Die Projekte dürfen nicht zu abstrakt werden. Die Ziele müssen für alle greifbar bleiben, weil wir ja immer Überzeugungsarbeit leisten müssen, um alle Beteiligten zu motivieren. Wenn die einzelnen Schritte nicht nachvollziehbar sind und das Gesamtprojekt zu groß aufgesetzt wird, dann wird diese Überzeugungsarbeit zu schwierig. Man darf eine große Vision haben, aber auf dem Weg dorthin muss man kleine, nachvollziehbare Schritte gehen. Es ist auch kontraproduktiv, zu viele Stakeholder zu involvieren. Das ist bei uns ein großes Thema. Warum? Für ein Fahrzeug, das 25 Jahre im Betrieb sein wird, müssen wir sehr viele Leute aus unterschiedlichsten Gewerken einbeziehen. Aber dann sind auch viele dabei, die bremsen oder nicht zu überzeugen sind. Es gibt immer viele Bedenken – gerade in Deutschland. Sehr viele haben Angst, hinzufallen und sich quasi „schmutzig“ zu machen. Das ist ein Vorteil an der universitären Forschung. Da das unternehmerische Risiko fehlt, ist der Mut etwas ausgeprägter. Welche Faktoren waren aus Ihrer Sicht entscheidend, um Photon zu einem Technologiemarktführer entwickeln zu können? Es sind die Menschen, die zusammenkommen und überzeugt sind, ihre Ziele erreichen zu können. Das waren zunächst wir Gründer und auch die Geldgeber. Wir sind immer wieder in kleinen Schritten vorangegangen. Das haben wir in den 25 Jahren gelernt: Für alle Schritte muss die Überzeugung vorhanden sein, dass sie erreichbar sind. Und dann sind wir vor etwa 15 Jahren beauftragt worden, Bauteile für den ICE 4 zuzuliefern – dem größten deutschen Schienenfahrzeugprojekt der Neuzeit. Damit hatten wir sofort einen sehr hohen Bekanntheitsgrad. ■ Input kämpfen, indem wir auf Hochschulen zugehen. Wir dürfen nie aufhören, nach diesem Input zu suchen. Als Produktionsunternehmen tun wir uns da manchmal etwas schwer. Es ist ein Kulturunterschied: Bei uns in der Produktion dürfen keine Fehler passieren, in der Hochschulforschung muss ausprobiert werden, da darf auch mal etwas schieflaufen. Wie organisieren Sie den Kontakt zu den Hochschulen? Ist das Chefsache? Ich bin auch ein Mitglied der Entwicklungsteams und natürlich bekommen diese durch meine Stellung den Rückenwind, den sie brauchen. Es gibt bei uns im Unternehmen drei weitere Mitarbeitende, die Forschungsprojekte mit Hochschulen koordinieren. Aber ich engagiere mich auch persönlich sehr stark dafür. Ich schätze, dass ich mindestens 20 Prozent meiner Arbeitszeit mit Technologie-Entwicklung und Technologietransfer beschäftigt bin. Wie findet der Austausch mit den Unis statt? Sehr oft über die Exkursionen in unserem Unternehmen, die wir Professorinnen und Professoren aus verschiedenen Fachrichtungen immer wieder anbieten. Der persönliche Kontakt zu den Universitäten ist entscheidend. Ich gehe oft direkt auf sie zu, schildere ein Problem und frage, ob sie eine Lösung haben oder kennen. Aber dazu müssen wir intern auch immer den Blick für mögliche Optimierungen haben. Wir müssen immer wieder nach dem nächsten kleinen Schritt suchen, der unsere Verfahren noch besser macht. Oft geben aber auch Kunden den Anstoß, die neue Anforderungen stellen. Was ist bei Technologietransfer-Projekten zu beachten, um die Erfolgsaussichten zu maximieren? Ich schätze, dass ich mindestens 20 Prozent meiner Arbeitszeit mit Technologie- Entwicklung und Technologietransfer beschäftigt bin. Holger Alder Heike Schöning, IHK-Expertin für Innovationspolitik Tel.: 030 / 315 10-331 heike.schoening@ berlin.ihk.de Interview | 27
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