Berliner Wirtschaft 12/2020
tungen, aber auch der politischen Meinungsbil- dung, stark gesunken. Für unverzichtbar hält Stefan Tidow, Staats- sekretär für Umwelt und Klimaschutz in der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Kli- maschutz, die konsequente energetische Sanie- rung des Gebäudebestandes, damit so wenig wie möglich Energie verbraucht werde. „Wir brauchen hier mindestens eine Verdreifachung der jährli- chen Sanierungsraten, die aktuell bei weniger als einemProzent des Bestands liegen“, fordert Tidow. Für dieWohnungswirtschaft werde es – gerade in Zeiten der Mietenregulierung – attraktive Förder- programme geben müssen. „Schon jetzt fördern Bund und Land unter anderemdie Sanierung und den Austausch veralteter Heizsysteme, die nicht selten noch mit Öl funktionieren.“ Diese Förde- rung müsse verlässlich ausgebaut und mit sinnvollen steuerlichen Abschrei- bungsmodellen flankiert werden. Aber auch Tidow weiß, dass es allein mit Dämmen nicht getan ist: „Außerdemmüssenwir unsere Kraft- werke umbauen. Wir müssenweg von der Kohle, hin zu Biogas und Wasser- stoff, aber auch zur Solar- und Geo- thermie – also zu fossilfreier Erzeu- gung.“ Der komplette Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 sei bereits beschlos- sen; einen konkreten Fahrplan für die Dekarbonisierung der Wärmeerzeu- gung gebe es zudem auch schon. Die Zukunft heißt Wasserstoff Dr. Gerhard Holtmeier, Vorstandsvor- sitzender der Gasag, hebt eine wesent- lich Stärke von Wasserstoff hervor. „Gas als Energieträger hat einen gro- ßen Einfluss auf das Gelingen der Energiewende.“ Schließlichmache Gas einen Anteil von über 40 Prozent am gesamten Berliner Wärmemarkt aus. Und das werde wohl auch in Zukunft so bleiben – auch wenn das Gas, das in ein paar Jahren durch die Leitun- gen fließt, ein anderes seinwird. „Frü- her hat die Gasag Gas genutzt, das aus Kohle hergestellt worden war, heute verwendenwir Erdgas, und bald wer- den es klimaneutrale Gase wie grüner Wasserstoff sein“, ist sich Holtmeier sicher. Dafür müsse zwar die Infra- struktur umgestellt werden, denn die Moleküle seien kleiner und könnten schneller ent- weichen. Doch schon heute seien alle neuen Kom- ponenten, die im Gasnetz ausgetauscht werden, für Wasserstoff geeignet. Die Gasag strebt an, dass bis 2030 rund 20 Prozent des Berliner Gases Wasserstoff enthält. Der Anteil von Wasserstoff, aber auch von wei- teren klimaneutralen Gasen, könnte sich dann kontinuierlich weiter erhöhen. Wichtig ist der Wasserstoff im Rahmen der Energie- und Wär- mewende, weil er sich so gut speichern lässt. So plant Holtmeier gerade, den alten Erdgasspeicher unter dem Grunewald für die Energiewende zu nutzen. Klimaneutrales Methan, das aus grünem Wasserstoff und Kohlendioxid aus Industrieanla- gen unter Zugabe von Bakterien entsteht, soll hier in Zukunft unter der Erde gespeichert werden. Dr. Gerhard Holtmeier Vorstandsvorsitzender Gasag AG Gas hat heute einen Anteil von 40 Prozent am Wärmemarkt. Die Gasag setzt für die Zukunft auf grünen Wasserstoff. Sein Anteil an der Berliner Gasversor- gung soll 2030 20 Prozent betragen. » FOTO: CHRISTIAN KIELMANN 26 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 12 | 2020
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