Berliner Wirtschaft November 2021

» FOTO: CHRISTIAN KRUPPA Riele seit mehr als zehn Jahren vertrauensvoll mit einem Familienunternehmen zusammen- arbeitet, das die Photometer an Blutbanken und Blutspenderdienste vertreibt. „SeitdemChina die Devise ,China First‘ ausgegeben hat, können wir nicht mehr liefern“, sagt Prokuristin Isabel Riele, die darauf hofft, dass der Importstopp doch noch gekippt wird. Auch auf der Importseite spielen die Chine- sen eine wichtige Rolle. „Unsere Vorprodukte hatten wir überwiegend in Deutschland geor- dert. Doch als sich die Konditionen immer wei- ter verschlechterten, mussten wir verstärkt aus- ländische Lieferanten in Betracht ziehen“, erklärt Riele. Um Sicherheitspuffer einzubauen, haben die Berliner ein größeres Lager aufgebaut, statt auf Just in Time zu setzen. Rahmenverträge mit ihren Lieferanten sollen zudem sicherstellen, dass die Vorprodukte zur Stelle sind, wenn sie benö- tigt werden. Künftig will Riele noch stärker als bislang neue Märkte erschließen, allen voran in Südamerika und Asien. „So reduzieren wir die Abhängigkeit von einem großen Exportmarkt“, sagt Riele, die auch Mitglied im IHK-Ausschuss Internationalisierung ist. Sie räumt allerdings ein: „Für eine kleine Firma mit 15 Mitarbeitern bedeutet das Erschließen neuer Märkte natürlich einen großen Aufwand.“ Entsprechend wichtig sei eine offensive Außenwirtschaftsförderung von Land und Bund. Laut der IHK-Umfrage von Mai 2021 gaben mehr als 40 Prozent der Befragten an, dass für sie internationale Events, Vernetzungsprojekte und Messen die relevantesten Förderangebote seien. Gleichzeitig sind allerdings Angebote wie das Berliner Förderprogramm für Internationali- sierung kaum bekannt und werden entsprechend zu wenig genutzt. Mehr als 80 Prozent der Befrag- ten kannten das Programm gar nicht. Nicht viel besser sieht es bei den vom Land betriebenen Wirtschaftsbüros in Peking und New York aus. Von denen haben 70 Prozent noch nie gehört. Marketingkampagne und gezielte Förderung Als Konsequenz erhofft sich die IHK Berlin vom Land, dass das Internationalisierungsprogramm auf Bekanntheit und Nutzbarkeit geprüft werde. Neben einer flankierenden Marketingkampagne fordert die IHK die Aufnahme neuer förderbarer Maßnahmen wie länderspezifische Beratungs- leistungen und Marktstudien direkt vor Ort. „Ins- besondere der Förderrahmen mit dem bisheri- gen Fokus auf die Top-4-Zielmärkte China, Isabel Riele Prokuristin Robert Riele GmbH&Co. KG Photometer für die Untersuchung von Blutproben und Lebensmitteln stellt das Familienunterneh- men mit seinen 15 Mit- arbeitern her. Der Markt dafür besteht weltweit. Weil das wichtige China-Ge- schäft neuerdings Restriktionen erfährt, muss Riele umsteuern. Vorige Doppelseite: Andreas Kranki Geschäftsführer Urban Drivestyle GmbH  Das 2017 gegründete Unternehmen mit seinen 25 Mitarbeitern hat sich auf die Ferti- gung höherpreisiger E-Bikes spezialisiert, die eher an Retro- Mofas erinnern. Die Produkte richten sich an eine urbane Kundschaft im In- und Ausland. Isabel Riele Für eine kleine Firma mit 15 Mitarbeitern bedeutet das Erschließen neuer Märkte einen großen Aufwand. asien plant One World Studio, die überwiegend für Kunden imAusland arbeiten, gerade ein rund 1.000 Hektar großes Gelände mit Hotels und Frei- zeitparks. „Größtes Potenzial sehen wir künftig in Nordafrika, den arabischen Ländern, den Staaten entlang der Neuen Seidenstraße sowie in Südost- europa“, so Mordelt. Corona führt zu Exportrückgang Wie One World macht die Corona-Pandemie vielen international tätigen Berliner Unterneh- men zu schaffen. Weniger Geschäftsreisen, Mes- sen und Aufträge sowie Unterbrechungen in den Lieferketten setzen die Wirtschaft unter Druck. Hinzu kommen Probleme in der Logistik: Fracht- kapazitäten fehlen, weil Flugzeuge am Boden bleiben und die Schifffahrt nicht wie gewohnt liefert. Nachdemder Berliner Außenhandel in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen war, verzeichneten die Unternehmen im vergan- genen Jahr laut einer Ende Mai 2021 veröffentlich- ten Umfrage der IHK Berlin einen Exportrück- gang von 5,5 Prozent, bei den Importen fiel das Minus nach IHK-Angaben mit 1,9 Prozent deut- lich schwächer aus. Insgesamt zeige sich Berlin damit aber stabiler als der Bund. Die beste Wirtschaftsentwicklung erwar- ten die Berliner mittelfristig in Nordamerika und Asien, gefolgt von Europa. Wichtigste Han- delspartner bleiben Nordamerika, Asien und Europa (vor allem Frankreich, Polen, Großbri- tannien, Niederlande, Italien, Schweiz, Österreich und Spanien). Zu den Top-Ausfuhrgütern zählen pharmazeutische Erzeugnisse, Maschinen sowie Datenverarbeitungsgeräte, elektrische und opti- sche Erzeugnisse. Eingeführt werden Bekleidung, Leder, elektrische Ausrüstungen sowie Daten- verarbeitungsgeräte, elektrische und optische Erzeugnisse. Gute Nerven brauchen die auf Aus- und Ein- fuhren angewiesenen Unternehmen aktuell alle- mal. Zum Beispiel im Umgang mit Berlins dritt- wichtigstem Export- und wichtigstem Import- partner – China. Wie stark eine Kehrtwende in der Außenwirtschaftspolitik die Handelspartner treffen kann, bekommt gerade die Robert Riele GmbH & Co. KG zu spüren. Während das Berliner Familienunternehmen das erste Corona-Jahr ohne Exporteinbrüche überstanden hatte, wird dieses Jahr zur Zerreißprobe. Riele liefert Photo- meter zur Blutuntersuchung und für Lebensmit- teltests an Großhändler in mehr als 40 Ländern. Bei Weitem größter Kunde ist jedoch China, wo SCHWERPUNKT | Außenwirtschaft 24 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 11 | 2021

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