Berliner Wirtschaft November 2021
abzüge errechnet, angemeldet und überwiesen werden. Hierzu zählen neben Lohn- und Lohn- nebensteuern für das Finanzamt auch die abzu- führenden Sozialversicherungsbeiträge. Einmal im Monat müssen zudem die Per- sonalabgänge an die Sozialversicherungsträ- ger gemeldet werden, zum Geschäftsjahresende kommen der Abschluss und die Meldung der Lohnkonten hinzu. Größere Unternehmen nutzen aufgrund der Komplexität und des hohen Zeit- aufwands spezielle Software zur Unterstützung der Lohnbuchhaltung. Für Start-ups kann es sich lohnen, die Aufgabe vollständig an einen Exper- ten oder eine Expertin zu übertragen. Auf möglichen Verlustuntergang achten Bei Start-ups fallen anfangs regelmäßig Verluste an, die daraufhin vorgetragen und mit zukünf- tigen Gewinnen verrechnet werden können. Bei Kapitalgesellschaften können diese Verlustvor- träge vollständig untergehen, wenn innerhalb von fünf Jahrenmehr als die Hälfte des Stammkapitals an einen Erwerber veräußert wird. Auch Kapital- erhöhungen, die zu einer Veränderung der Betei- ligungsquoten führen, fallen unter diese Regelung (Regelfall bei Start-ups: Einstieg von Investoren). Falls diese Grenzen erreicht werden, sollte vorab eine Steuerberatung konsultiert werden, mit der über Optionen zur Vermeidung gesprochen wer- den kann (etwa Stille-Reserven-Klausel, Antrag auf fortführungsgebundenen Verlustvortrag). Bei Personengesellschaften droht bei einem Gesell- schafterwechsel ein anteiliger Wegfall des gewer- besteuerlichen Verlustvortrags. Gleich an einen potenziellen Exit denken Die Wahl einer passenden Gesellschaftsform ist der erste Schritt in die richtige Richtung, aller- dings sollte dabei schon an einen möglichen Exit gedacht werden. Die erfolgreiche Veräußerung von Anteilen imRahmen eines Exits führt grund- sätzlich zu steuerpflichtigen Einkünften, deren Besteuerung von der jeweiligen Art des Gesell- schafters oder der Gesellschafterin abhängt. Um die unmittelbare Besteuerung von zumindest 95 Prozent des Veräußerungsgewinns zu vermeiden, kann man bereits bei der Gründung über eine Holdingstruktur nachdenken. Eine ebenfalls zu gründende Kapitalgesellschaft (zumBeispiel eine GmbH oder UG) würde dabei die Anteile an der operativen GmbH halten. Auch für die Einrich- tung eines solchen Modells empfiehlt sich jedoch der Kontakt zu einer Steuerberatung. ■ Der Autor Moritz Bocks ist Steu- erberater, Wirtschafts- prüfer und Partner im Düsseldorfer Büro der Wirtschaftskanzlei Advant Beiten. Er beschäftigt sich für seine nationalen und internationalen Klien- ten unter anderemmit Fragen zu Steuerthe- men und Corporate Finance. Melina Hanisch, IHK-Fachreferentin Start-ups und Finanzierung Tel.: 030 / 315 10-527 melina.hanisch@berlin. ihk.de Textquelle Die Originalversion des gesamten Beitrags liegt auf gruenderszene.de (kostenpflichtig). S tart-ups müssen sich in der Gründungs- phase auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, steuerliche Pflichten werden dadurch oft- mals vernachlässigt. Dies kann sich aller- dings als folgenschwere Fehlentscheidung her- ausstellen. Gründerinnen und Gründer sollten daher fundamentale Dinge zum Thema Steuern wissen. Im zweiten Teil des Beitrags geht es um Umsatzsteuer-Voranmeldung, Lohnsteuer und eine mögliche Veräußerung. An die Umsatzsteuer-Voranmeldung denken Neben der Steuererklärung ist auch die Umsatz- steuer-Voranmeldung zyklisch wiederkehrend in elektronischer Form beim zuständigen Finanz- amt einzureichen. Der Turnus der Voranmel- dungen steht bei bestehenden Unternehmen in Abhängigkeit zu der geschätzten Umsatzsteu- erschuld, neu gegründete Unternehmen haben ihre Voranmeldung monatlich einzureichen. Erst nach zwei Jahren kann der Voranmeldungs- zeitraum bei geringer Umsatzsteuerlast auf ein Quartal oder das Kalenderjahr ausgedehnt wer- den. Dementsprechend haben Start-ups bis zum 10. eines Monats die Voranmeldung für den Vor- monat einzureichen. Möglich ist ein Antrag auf Dauerfristverlängerung, der die Frist um einen Monat nach hinten verschiebt. Dazu hat der oder die Steuerpflichtige eine jährlich zu erneuernde Sondervorauszahlung in Höhe des elften Teils der Umsatzsteuer des Vorjahres als eine Art Kaution zu leisten (imGründungsjahr Hochrechnung der voraussichtlichen Umsatzsteuer). Die Fristen sollten unbedingt eingehalten werden. Bei verspäteter Abgabe der Voranmel- dung droht Ärger mit dem Finanzamt. Zudem werden schnell hohe Verspätungszuschläge fäl- lig. Empfehlenswert ist eine ordentliche Buch- haltungssoftware, die Daten und Belege speichert und so die Voranmeldung umfangreich vorberei- tet. Nicht zuletzt bietet sich auch in diesem Kon- text eine Zusammenarbeit mit einer Steuerbe- ratung an. Lohnsteuer korrekt abführen Nach der Gründung werden oft zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigt, bei deren Einstellung je nach Beschäftigungsart ver- schiedene Dokumentations- und Meldepflich- ten beachtet werden müssen. Sehr wichtig ist zunächst die Anmeldung der Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern. Für die Entgelt- abrechnungen müssen anschließend die Lohn- Gesamtbeitrag Im ersten Teil des Textes (Oktober-Ausgabe der „Berliner Wirtschaft“) ging es um Gesellschafts- formen, steuerliche Registrierung, Ausnahmefälle und Steuererklärung. FOTOS: GETTY IMAGES/WESTEND61, FOTOSTUDIO CHARLOTTENBURG 59 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 11 | 2021 SERVICE | Gründerszene
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