Berliner Wirtschaft November 2021
FOTO: CHRISTIAN KRUPPA entstandene Zollbürokratie beeinträchtigt. Mehr als jeder zweite Befragte beklagt die neuen Logis- tikprobleme und rechtliche Unsicherheiten. Und dennoch hat mit mehr als 80 Prozent das Gros der Unternehmen keine Großbritannien-Inves- titionen verlagert. Regionalisierte Lieferkette Auch für Andreas Kranki haben sich die Han- delsstrukturenmit demBrexit komplett verscho- ben. Mit seiner 2017 gegründeten Urban Drive- style GmbH designt, produziert und vertreibt der Geschäftsführer in Berlin E-Bikes für den urba- nen Alltag. Besonderes Markenzeichen: sehr dicke Reifenmit starkemProfil. „Nach Deutschlandwar für uns Großbritannien der zweitwichtigste Markt mit einem Anteil von 20 Prozent am Verkauf“, so der 42-Jährige, der 25 Mitarbeiter beschäftigt. Jetzt seien es deutlich weniger, weil „zum einen die Logistiker völlig über- lastet sind und man zum anderen ohne Einbinden einer ortsansässigen Firma kaum noch importieren kann“. Bis 2020 war es den Berlinern noch gelungen, jährlich den gesamten Absatz und Umsatz der hochpreisigen Gefährte – die Preise liegen zwischen 2.000 und 4.000 Euro – zu verdoppeln. In diesem Jahr stagnierten die Verkäufe. Verantwortlich seien aber nicht nur der Einbruch im Vereinigten Königreich, sondern auch der generell schwächelnde Absatz. „Wegen des schlechten Sommers hielten sich die Kunden zurück. Nach Abflauen der dritten Corona-Welle sind viele zudem erst einmal in den Urlaub gefahren“, so Kranki. Gleichzeitig hatte der Unternehmer mit den Importen zu kämpfen. Bremsen, Schaltungen und Elektroantriebe kommen vor allem aus Taiwan und China nach Berlin. Dras- tisch gestiegene Rohstoffpreise für Metalle, Plastik und Halbleiter sowie deutlich längere Lieferzeiten treffen Manufakturen sehr viel stärker als die Volumenhersteller. „Als eher kleiner Produzent haben wir gegen die großen Player bei den Lie- feranten das Nachsehen.“ Urban Drive- style habe die Lieferkette deshalb fast komplett regionalisiert, um so nach- haltig und zuverlässig produzieren zu können. „Seit Beginn des Jahres liegt die Lieferkette nahezu vollständig in Deutschland.“ Seinen Optimismus lässt sich der Geschäftsfüh- rer trotzdem nicht nehmen. Trotz der jetzt kälte- ren Jahreszeit laufe das Geschäft seit Beginn des Herbstes wieder erstaunlich gut. Und statt in die Ferne zu schweifen, will sich die Urban Drive- style GmbH künftig neben dem Heimatmarkt vor allem auf die unmittelbaren europäischen Nachbarn konzentrieren. Außer den Niederlan- den, Belgien und Skandinavien gehört dazu auch Frankreich. „Unsere Gespräche über den Aufbau einer lokalen Repräsentanz sind schon weit fort- geschritten.“ Noch stärker als bisher will Kranki zudemGeschäftskunden, etwa in Südeuropa, ins Visier nehmen, etwa in der Touristik. Olaf Mordelt und sein Team von One World Studio haben die Auftragsflaute während der Pandemie trotzdem gut genutzt. „Zum einen hat- Olaf Mordelt Geschäftsführer One World Studio GmbH Die Berliner schaffen analoge und digitale Erlebniswelten rund um den Globus. Die Corona-Pandemie hat das Unternehmen ausgebremst: keine Reisen zu Kunden und Projekten, stornierte Aufträge. Nun ziehen die Geschäfte wieder an. Neue Märkte, etwa in Nordafrika sowie im arabischen Raum, rücken in den Fokus. 28 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 11 | 2021
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