Berliner Wirtschaft November 2025

Bild links: Anzeige von Frister aus dem Jahr 1908, Mitte: Franz Fürstenheim, im Vorstand des Reichsverbandes der Industrie und im Präsidium des VBKI, war im Aufsichtsrat der Frister AG. Bild rechts: die Fabrik an der Edisonstraße Ab dem 14. Oktober 1882 tauchte die Kreuzberger Lampenfabrik R. Frister – zunächst auf Bronzeguss spezialisiert – in die Konjunktur der Beleuchtungskörperindustrie ein, die nach der Entdeckung von Petroleum als Lichtquelle 1865 begann. Schon 1867 wurden in Berlin mehr Lampen als in Paris hergestellt, 1875 arbeiteten in 40 Fabriken 1.600 Beschäftigte. Zwanzig Jahre später übernahm der Verkaufsprofi Adolph Heegewaldt zusammen mit Otto Engel das Geschäft und brachte ab 1895 neben Beleuchtungskörpern auch „Metallguß, Terracotta, Gyps und vor allem Bronze“ auf den Markt. Im selben Jahr etablierte sich die Elektrizität als ernsthafte Konkurrenz zum Gas. Zur Umstellung auf Massenproduktion wurde 1897 die große Lampenfabrik an der Edisonstraße bezogen. Noch war keineswegs entschieden, ob die Elektrizität oder das Gas in der Entwicklung den Sieg davontragen würde – immerhin wurden beim boomenden Wohnungsbau die neuen Häuser mit Gasleitungen ausgestattet. Nach dem Ersten Weltkrieg war R. Frister mit 700 Beschäftigten die größte Lampenfabrik Europas. Die Gebäude waren zwischen 1900 und 1916 stark erweitert worden. Auch intensivierte die – seit 1904 – Aktiengesellschaft ihre Zusammenarbeit mit den Lampenfabriken Gebr. Israel AG sowie der J. Hirschhorn AG. Beide Gesellschaften waren nicht gut durch die Inflationszeit gekommen – alle Aktien wurden von der Frister AG übernommen. Dafür traten Felix Israel in den Vorstand und Franz Fürstenheim in den Aufsichtsrat ein. Fürstenheim war bestens vernetzt – er saß im Vorstand des Reichsverbandes der Industrie und im Präsidium des VBKI. 1927 entstand die Israel-Frister AG als Tochtergesellschaft und produzierte am ehemaligen Standort der Israel AG unter anderem an der Kottbusser Straße, heute Künstlerhaus Bethanien. Fast 2.000 Menschen arbeiteten für die AG. Anfang der 1930er-Jahre stieg Siemens mit 2,1 Mio. Reichsmark ein, musste aber im Folgejahr 1 Mio. Verlust abschreiben, denn Frister hatte das Abkommen mit den Berliner Gaswerken verloren und meldete 1933 Konkurs an. Schon zuvor gerieten die Juden Felix Israel und Franz Fürstenheim in das Visier der Nationalsozialisten. Enteignet und vertrieben, gingen sie ins Exil. Die Fabrik an der Edisonstraße übernahm die Wärmegeräte GmbH. Nach 1945 saß hier der VEB Funkwerk Köpenick, ab 1963 das Institut für Nachrichtentechnik. Heute wird der Standort als Teil der „Spreehöfe“ vermarktet. ■ Die Geschichte der R. Frister AG, ehemals Berlins größte Lampenfabrik, erzählt von aufstrebendem Unternehmertum – und von Enteignung und Vertreibung von Björn Berghausen (BBWA) Vom Scheinen und Erlöschen Zugang zum Wirtschaftsarchiv Die Bestände des Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchivs (BBWA) können nach Vereinbarung eingesehen werden. Kontakt und Infos: bb-wa.de FOTOS: BBWA (2), LEO BAECK INSTITUTE, NEW YORK Historie | 43 Berliner Wirtschaft 11 | 2025

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