Berliner Wirtschaft September 2021
Tebogo Niminde- Dundadengar (l.) und Olaolu Fajembola Inhaberinnen, Tebalou Der Onlineshop der beiden Frauen mit afrikanischen Wurzeln bietet Kinderspielzeug, bei dem Diversität Prinzip ist. In der Corona-Pandemie gingen die Produkte hervorragend. Für die Unternehmerinnen ist es nicht einfach, Kapitalgeber für ihr Geschäftsmodell zu finden. Gleichstellung gewinnt Die IHK Berlin macht sich gemeinsammit dem Senat und der Handwerkskammer Berlin stark für eine gleichberechtigte Teilhabe der Frauen in der Wirtschaft. Mit der 2018 gestarteten Kampagne „Gleichstellung gewinnt. Kulturwandel in Unternehmen“ wird dabei verdeutlicht, dass diese Teilhabe nicht nur ein Grundrecht, sondern auch ein zentrales wirtschafts- politisches Anliegen ist. Berliner Unternehmen sind dazu aufgerufen, durch die Unterzeichnung einer gemeinsamen Charta die Gleichstellung aller Geschlechter zu fördern. Mehr zu der Kampagne unter: ihk-berlin.de/ gleichstellung-gewinnt neuen Geldgeberinnen bei Tandemploy und war bei den Investorengesprächen auf die Idee für das Frauen-Netzwerk gekommen. „Mit encoura- geventures wollen wir Start-ups von der Grün- dung bis zum Börsengang mit Kapital, Kontak- ten und Know-how begleiten“, sagt Kaiser. Die Vision: Gründerinnen zu mehr Erfolg und Sicht- barkeit zu verhelfen und für mehr Diversität in der Investoren-Landschaft zu sorgen. Mitglied in dem als Verein organisierten Netzwerk dürfen deshalb nur Start-ups werden, zu deren Grün- dern mindestens eine Frau gehört. Die Branche spielt keine Rolle. Gefahr im Verzug ist allemal. Nur 15,7 Prozent der Start-ups wurden laut dem „Female Founders Monitor 2020“ in Deutschland von Frauen gegründet. Für männliche Teams sei es gut fünfmal so wahrscheinlich wie für Grün- derinnen, eine Finanzierung von mehr als einer Mio. Euro zu erhalten, so die Studie. Know-how im Investorinnen-Netzwerk An Know-how dürfte es imNetzwerk nicht man- geln. Die Mitglieder kommen aus den Bereichen Tech, Finanzen, Investmentbanking, Health, Per- sonalwesen und Software, darunter Douglas-CEO Tina Müller, DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta, die ehemalige CFO von Lufthansa und heutige Multi-Aufsichtsrätin Simone Menne, Facebooks Europa-Chefin Angelika Gifford oder auch Alexa Gorman, die die globalen Start-up-Aktivitäten bei SAP leitet. Für Kapital soll ein 100 bis 200 Mio. Euro schwerer All-Female-Growth-Fonds sor- gen, den das Netzwerk mit weiteren erfahrenen Investorinnen auflegen will. Nicht weit entfernt von Tandemploy sitzt Wiebke Ankersen. Als Geschäftsführerin der AllBright Stiftung analysiert sie regelmäßig die Führungsstrukturen in börsennotierten Unter- nehmen. Nur wenige Tage nach Gründung von encourageventures erschien ihr jüngster Bericht „Börsenneulinge sind die neuen Alten: Wachs- tum ohne Frauen“. „Wer erwartet hatte, dass neue Unternehmen auch neue Führungsstruk- turen und mehr Vielfalt in die Börsenvorstände tragen, wird enttäuscht. Die Jungunternehmen wiederholen den Konstruktionsfehler der vorher- gehenden Generation: Sie wachsen ohne Frauen“, so Ankersen, die als einen Grund für den Trend sieht, dass die überwiegend männlichen Grün- der oftmals männliche Führungskräfte aus ihrem Netzwerk rekrutierten. Das gelte vor allem auch für den Berliner Seriengründer Rocket Internet der Samwer-Brüder. In Zahlen: Bei den 30 Unternehmen, die seit 2016 in den Dax, MDax oder SDax aufrückten, lag der Frauenanteil im Vorstand bei nur 10,2 Prozent und bei Börsenneulingen, die in den vergange- nen 15 Jahren gegründet wurden, sogar ledig- lich bei 5,4 Prozent. Im Schnitt aller 160 an der Börse notierten Unternehmen betrug dieser Wert 12,6 Prozent. „Wenn junge Unternehmen Diversi- tät von Anfang an in die DNA integrieren, profitie- ren sie schon in der Wachstumsphase von der bes- seren Performance vielfältiger Führungsteams und müssen später nicht wertvolle Ressourcen abstellen, um falsch gewachsene Strukturen und Kulturen wieder zu ändern“, so ein Fazit der AllBright-Chefin, die allerdings auch posi- tive Entwicklungen beobachtet. „Im Dax sehen wir inzwischen wieder eine gute Dynamik, und nach der Negativentwicklung vom vergangenen Jahr werdenwir für unsere Herbststudie ein recht starkes Wachstum für den Frauenanteil in den Vorständen dokumentieren können.“ Noch gehört der Berliner Dax-Konzern Deli- very Hero zu den Unternehmen, die die Geschäfte im dreiköpfigen Vorstand ausschließlich mit Männern lenken. Doch das soll sich ändern. Jüngst hatte die digitale Bestellplattform ein „Diversity & Inclusion Advisory Board“ gegründet, um in den nächsten fünf Jahren „eine ausgewogene Geschlechterrepräsentanz imAufsichtsrat anzu- streben“. Bis zum Jahr 2030 solle jede zweite Füh- rungsposition mit einer Frau besetzt sein, sagt Sigrid Dalberg-Krajewski, Senior Director of Communications, Diversity & Inclusion. Keine Meetings nach 16 Uhr Ende 2020 beschäftigte Delivery Hero 1.700 Mitarbeiter in Deutschland, davon ein Drit- tel Frauen. Bis Ende 2021 solle die Belegschaft auf 2.900 wachsen. Priorität habe es deshalb, Frauen anzuziehen und zu binden. Mit zahlrei- chen Maßnahmen will das Unternehmen sei- nem Ziel näher kommen. Dazu gehören flexible Arbeitszeiten, hybride Arbeitsformen, Regeln für Besprechungen (keine Meetings nach 16 Uhr), die Unterstützung bei der Kita-Suche, Kinderzimmer imOffice, Führungstrainings, interne Events wie „Womxn Connect“ am Internationalen Frauentag oder etwa Mentoringprogramme. Delivery Hero unterstützte zudem seit Anfang 2021 die Initia- tive # StayonBoard, die sich für die haftungsfreie Auszeit für Vorstandsmitglieder von Aktienge- sellschaften eingesetzt hat, die schließlich gesetz- lich verankert wurde. ImMai 2021 schließlich » FOTO: JULIA BAIER 25 IHK BERLIN | BERLINER WIRTSCHAFT 09 | 2021 SCHWERPUNKT | Frauen in der Wirtschaft
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