Berliner Wirtschaft November 2021
ren, dabei gibt es noch immer Herausforderun- gen, sei es bei der Finanzierung von Geschäfts- modellen oder bei der Beratung durch öffentli- che Stellen.“ Die „Gastarbeiter“ und ihre Familien haben die Einwanderungsgesellschaft Deutschland entscheidend geprägt und den Wirtschafts- standort trotz politischer Fehler beider Länder mit aufgebaut. Diese Leistung verdient Aner- kennung und Respekt. Heute – sechs Jahrzehnte später – ist Personalmangel wieder ein Wachs- tumshemmnis für die Wirtschaft. Dieses Mal sollte neben der Fachkräftegewinnung auch die Unterstützung für neu zugewanderte Berliner ganz oben auf der Agenda stehen. ■ getränk Ayran, gehörte Anfang der 1980er-Jahre dazu: „Mein Vater war der erste Ayran-Produzent in Deutschland und hat am Anfang alles allein gemacht“, erzählt seine Tochter Dilek Dönmez, die heutige Geschäftsführerin. „Der Druck war groß, denn er musste für die Familie hier wie in der Türkei sorgen.“ 1996 expandierte Özcan weiter und füllte den Ayran erstmals in die üblichen Kunststoff- becher, damit war dieser auch länger haltbar. 2009 übernahm Dönmez die Firma: „Schon als Kind wollte ich Unternehmerin werden.“ Damals war sie 26 Jahre alt und kam von der Uni. „Ich habe den Laden komplett umgeschmissen, das kambei einigen im Unternehmen nicht gut an. Doch die steigenden Umsatzzahlen gaben mir Recht und unsere Mitarbei- terzahl hat sich verdoppelt.“ Für die Zukunft hat die dreifache Mutter viel vor: „Das, was Coca- Cola weltweit ist, wollen wir mit unserem Ayran für Deutschland erreichen. Dazu wollen wir plas- tikfrei werden.“ Auch Türker Yagmurs Eltern gehören zur „Gastarbeiter“-Ge- neration: „Meine Mutter kam 1972 allein nach Deutschland. Das war für die Zeit ungewöhnlich“, erzählt er. „Ein paar Jahre später kam mein Vater, der sich dann selbst- ständig gemacht und lange ein eigenes Restaurant geführt hat“, sagt Yagmur. 2011 gründete er die Simwert GmbH. Das Unternehmen vermarktet die Verträge deutscher Netzbetreiber und distribuiert Prepaid-SIM-Karten – alles unter gezielter Ansprache auf Kunden mit Migrationshintergrund. Sim- wert wächst rasant, wurde mehr- mals als „Focus Wachstums- champion“ ausgezeichnet und erzielt mit aktuell 25 Beschäftig- ten einen Umsatz von 30 Millio- nen Euro. „Wir profitieren von der steigenden Vielfalt der deutschen Gesellschaft. Der Mobilfunkmarkt ist größer und diverser als früher“, so Yagmur. Heute blickt er begeis- tert auf junge türkischstämmige Unternehmer: „Die Qualität in den Unternehmen steigt seit Jah- Sogenannte Gastar- beiter im BMW- Motorradwerk Ende der 1970er-Jahre Julian Algner, IHK-Geschäftsfeld Wirtschaft & Politik Tel.: 030 / 315 10-373 julian.algner@berlin. ihk.de FACHKRÄFTE | Integration
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