Regenwasser individuell an jedem Gebäude nutzbar machen und damit die Umgebung kühlen und die Kanalisation entlasten – das sollte doch auch im Bestand möglich sein, dachte sich Tillmann Uhrig. „Wir haben lange Zeit so gebaut, dass das Wasser schnell abfließt. Jetzt fehlt es in der Stadt – zur Kühlung, für die Böden und Grünflächen, aber auch für die Biodiversität. Also braucht es einfache und praktikable Lösungen, die das Wasser vor Ort halten und schnell anwendbar sind.“ Im Rahmen eines Ideenwettbewerbs der Berliner Regenwasseragentur stellte Uhrig 2023 sein Wertical-System vor und wurde als einer von zehn Ideengebern prämiert. Das Wertical-Konzept besteht aus modularen und somit individuell zusammensetzbaren Elementen, die sich wie ein überdimensioniertes Fallrohr an nahezu jedem Gebäude anbringen lassen und dort die herkömmlichen Fallrohre ersetzen. „Mir war es wichtig, ein System zu entwickeln, das möglichst einfach, schnell zu installieren und universal einsetzbar ist“, erklärt Uhrig. Seine Fallrohre leiten das Regenwasser von Dächern, Balkonen und Fassaden nicht an die Kanalisation ab, sondern fangen es auf und speichern es vertikal. „Das Wasser bleibt im System und kann später genutzt werden, zum Beispiel für die Bewässerung von Grünanlagen.“ So werde die Kanalisation entlastet und der Trinkwasserverbrauch reduziert. Doch das Wertical-Rohr kann noch mehr: Die Außenhülle selbst wird perforiert und mit einer Pflanzmatte umhüllt sein. Damit wird das Fallrohr zum grünen Wasserverdunster und kühlt die Umgebung. „Flächendeckend eingesetzt, sind die Wertical-Rohre die Klimaanlage für dicht bebaute Innenstädte.“ Um das Regenwasser direkt nutzbar zu machen, plant Uhrig drei verschiedene Bodenmodule. Über eines versickert das Regenwasser, das zweite werde mit einer Bewässerungsanlage für Grünflächen verknüpft, das dritte bekommt Entnahmestellen – gleich einem Wasserhahn. Im kommenden Jahr soll es losgehen mit der Produktion. Zunächst will Uhrig Modelle im 3D-Drucker erstellen und Prototypen in Pilotprojekten testen. Interessenten hat er schon: ein Bezirksamt aus Hamburg etwa und ein Maschinenfabrikant vom Bodensee. Beide wollen mit dem System das Klima am Arbeitsort verbessern. Wertical ist aber nicht nur für Unternehmen gedacht, Uhrig richtet sich speziell auch an Wohnungsverwaltungen und -baugesellschaften, die die begrünten Fallrohre an Wohngebäuden zur natürlichen Klimatisierung der Quartiere anbringen können. ■ Tillmann Uhrig ist als Landschaftsarchitekt tätig. Sein Wertical-System speichert Wasser an Gebäuden Gut vernetzt Der QR-Code führt zum Unternehmen auf LinkedIn: Wertical heißt ein System modularer Fallrohre, die an Bestandsgebäuden Regenwasser nutzbar machen – für besseres Stadtklima und mehr Grün Ein Rohr hält das Wasser Tillman Uhrig Wir haben lange so gebaut, dass das Wasser schnell abfließt. Jetzt fehlt es in der Stadt – zur Kühlung, für Böden und die Biodiversität. FOTO: CHRISTIAN KIELMANN FOKUS | Wassermanagement | 26 Berliner Wirtschaft 11 | 2024
RkJQdWJsaXNoZXIy MTk5NjE0NA==