Berliner Wirtschaft November 2024

Wasser ist immer unterschiedlich und erfordert individuelle Filtersysteme. Es verbleibt nach der Trinkwasserproduktion extrem salziges Restwasser, für das wir Verwendungsmöglichkeiten und zum Teil auch Geschäftsmodelle mit entwickeln. Zum Beispiel können damit Fischzuchten betrieben werden. Wir sehen uns immer genau an, was vor Ort für die Menschen am wichtigsten ist, und deshalb müssen wir uns auch immer sehr genau mit den jeweiligen Kulturen auseinandersetzen. Für große Konzerne ist das nicht so interessant. Hamed Beheshti: Wir beide reisen sehr viel und haben viel Zeit in den Ländern, in die wir liefern, verlebt, um die Kulturen zu verstehen. Zu den 30 Mitarbeitern, die wir hier haben, kommen noch mehr als 300 in Kenia, die sich vor allem um Vertrieb, Service und Installation kümmern. Wir haben dort eine Academy aufgebaut, um neue Mitarbeiter zu schulen. Das funktioniert sehr gut. Deshalb wollen wir dieses Modell in Kolumbien wiederholen, um von dort aus das Geschäft in Lateinamerika weiterzuentwickeln. Kommt aus Afrika die größte Nachfrage? Ali Al-Hakim: Afrika hat immense Wasserprobleme. Lateinamerika aber auch, von dort erhalten wir ebenfalls immer mehr Anfragen. Wir glauben aber, dass bald schon Südeuropa der größte Markt für uns sein wird. In Spanien, Italien, Griechenland oder Malta ist die Wasserversorgung ebenfalls schon sehr schwierig. Dort ist die Zahlungsfähigkeit aber größer. Außerdem ist der Wasserverbrauch in Europa viel höher als in Afrika. Auch in unserer Region Berlin-Brandenburg gibt es Sorgen um die Wasserversorgung. Können Sie da nicht auch etwas tun? Ali Al-Hakim: Das könnten wir natürlich. Aber im Ernst: Die Sorgen um die Trinkwasserversorgung hier sind nicht ansatzweise mit den wirklich dramatischen Problemen in vielen afrikanischen oder latainamerikanischen Ländern zu vergleichen. Unsere Versorgung ist vergleichsweise sehr gut und sehr sicher. Hamed Beheshti: Es geht nicht nur um die Trinkwasserversorgung. Auch die Landwirtschaft braucht zunehmend in den trockenen Regionen Meerwasserentsalzungsanlagen. Mit Meerwasser kann nicht bewässert werden, weil die Böden versalzen würden. Wo ist die Wassernot am größten? Hamed Beheshti: Ich würde sagen: in Somalia. Das ist ein Land, das vom Klimawandel extrem betroffen ist. Dort haben wir bereits sieben Anlagen installiert und sind gerade dabei, weitere zu bauen. Dank dieser Anlagen haben die Menschen dort eine Perspektive. Unsere Anlagen produzieren 1.000 Liter Wasser für 50 Cent. Das können sich die Menschen dort leisten. Warum ist bisher die Anlage in der Ukraine die einzige europäische Anlage, die sie geliefert haben, wenn der Bedarf in Südeuropa da ist? Hamed Beheshti: Wir haben längst noch nicht die Vertriebsstrukturen, die wir bräuchten. Bisher haben wir aus dem Cashflow heraus investiert. Damit wir unsere Wachstumschancen umfangreicher realisieren können, suchen wir jetzt Investoren, die international tätig sind und ein Vertriebsnetzwerk haben. Dort, wo unsere Anlagen gebraucht werden, wissen die Menschen oft nicht, dass es so etwas überhaupt gibt. Wir müssen also vor allem bekannter werden. Wie groß ist das Interesse von Investoren? Ali Al-Hakim: Wir führen schon Gespräche. Aber wir werden nichts überstürzen. Uns ist wichtig, dass es wirklich passt. Wir liefern auch in Krisenregionen. Das soll auch so bleiben, weil gerade dort sauberes Wasser dringend benötigt wird. Für den Jemen haben wir eine Aufbereitungsanlage entwickelt, die Cholera-Bakterien herausfiltert. Wir wollen auch, dass sich künftige Partner sowohl mit unserem B2B- als auch mit unserem B2C-Geschäftsmodell identifizieren. Hamed Beheshti CEO & Gründer An der FU Berlin hat Hamed Beheshti Umweltwissenschaften studiert und anschließend promoviert. Nach seinem Studium hat er mit Ali Al-Hakim Boreal Light gegründet. Er ist im Jahr 2010 aus dem Iran nach Deutschland eingewandert. Wir haben längst noch nicht die Vertriebsstrukturen, die wir bräuchten. Hamed Beheshti FOTO: AMIN AKHTAR Berliner Wirtschaft 11 | 2024 FOKUS | Interview | 30

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