Beschäftigten- anzahl Bruttolohn- summe Angenommener Abgabesatz von 0,5% 3 151.119 € 756 € 5 251.864 € 1.259 € 10 503.729 € 2.519 € 50 2.518.643 € 12.593 € 100 5.037.286 € 25.186 € 200 10.074.573 € 50.373 € 500 25.186.431 € 125.932 € 1.000 50.372.863 € 251.864 € 1.500 75.559.294 € 377.796 € 3.000 151.118.588 € 755.593 € 5.000 251.864.313 € 1.259.322 € 10.000 503.728.626 € 2.518.643 € So stark würden Unternehmen belastet IHK-Berechnungen mit angenommener Bruttolohnsumme, orientiert am aktuellen Mediangehalt von 50.372,86 Euro schnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütung in Berlin liegen. Eine seriöse Einschätzung darüber, mit wie vielen Auszubildenden man entlastet wird, ist nicht möglich. Auch das Bremer Modell ist keine Vorlage. Das einzige Bundesland, das bislang eine solche Abgabe eingeführt hat, berechnet die Summen anders. Es ist aber davon auszugehen, dass viele Berliner Betriebe unterm Strich draufzahlen. Nach ersten groben Schätzungen der IHK könnten – unter der Annahme des maximalen Strafabgabesatzes – mehr als 400 Mio. Euro in die „Berliner Ausbildungskasse" fließen. Gemäß den aktuellen Plänen würden daraus Rückzahlungspauschalen pro Auszubildendem nur auf Antrag ausgezahlt. Wie konkret diese Ausbildungskasse ausgestaltet wird und ob weitere Maßnahmen querfinanziert werden sollen, bleibt dagegen offen. Unvollständige Datengrundlage Hinzu kommt ein weiteres grundlegendes Problem: Die Idee der Umlage basiert auf einer unvollständigen Datengrundlage, nämlich auf den bei der Agentur für Arbeit gemeldeten freien Ausbildungsstellen. Laut IHK Berlin melden dort aber nur rund drei Viertel der Mitgliedsunternehmen ihre Ausbildungsplätze, weil andere Akquise- Wege erfolgversprechender sind. Gleichzeitig geben viele Jugendliche nicht Bescheid, sobald sie eine Stelle gefunden haben. Außer Acht gelassen werden zudem schulische Ausbildungen, üblich etwa bei Erziehern. Das Gleiche gilt für weitere zentrale Berufe, etwa in der Pflege, bei der Polizei oder Feuerwehr. Auch das verzerrt die Statistik. Ferner geht der Senat davon aus, alle als unversorgt gemeldeten Jugendlichen könnten unmittelbar in eine Ausbildung aufgenommen werden. Für jene Firmen, die händeringend geeignete Auszubildende suchen, ein Schlag ins Gesicht. Denn viele Jugendliche sind nicht erreichbar oder kommen gar nicht erst bei den Unternehmen an. Die mehreren Tausend offenen Ausbildungsstellen, die aktuell auf ausbildung.berlin gelistet sind, zeigen eindrücklich, dass die Unternehmen vergeblich Azubis suchen. „Die Unternehmen werden doppelt bestraft: Sie finden keine Auszubildenden und werden dann auch noch zur Kasse gebeten“, sagt Manja Schreiner. 39 Prozent der befragten Ausbildungsunternehmen gaben in der IHK-Aus- und Weiterbildungsumfrage 2025 an, dass sie angebotene Plätze nicht besetzen können. Ein wesentlicher Grund dafür ist die mangelnde Ausbildungsreife vieler Bewerber. Etliche Jugendliche verlassen die Schule ohne Abschluss, aber selbst mit Zeugnis haben zu viele Abgänger große Lücken bei Grundfähigkeiten wie Rechnen und Schreiben. Auch Tugenden wie Pünktlichkeit und Verlässlichkeit sind oft unterentwickelt. Zudem stehen viele Jugendliche nach der Schulzeit ohne klare berufliche Orientierung da. „Das Problem ist deshalb nicht die Zahl der Ausbildungsplätze. Vielmehr gibt es ein massives Passungs- und Matching-Problem“, sagt Schreiner. „Das wiederum lösen Sie nicht mit einer Strafabgabe, sondern mit guter Bildung, strukturierter Berufsorientierung in allen Schulformen und intensiver Beratungs- und Vermittlungsarbeit in der Jugendberufsagentur.“ Mit der Abgabe bestraft werden auch jene, die vor allem hoch spezialisierte Akademiker brauchen, etwa Tech-Start-ups, und Firmen, die übertarifliche Löhne zahlen. Vieles an der geplanten Ausbildungsplatzumlage wirkt undurchdacht und der aktuelle Gesetzesentwurf lässt noch etliche Fragen offen. Und sollte das Gesetz wirklich in Kraft treten, würde damit noch mehr Bürokratie geschaffen, für Verwaltung wie Unternehmen. Außerdem wäre die Strafabgabe ein Standortrisiko, das Neuansiedlungen erschwert und Unternehmen vertreibt. Schwer vorstellbar, dass das im Sinne der Politik ist. Dabei hat sie es in der Hand, das zu ändern, indem sie dafür eintritt, dass die duale Ausbildung gesellschaftlich aufgewertet wird. Vor allem aber muss sie eine anständige schulische Bildung gewährleisten. ■ Anne Neidhardt, IHK-Senior-Public- Affairs-Managerin Tel.: 030 / 315 10-838 anne.neidhardt@ berlin.ihk.de Lukas Bülter, IHK-Public-Affairs- Manager Tel.: 030 / 315 10-503 lukas.blueter@ berlin.ihk.de Grafik: BW Quelle: IHK Berlin Manja Schreiner IHK-Hauptgeschäftsführerin Die Unternehmen werden doppelt bestraft: Sie finden keine Auszubildenden und werden dann auch noch zur Kasse gebeten. Ausbildungsplatzumlage | 11 Berliner Wirtschaft 09 | 2025
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