Berliner Wirtschaft November 2023

Haben Sie direkten Kontakt zu Endkunden, oder arbeiten Sie mit Vertriebspartnern? Lorenz Riele: Unser Geschäft ist ein reines B2B-Geschäft. Es läuft alles über Distributoren. Die machen auch das Marketing vor Ort, ebenso den Vertrieb und den Service. Wir haben gar keine eigene Marketing-Abteilung. Medizintechnik leidet oft weniger unter Konjunkturschwankungen. Wie stabil ist Ihr Geschäft? Linda Riele: Durch die Corona-Zeit sind wir tatsächlich sehr gut gekommen. Aber wir sind in Krisengebieten unterwegs, und wir leiden auch unter den internationalen Krisen. Das kann zu erheblichen Schwankungen führen. In der Vergangenheit war es glücklicherweise so, dass immer auch wieder Geschäfte in neuen Märkten verlorene Umsätze in anderen Staaten ausgleichen konnten. Lorenz Riele: Wir haben viele Länder verloren. Früher haben wir sehr viel in den Iran geliefert; auch nach Algerien. Im Sudan und in Afghanistan geht auch nichts mehr. Die Geschäfte mit Saudi-Arabien sind durch den politischen Zwist komplett eingeschlafen, wobei wir uns dort mittlerweile wieder Hoffnungen machen. Der Distributor in Pakistan würde gern von uns kaufen. Aber da scheitert es an der nötigen Registrierung. Warum können solche Geschäfte an der Registrierung scheitern? Lorenz Riele: Mit regulatorischen Hemmnissen wie zum Beispiel der Registrierung haben wir in vielen Ländern Probleme. Aber wir können uns als deutsches Unternehmen darüber nicht beklagen. Deutschland hat ebenso Regularien für Medizinprodukte in Kraft gesetzt oder sogar damit angefangen. Wir müssen hier sehr aufwendig unser Qualitätsmanagementsystem in zweitägigen Audits überprüfen lassen. Linda Riele: Das ist ein enormer Aufwand und sehr teuer. Als kleineres Unternehmen müssen wir Berater einschalten. Allein würden wir das nicht schaffen. Unternehmen aus dem Ausland, die in Deutschland etwas verkaufen möchten, müssen ihre Produkte natürlich genauso aufwendig registrieren lassen, und dann sagen viele Länder: Gut, aber dann führen wir bei uns eigene Regularien ein, und so müssen wir unsere Produkte in sehr vielen Ländern registrieren lassen. Daraus ergibt sich ein Aufwand, der schon einige Unternehmen zum Aufgeben gebracht hat. Sie haben China als eines der wichtigsten Exportländer genannt. Bekommen Sie das getrübte Verhältnis zwischen Europa und China zu spüren? Lorenz Riele: Uns macht China zu schaffen, weil es eines der Länder ist, die die Märkte mit staatlich subventionierten Billigprodukten fluten. Gleichzeitig hat China aber weiterhin unsere deutlich teureren Produkte in hohen Stückzahlen importiert – aufgrund der höheren Qualität. Als die Regierung dann aber die „China-first“-Politik ausgerufen hat, ist unser Geschäft dort zunächst komplett eingebrochen. Linda Riele: Wir haben aber glücklicherweise einen sehr freundschaftlichen und langjährigen Kontakt zu einem chinesischen Distributor – auch ein Familienunternehmen – und konnten das Geschäft zum Teil wieder aufbauen. Wir haben dafür der Software unserer Geräte die chinesische Sprache beigebracht. Als kleine Firma können wir sehr schnell und flexibel auf entsprechende Kundenwünsche eingehen. Von diesen guten Kontakten und dieser Flexibilität leben wir. Worin sehen Sie gegenwärtig besondere Risiken? Lorenz Riele: Wir sind sehr besorgt in Bezug auf die geopolitischen Spannungen. Das löst bei mir wirklich enormen Stress aus. In Ägypten wird es für uns im Moment sehr schwer, weil dort keine Devisen Photometer vor der Auslieferung: Die Manufaktur in Hermsdorf verlassen nur Geräte, deren Qualität sorgfältig gepüft wurde Gut vernetzt Kontakt zu Linda Riele auf LinkedIn über den QR-Code: FOTO: ULRICH SCHUSTER Berliner Wirtschaft 11 | 2023

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