Berliner Wirtschaft September 2021

Die Pandemie hat Nachteile drastisch verschärft Die mittelständische Kultur hat unter der Corona-Krise stärker gelitten als die staatliche. Für ein lebendiges Hauptstadtleben braucht es jetzt endlich ein Umdenken S eit einigen Wochen ist das kulturelle Leben in der Hauptstadt wieder erwacht. Zögerlich zuerst, weil nicht alle Institu- tionen von heute auf morgen den Betrieb von null auf hundert wieder hochfahren konn- ten – ja, nicht einmal von null auf fünfzig, um in diesem Bild zu bleiben. Die Kapazitäten voll auszulasten, davor stehen entweder noch Verordnungen oder aber eine zukunftsunge- wisse Vorsicht und eine latente Skepsis bei der Kundschaft. Von wenigstens kostendeckend anschwellenden Erlösen oder gar Gewinnen kann damit bei den meisten längst noch keine Rede sein. Immerhin sind inzwischen endlich fast alle wieder präsent, auch die meisten der rein privat betriebenen, allesamt mittelstän- dischen Theater. Bei Letzteren hat die Pandemie allerdings die ohnehin bestehenden Wettbewerbsnach- teile gegenüber den voll oder teilweise staatlich subventionierten Institutionen noch drastisch verschärft. Anerkennenswert zwar, dass den meisten (nicht allen!) dieser Häuser beachtliche Hilfsgelder zuteilwurden. Dies wurde jedoch parallel weitgehend neutralisiert, weil auch die öffentlich geförderten Häuser mit ähnlichen Sonderzahlungen bedacht wurden. An der tradierten Benachteiligung hat sich dadurch also nichts geändert – im Gegenteil: Da den jährlich mit erheblichen Millionenbe- trägen aus dem Steuersäckel versorgten Insti- tutionen diese Apanagen auch in der Pande- mie ungekürzt zuflossen, profitierten einige sogar davon und erfreuen sich nun erhebli- cher ungeplanter Überschüsse. Die Zukunft wird also, trotz der erfolgten Hilfen, absehbar eher härter werden für den privaten Mittel- stand im hauptstädtischen Kulturbetrieb, falls sich an der wenig transparenten und weitge- hend nicht mittelstandsadäquaten Subventi- onspolitik des Senats nicht rasch und grund- legend etwas ändert. Doch auch ohne Geld in die Hand zu neh- men, kann etwas für die mittelständische Hauptstadtkultur getan werden. Denn ein guter Teil der Kulturwirtschaft ist mehr oder minder stark auch auf die Gäste der Stadt angewiesen. Als Mitglied des Kom- petenzteams Mittelstand der IHK und des Vorstandes von Intoura, dem Interessenver- band der touristischen Attraktionen Berlins, empfehle ich daher eindringlich einen deut- lichen Perspektiv- und Paradigmen- wechsel seitens der Verantwortli- chen für das Tourismus-Manage- ment der Stadt. Die Betreiber der mittelstän- dischen Attraktionen, welche den Löwenanteil der Gäste maßgeblich erst für den Berlin-Besuch moti- vieren, müssen nicht nur als selbst- verständliche Gesprächspartner akzeptiert werden. Sie sollten vor allem vom Senat endlich auch in sämtliche Entscheidungsfindun- gen einbezogen werden – gleich- berechtigt und auf Augenhöhe mit Hotellerie/Gastronomie, Kon- gresswesen, Einzelhandel und Club-Szene.  ■ Kompetenzteam Wenn Sie sich für unsere Arbeit interessieren, nehmen Sie gern Kontakt zu uns auf unter: ihk-berlin.de/kompetenzteam Georg Strecker Mitglied des IHK-Kompetenz- teams Mittelstand und Geschäftsführer der Arnold Kuthe Entertainment GmbH c/o Wintergarten Variete´ Berlin FOTO: IHK BERLIN/AMIN AKHTAR AGENDA | Mittelstandskolumne

RkJQdWJsaXNoZXIy MzI1ODA1