Berliner Wirtschaft Dezember 2021

Der Autor Johan van Mil ist Co-Founder und Managing Partner bei Peak, einem europäischen VC-Investor mit Fokus auf Early Stage SaaS-, Marktplatz- und Plattform- Unternehmen. Melina Hanisch, IHK-Fachreferentin Start-ups und Finanzierung Tel.: 030 / 315 10-527 melina.hanisch@ berlin.ihk.de Link zur Website der Gründerszene Die ungekürzte Original- version des Textes unter: gruenderszene.de (kostenpflichtig). Gründer sollten nicht davor zurückscheuen, auch die Konkurrenz kennenzulernen und von deren Erfahrungen zu profitieren oder sogar an sie zu verkaufen. Wichtig ist jedoch, sich nicht zu früh auf einen potenziellen Käufer einzuschießen, selbst wennman ihn persönlich kennt. Im Ideal- fall erhalten Gründer mehrere Angebote, die sorg- fältig gegeneinander abgewogen werden sollten. Unterstützung am Verhandlungstisch Gibt es die ersten Angebote, empfiehlt sich die Beratung und Abwicklung über eine Investment- bank. Sie kann zum Teil nicht nur noch mal bessere Kaufangebote auf dem Markt einholen, sondern hält Gründern und Investoren auch den Rücken frei. Parallel zumAusstiegsprozess muss das Unternehmen weiter auf Kurs gehalten und ausgebaut werden, ohne Unterstützung von außen ist das eine Mammutaufgabe. Zudem hilft die Investmentbank, die Inte- ressen von Gründern und Investoren aufein- ander abzustimmen. So kann es sein, dass ein Gründer nach seinem Ausstieg im Unterneh- men bleiben und seine Gründeranteile in neue Anteile umwandeln möchte. Gleichzeitig wollen wir als Investoren unsere Anteile einlösen. Für eine Investmentbank müssen Gründer zwischen zwei und fünf Prozent des Exit-Werts plus Vor- schuss rechnen. Für die Verhandlungenmit potenziellen Käu- fern legen wir und die Gründer gemeinsam eine klare Frist für die Abgabe von Angeboten fest, außerdem klären wir alle Modalitäten: ➝ Ist das Angebot ein Cash-out, oder handelt es sich umAnteilsoptionen (oder eine Kombination)? ➝ Gibt es eine Earn-Out-Regelung – also muss das Unternehmen gewisse Ziele erreichen, um ausbezahlt zu werden (oder um einen Bonus auf den Preis zu erhalten)? ➝ Gibt es eine Boni-Regelung, falls Gründer auch nach dem Verkauf noch im Unternehmen blei- ben sollen? Dealbreaker: Due Diligence Sobald wir uns dann für ein Angebot entschieden haben und die Absichtserklärung unterzeichnet ist, geht es an die Due-Diligence-Prüfung. Dabei geht es darum, dass der Käufer sich absichern will, ob die präsentierten Bilanzzahlen tatsächlich korrekt sind. Die Durchsicht aller Bücher kann von zwei Wochen bis zwei Monate in Anspruch nehmen. Die Due Diligence ist eine der heikels- ten Punkte bei einem Exit. Wir haben bereits erlebt, dass Private-Equity-Fir- men diese Prüfung als Anlass einer Nachverhand- lung nutzen. Erst stechen sie die Konkurrenz mit einemhohen Angebot aus, senken dies dann aber imLaufe der Due Diligence deutlich ab. Als Grün- der kann man hier nur entgegenwirken, indem die Unternehmenszahlen alle sauber geführt und etwa über eine digitale Plattformwie Virtual Vault geteilt werden. So kann ständig nachvollzogen werden, wer auf welche Dokumente Zugriff hat. Etwaige Bedenkenwährend des Prüfungsprozes- ses können so zeitnah und direkt geklärt werden. Vergesst das Team nicht Bei allen Schritten, von den ersten Vorbereitun- gen bis hin zum erfolgreichen Kaufabschluss, gilt es das eigene Team mitzunehmen. Das fängt bei einer fairen Verteilung der Unternehmensanteile imGründungsteam an und hört bei der Transpa- renz undWertschätzung gegenüber Teammitglie- dern auf. Schließlich ändern sich für die Beleg- schaft nicht nur die Führung des Unternehmens, sondern vielleicht sogar die Kultur oder künf- tige Aufgaben- und Tätigkeitsfelder. Frühzeitige Gespräche mit den künftigen Geschäftsführern können hier das nötige Vertrauen und eine Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit schaffen. Was es sonst noch zu beachten gibt Clean your kitchen before you have guests over. Es ist nicht sexy, aber denkt an Themen wie Legal Compliance, die für Käufer ein Dealbreaker sein können. Damit sollte man nicht bis zur Due-Di- ligence-Prüfung warten. Wie bei allen Verhandlungen ist Zeit ein stra- tegisches Instrument. Eine Beschleunigung oder Verlangsamung ist ein entscheidendes Signal im Exit-Prozess, welches das Interesse des Käu- fers beeinflusst. Ein Unternehmen, das sich bei Gesprächen Zeit lässt, signalisiert, dass es nicht in Eile ist – vielleicht liegen mehrere Angebote vor, und der Käufer muss nachlegen, ummithal- ten zu können. Wer schnell zumAbschluss kom- men will, könnte verzweifelt wirken – das kann den Preis drücken. Der Käufer könnte auch den Eindruck gewinnen, dass etwas nicht stimmt. Macht euch spätestens jetzt imMarkt bekannt. Das kann ein geplanter Leak sein, ein offener Pitch an potenzielle Käufer oder ein direkter Angriff auf die Konkurrenz – um gesehen zu werden und, falls man als ernsthafte Konkurrenz oder Bedro- hung wahrgenommen wird, für eine mögliche Übernahme in Betracht gezogen zu werden. ■ 61 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 12 | 2021 SERVICE | Gründerszene

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