Berliner Wirtschaft Oktober 2024

Arne Schepker: Ja, der Gedanke des Lernens ist das, was Babbel ausmacht. Diese sehr spezielle Kultur habe ich von Anfang an wahrgenommen. Ich glaube, dass wir auch deshalb immer deutlich menschlicher waren als andere junge Tech-Firmen und langfristiger gedacht haben. Das klingt nach einer klaren Firmenphilosophie. Ist die auch aufgeschrieben worden? Arne Schepker: Wir haben in der Tat vor etwa drei Jahren unseren Unternehmenszweck, unseren Purpose, niedergeschrieben. Wir verfolgen das Ziel, durch Sprache gegenseitiges Verständnis auf der Welt zu schaffen und Menschen über Kulturen hinweg zusammenzubringen. Die Hälfte der Babbel-Teammitglieder kommt zu uns, um etwas Sinnvolles in ihrem Leben zu machen. Sie haben alle selbst schon einmal eine Fremdsprache erlernt und wissen, wie das ein Leben positiv verändern kann. Dieses Bekenntnis gibt uns die Kraft, die wir brauchen, um das hochwertigste Produkt zu haben. Haben Sie den Purpose mit der Niederschrift neu entwickelt? Arne Schepker: Nein, er war schon da. Das gilt auch für die Unternehmensstrategie und die Unternehmenswerte, die relativ stabil über die vergangenen zehn Jahre geblieben sind. Wir haben sie nicht erfunden und auch niemandem aufgedrückt. Sie sind aus dem Team heraus entstanden. Es wird oft von der DNA eines Unternehmens gesprochen. Was ist die Babbel-DNA? Markus Witte: Ich würde sagen: Menschlichkeit. Wir haben uns von Anfang an als Menschen gesehen, wir wollten keine Maschine bauen, die irgendetwas abliefert. Wir arbeiten mit Menschen für Menschen, auch wenn das, was wir machen, sehr viel mit Technologie zu tun hat. Es geht beim Lernen von Sprachen um Menschen, um menschliche Verständigung. Das ist das, was uns ausmacht. Wir haben deshalb auch nie eine perfekte Organisation mit irgendwelchen crossfunktionalen Einheiten auf irgendein Papier skizziert. Auch Babbel braucht eine Organisation. Arne Schepker: Ja, aber die sehe ich eher als einen lebendigen Organismus, der sich entwickelt und auch mal mit positiven oder negativen Überraschungen daherkommt. Er überrascht mich positiv, weil er viel schneller und besser die Unternehmensentwicklung vorangetrieben hat, als ich es mir hätte erträumen können. Aber hier und da bleiben wir auch mal hinter Vorgaben zurück – auch das ist menschlich. Vielleicht ist der frühe Erfolg von Babbel ein Schlüssel für diese Menschlichkeit. Andere Start-ups wissen nicht, ob sie die nächsten zwei Jahre überleben werden. Hat Babbel nicht auch schwierige Phasen gehabt? Markus Witte: Wir hatten nur Phasen, in denen es schwierig war. Aber nicht in dem Sinne, dass es existenzbedrohend war und wir kein Geld mehr hatten. Sorgen, wie wir durch das nächste halbe Jahr kommen, hatten wir nur in den allerersten Jahren – vielleicht bis 2010. Als wir das erste richtige Produkt im Markt hatten, konnten wir sehr schnell von dem leben, was wir verkauft haben. Damit war dann eine Firmenkultur möglich, in der wir uns langfristiger orientieren konnten. Wir mussten nicht wieder neue Finanzierungsrunden drehen, um zu überleben. Haben also Finanzierungsrunden nie eine so große Rolle für Babbel gespielt? Markus Witte: Wir haben anfangs etwa eine Million Euro von Investoren erhalten und zudem einen Kredit von der IBB bekommen. Als wir uns schon durch den Cashflow finanzieren konnten, haben wir noch einmal zwei Finanzierungsrunden gemacht, weil wir dachten, dass wir das Geld für die Expansion in die USA brauchen würden. Wir wollten über die Investoren auch ein bisschen mehr Professionalität an Bord holen. Vielleicht hätten wir das gar nicht gebraucht. Wir haben anfangs die Profitabilität unseres Abo-Modells unterschätzt. Im Moment ist das Börsen- parkett kein attraktiver Platz. Aber das kann sich auch wieder ändern. Arne Schepker Markus Witte (l.) und Arne Schepker: 14 Sprachen bieten sie den 16 Millionen Abonnenten ihrer Lernplattform FOTO: AMIN AKHTAR FOKUS | Interview | 28 Berliner Wirtschaft 10 | 2024

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