E inst war Berlin einer der größten Industriestandorte. Diese Zeiten sind längst vorbei, meint man. Aber dem ist nicht so: Vielversprechende Hardtech-Start-ups kommen wieder aus Laboren, Garagen und Werkstätten. Bei der Berlin.Industrial.Group. (B.I.G.) hat man das frühzeitig erkannt. Am Standort Marzahn forschen, entwickeln und produzieren die Firmen der mittelständischen Gruppe passgenaue Hightech-Lösungen, etwa in der Medizin- und Energietechnik, dem Werkzeug- und Maschinenbau oder der Automobilindustrie. Seit 2023 entsteht am B.I.G.-Campus gemeinsam mit MotionLab.Berlin ein Hub für Hardtech-Start-ups, wobei MotionLab.Berlin Zugang zu Maschinen und Büroflächen bietet. Hier finden Gründungen, die aus der ersten Phase herausgewachsen sind, maßgeschneiderte Unterstützung – von Beratung über Prototyping-as-a-Service bis hin zu Manufacturing-as-a-Service und eine potenzielle Förderung durch den hauseigenen Industrial Tech Accelerator. Damit will die B.I.G. ein Umfeld fördern, das nicht nur Innovation und Kreativität unterstützt, sondern Start-ups auch erlaubt, ihre Entwicklungszyklen zu beschleunigen und erfolgreich zu skalieren. Das Start-up Lite&Fog etwa entwickelt Anlagen für die dreidimensionale Landwirtschaft und lässt Pflanzen in die Vertikale wachsen. Betritt man die Werkhalle, fällt der Blickt zuerst auf von weißem Licht durchflutete, gläserne Schränke. Leise surrend drehen sich darin hohe, schlanke, von sattgrünen und dicht wuchernden Pflanzen bedeckte Säulen. „Es gibt Gegenden, da muss man sich seinen Acker selbst bauen“, erklärt Martin Peter, der Unternehmensgründer. Das können urbane Räume sein, aber auch für Landwirtschaft ungeeignete Regionen wie die Golfstaaten. Erdacht in Israel, gegründet 2019 in Berlin, seit 2021 in den Räumen der B.I.G., entwickelte Lite&Fog eine Technologie, die Pflanzen durch feinen, nährstofftragenden Nebel versorgt und auf textilem Untergrund gedeihen lässt. Jahrelang forschte das Team an der richtigen Dosierung von Nebel und Licht, an Nährstoffen und Belüftung. Ursprünglich allein auf agrarische Nutzung ausgerichtet, offenbarte die Technologie bald ihr Potenzial zum hochreinen Anbau seltener Pharmaziepflanzen. „Mit unseren Pflanzsystemen werden die wertvollsten Pflanzen der Welt gezüchtet“, erläutert Peter. Deutlich größer als die pharmazeutischen Farming-Anlagen fallen die agrarischen aus. Bis zu neun Meter hoch könnten die Pflanzsysteme errichtet werden. Mit flächenknappen Staaten wie Singapur ist das Team bereits im Austausch über Pilotnutzungen. Förderung zu bürokratielastig Wichtigster aktueller Testpartner ist Katar. Für klassischen Feldbau fehlt dem Land alles – für Lite&Fog stehen die Chancen gut, einen Pilotkunden und künftigen Ankerinvestor gefunden zu haben. Ein solcher sei hierzulande kaum zu finden, weiß Peter: „In Deutschland bekommst du Geld, wenn du es nicht mehr brauchst.“ Investoren verlangten fertige Produkte und feste Kunden – eine denkbar unpassende Mentalität, will man Hardware-Start-ups groß machen. Peter betont aber auch, dass sein Unternehmen in Berlin durchaus passende Förderung erhalten habe. Wenn auch bürokratielastig. Nun, da das Anlagenbau-Start-up wachsen will und erheblich mehr Wagniskapital benötigt, werde es aber komRechts: Lite&Fog- Gründer Martin Peter entwickelt mit seinem Start-up-Team Anlagen für die dreidimensionale Landwirtschaft Links: Die Gründer von RooWalk, Maria Enge und Benjamin Pardowitz, mit einem Roboter, der das Gehen unterstützt Maria Enge Mitgründerin RooWalk Mobility GmbH Wir müssen ein super funktionierendes Team aufbauen, ohne das sind unsere Herausforderungen nicht zu schaffen. 58 Mio. Euro erwirtschaftete die Berlin.Industrial. Group. (B.I.G.) im Jahr 2023. Weltweit beschäftigt sie mehr als 360 Mitarbeitende. » FOTOS: AMIN AKHTAR, CHRISTIAN NESTLER Zukunftsorte | 37 Berliner Wirtschaft 09 | 2024
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