Berliner Wirtschaft 12/2020

Dr. Håvard Nymoen Geschäftsführer Nymoen Strategieberatung In seiner Studie zur klimaneutralen Sanierung des Berliner Wohnge- bäudebestands für die Initiative Wärmewende kommt Nymoen auf 91 Mrd. Euro Gesamtkosten bis zum Jahr 2050. FOTO: CHRISTIAN KIELMANN des Berliner Wohngebäudebestands“ für die Ini- tiative Wärmewende errechnet. Immerhin: Die Sanierung des Gebäudebestandes sei günstiger als der Neubau. Zwischen 2.500 und 3.000 Euro koste es, einen Quadratmeter Wohnraumnachmoder- nen energetischen Standards zu errichten. „Die energetische Sanierung bestehender Gebäude auf KfW-40-Standard kostet dagegen zwischen 545 und 733 Euro je Quadratmeter“, so Nymoen. Zwar klingen die von Nymoen kalkulierten 91 Mrd. Euro nach einer immensen Summe. Aller- dings sei Klimaschutz nun mal nicht umsonst zu haben. „Die Energiewende wird Geld kosten – und zwar für alle“, weiß der Berater. Gleichzei- tig bringe die energetische Sanierung der alten Gebäude auch Einsparungen mit sich, die aller- dings bei Weitem nicht hoch genug seien, um die Modernisierungskosten zu decken. „Eine Möglichkeit, die im Rahmen einer sozialverträglichen Wärme- wende diskutiert wird, ist beispiels- weise, dass Mieter, Vermieter und der Staat für diese Diffferenz gleicherma- ßen aufkommen“, erzählt Nymoen. Denn für die Energiewende sind diese Ausgaben unumgänglich: Mit der Sanierung auf KfW-40-Niveau sind Endenergieeinsparungen in einer Grö- ßenordnung von mehr als 70 Prozent verbunden, hat die Strategieberatung in ihrer Studie errechnet. Die noch verbleibenden Endenergieverbräuche sollten durch erneuerbare Energien gedeckt werden, umeinen tatsächlich klimaneutralenWohngebäudebestand zu realisieren. „Wir müssen das Opti- mum finden zwischen energetischer Sanierung und erneuerbarer Energie.“ Dabei gelte es Kosten und Nutzen im Blick zu behalten und genau zu unter- suchen, „wann der nächste Effizienz- schritt teurer wäre als ein Mehrver- brauch von erneuerbaren Energien“. Ähnlich sieht das auch Dr. Andreas Schnauß: „Wichtig ist, zu schauen, wo es denmeisten Klimaschutz fürs Geld gibt.“ Der Wirtschaftsingenieur berät im Berliner Klimaschutzrat Politik und Wirtschaft in Klimaschutzfra- gen und optimiert als Leiter Grund- lagen bei der Vattenfall EuropeWärme die Wärmeversorgung der Stadt. Er meint: „Beide Wege, also die CO2-Re- duzierung in der Wärmeerzeugung, aber auch die Effizienzsteigerung zur Senkung des Verbrauchs, müssten gleichzeitig angegangen und in Einklang gebracht werden.“ Denn gerade auf der Erzeu- gerseite könnten mit wenigen Schritten große CO2-Einsparungen realisiert werden. Dazu gelte es die Wärmeerzeugung auf grüne Füße zu stel- len und fossile Energieträger wie Kohle oder Öl durch regenerative Quellen wie Wärmepumpen und Power-to-Heat-Anlagen zu ersetzen. Gleichzeitig müsse der Energieverbrauch durch Sanierungsmaßnahmen gedrosselt werden. „Damüssenwir den Eigentümern aber auch erlau- ben, dieWirtschaftlichkeit der Modernisierungen vernünftig darzustellen“, fordert Schnauß. Denn kaum ein Vermieter wird es sich leisten können, Sanierungsmaßnahmen für drei Euro pro Quad- 24 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 12 | 2020

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