F ünfzig Jahre nach ihrer Erfindung war die Oeser-Folie an Gegenständen im Einsatz, die man nicht mit einem Heißprägeverfahren in Verbindung bringt. Überall, wo Gold- oder Farbprägungen gewünscht waren, nutzte man im Druckverfahren die Oeser-Folie: Markenzeichen auf Bleistiften, auf Zahnbürsten oder Kämmen, auf Radiorückwänden, in Schuhen oder Hüten, auf Werbeartikeln, in Kalendern – und freilich in Büchern. Das Verfahren revolutionierte den Farbendruck. Wollte man etwa auf dunklen Fotokarton weiße Farbe drucken, benötigte man früher viele Druckvorgänge. Oeser erfand 1892 eine zwischen Prägung und Karton eingespannte Folie, auf der Farbe und Bindemittel aufgetragen wurden, die im Heißdruck eingeprägt und in einem einzigen Vorgang farbecht wirkten. Goldene Lettern auf Buchrücken wurden mit unechtem Blattgold auf der 1903 erfundenen Antioxyd-Oeser-Folie geprägt. Das Unternehmen wurde vom Buchdrucker Ernst Oeser (1862–1946) schon 1886 gegründet, zunächst zur Herstellung von Fotografiekartons. Mit dem Erfolg der Oeser-Folie im Buchbindegewerbe expandierte Oeser an seinem Stammsitz in der Schöneberger Bahnstraße 19/20, bald gab es sogar Geschäftsverbindungen bis nach Amerika. Nach dem Einstieg der beiden Söhne Heinz und Ernst Oeser (1899–1988) wurde das Unternehmen 1936 in „Oeserwerk Ernst Oeser & Söhne KG“ umfirmiert. Zu dieser Zeit war die Herstellung von fotografischen Kartons aus der Mode gekommen, das Oeserwerk fabrizierte ausschließlich Prägefolien. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Produktionsräume 1944 durch Bombentreffer beschädigt. Der Wiederaufbau des Gebäudes gelang unter Mithilfe der eigenen Belegschaftsmitglieder. Ab 1946 gab es wieder ersten Bedarf an Folien. Das Trauma der Berlin-Blockade führte im Oeserwerk zu einer für viele Berliner Unternehmen typischen Entscheidung: Ein Zweitwerk im württembergischen Göppingen sicherte die neu anlaufende Rollenfolien-Produktion und das ungestörte Exportgeschäft. Zu den Abnehmern von Oeser-Folien zählten nun auch die kunststoffverarbeitende Industrie, Schuhfabriken sowie die Textil- und Verpackungsindustrien. 1999 wurde das Oeserwerk vom amerikanischen Unternehmen CFC International übernommen und wird seitdem als CFC Europe GmbH selbstständig weitergeführt. Das Familienarchiv des Oeserwerks liegt im BBWA. ■ Das Unternehmen Ernst Oeser & Co. revolutionierte den Farbendruck und sorgte für goldene Lettern als Markenzeichen auf Bleistiften, Kämmen und in Hüten von Björn Berghausen (BBWA) Gut eingeprägt Eine Prägepresse, wie sie in den Oeserwerken zum Einsatz kam. Die Abbildung stammt aus den 1920er-Jahren Ernst Oeser (1862–1946) erfand die „Antioxyd- Oeser-Folie“, auf der Farbe und Bindemittel aufgetragen wurden Zugang zum Wirtschaftsarchiv Die Bestände des Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchivs (BBWA) können nach Vereinbarung eingesehen werden. Kontakt und Infos: bb-wa.de FOTOS: BBWA Historie | 39 Berliner Wirtschaft 09 | 2024
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