wollten an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen und sie gewinnen.“ Die erste große Ausschreibung ging schon im Juli 2021 an Nagatari. „Den Auftrag führten wir damals mit nur sechs Arbeitskräften aus – heute haben wir 20 fest angestellte Mitarbeiter und unseren Umsatz verzehnfacht.“ Mitarbeiter aus vielen Ländern Zur Kundschaft gehören zum Beispiel mehrere Bezirksämter in Berlin oder die BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH mit ihrem landeseigenen Immobilienbestand. „Mit der BIM arbeiten wir seit 2022 erfolgreich bei vielen Projekten zusammen.“ So war Nagatari für die Datentechnik und die Elektrotechnik-Sanierung des Finanzamts Wedding zuständig, erneuerte die Installationen in der Amerika-Gedenkbibliothek oder war an verschiedenen Berliner Schulen im Rahmen des DigitalPakts Schule tätig. Zurzeit setzt Nagatari-Chef Ciechanowski seine Techniker, von denen viele in der Ukraine, Moldawien, Kasachstan oder Belarus studiert haben, in der Polizeiakademie an der Charlottenburger Chaussee und im Verwaltungsneubau der Polizei an der Pankstraße in Gesundbrunnen ein. Maciej Ciechanowski, der sich in vier verschiedenen Sprachen ausdrücken kann, ist stolz darauf, dass sein Team von den Auftraggebern als hoch motiviert und äußerst fachkundig geschätzt wird – „in unserem hochkomplexen Aufgabengebiet ein enormer Vorteil im Wettbewerb“. ■ Vom Bauunternehmen zum Spezialisten für Elektro- und Netzwerktechnik: In der Corona-Krise hat sich die Nagatari Bau Systems GmbH neu erfunden Technik für Berlins Behörden Seit 1991 ist Maciej Ciechanowski unternehmerisch tätig, seit 2017 Geschäftsführer der Nagatari Bau Systems GmbH Maciej Ciechanowski Wir wollten an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen und sie gewinnen. Migrantische Wirtschaft | 25 Berliner Wirtschaft 12 | 2024

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