Berliner Wirtschaft September 2025

Ich lehne diese branchenübergreifende Ausbildungsplatzumlage ab. Dabei ist uns in der Baubranche das Umlagesystem nicht unbekannt. Wir haben bereits eine Ausbildungsumlage – auf der Basis des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren (VTV). Sie ist also keine gesetzliche Strafabgabe, sondern ein von den Tarifparteien ausgehandeltes Modell. Diese Umlage dient dazu, die Ausbildungskosten fair zu verteilen – sie hilft dabei, den Mehraufwand einer mehrjährigen Ausbildung abzufedern. Aber sie schafft keinen einzigen zusätzlichen Ausbildungsplatz. Die Entscheidung, ob ein Unternehmen ausbildet, hängt von Faktoren wie Auftragslage, Fachkräftebedarf und personeller Kapazität ab – nicht von einer finanziellen Belastung. Trotz der bestehenden Umlage gelingt es uns oft nicht, alle Ausbildungsplätze zu besetzen. Das liegt nicht am mangelnden Engagement der Betriebe, sondern an strukturellen Problemen, für die die Politik Verantwortung trägt. Wenn Jahr für Jahr zahlreiche Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen, wenn die Jugendberufsagenturen nicht einmal verlässlich erfassen, wer tatsächlich unversorgt ist, und Jugendliche keine umfassende Berufsorientierung erhalten – dann ist das nicht das Versagen der Wirtschaft. Wir als Betriebe stehen bereit, aber wir können die Probleme des Bildungssystems nicht allein ausgleichen.“ Unsere Fachkräfte bilden wir im eigenen Haus aus. Doch in der Nachwuchsgewinnung stehen wir im Wettbewerb mit bekannten Marken und müssen viel investieren, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Die geplante Ausbildungsumlage bedeutet für uns vor allem mehr Bürokratie – und geht am Kern des Problems vorbei. Auch wenn wir finanziell davon profitieren könnten, hilft das nicht weiter. Was wir wirklich brauchen, sind eine frühzeitige und bessere Berufsorientierung, mehr Praktikumsmöglichkeiten während der Schulzeit und eine stärkere gesellschaftliche Wertschätzung der dualen Ausbildung.“ Die Ausbildungsplatzumlage verfehlt ihr Ziel, wenn sie Unternehmen belastet, die bereits Verantwortung übernehmen. Gerade in spezialisierten Branchen wie der Immobilienwirtschaft gibt es viele Berufsbilder, die gar nicht ausbildungsfähig im klassischen Sinn sind – etwa in der Projektentwicklung oder im Innovationsbereich. Anstatt mit einer pauschalen Umlage abzustrafen, sollte gezielt dort unterstützt werden, wo Ausbildung tatsächlich stattfindet. Ein partnerschaftlicher Ansatz würde mehr bewirken als ein weiterer bürokratischer Eingriff.“ Aktuell bieten wir bei Thalia rund 600 jungen Menschen eine Ausbildungsstelle – und damit eine klare berufliche Perspektive. Unsere Auszubildenden werden deutschlandweit eingesetzt, auch an unseren rund 20 Berliner Standorten. Wir erleben seit Jahren, dass es zunehmend schwieriger wird, geeignete Bewerberinnen und Bewerber für die duale Ausbildung zu gewinnen. Das ist kein spezielles Problem Berlins, sondern betrifft den Ausbildungsmarkt bundesweit. Was wir brauchen, ist eine gesellschaftliche und politische Aufwertung der dualen Ausbildung – durch gezielte Förderung, bessere Rahmenbedingungen und mehr Anerkennung. Eine pauschale Abgabe, die Betriebe zusätzlich belastet – unabhängig von ihrem tatsächlichen Engagement –, halten wir für den falschen Weg. Statt Strafen für engagierte Unternehmen braucht es Anreize und Wertschätzung für diejenigen, die Ausbildung aktiv gestalten.“ Marcus Butt ist Geschäftsführer Produktion & Technik der traditionsreichen Moll Marzipan GmbH, die rund 100 Mitarbeitende und sechs Auszubildende beschäftigt Jana Mrowetz ist Geschäftsführerin der GIBE Real Estate GmbH mit Sitz in Berlin, die Quartiers- und Tourismusprojekte mit hohem ESG-Standard entwickelt Johannes Brancke, Vertriebsdirektor Nord der Thalia Bücher GmbH, des marktführenden Buchhandels- unternehmens im deutschsprachigen Raum Dieter Mießen Prokurist der Berliner Frisch & Faust Tiefbau GmbH und Vorsitzender des IHK-Ausschusses Bildungsstarke Stadt Das sagt die Berliner Wirtschaft zu den Plänen FOTOS: BETTINA ENGEL-ALBUSTIN/FOTOAGENTUR RUHR MOERS, FRISCH & FAUST, GIBE REAL ESTATE GMBH, MOLL MARZIPAN, ABB, HEINLEIN GRUPPE, B. BRAUN SE AGENDA | Ausbildungsplatzumlage | 12 Berliner Wirtschaft 09 | 2025

RkJQdWJsaXNoZXIy MTk5NjE0NA==