Berliner Wirtschaft September 2021

Wie Verwaltung digitaler und leistungsfähiger geht, machen der Hauptstadt andere vor – unterstützt von der Beratungsgesellschaft PD mit Sitz an der Spree. Dahinter stehen öffentliche Träger. Berlin ist nicht dabei von Claudia Engfeld und Melanie Schindler Guter Rat, auch für Berlin B eeindruckende 192 Mal steht das Wort „Verwaltung“ im Koalitionsvertrag von R2G, oft ergänzt durch Adjektive wie „modern“, „leistungsfähig“ oder „bür- gernah“. So weit der Anspruch 2016. Die Realität zum Ende der aktuellen Legislaturperiode kann nicht ganz mithalten, vor allemwährend des ers- ten Lockdowns mussten wesentliche Teile der Verwaltung der deutschen Hauptstadt die weiße Flagge hissen. Die Folgen spüren wir noch jetzt: mehr als 250.000 aufgelaufene Anträge bei den Berliner Bezirksämtern im Sommer, aktuelle Wartezeiten von mehr als acht Wochen bei der Kfz-Zulassungsstelle, eine sinkende Zahl von Baugenehmigungen. Deutliche Kritik gab es im Frühjahr vom Lan- desrechnungshof: In den fast fünf Jahren, die das E-Government-Gesetz mittlerweile in Kraft ist, sei es in Berlin nicht gelungen, zumindest die Basis für eine erfolgreiche Implementierung zu schaffen, nämlich funktionierende Steuerungs- strukturen. Der Befund kommt dabei wenig überraschend, sind doch beimThema Digitalisie- rung die Zuständigkeiten auf aktuell insgesamt sechs Senatsverwaltungen verteilt, die Detailzu- ständigkeiten in den Bezirken bzw. nachgeord- neten Behörden nicht eingerechnet. Dass es auch anders gehen kann, lässt sich zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen studieren. Das bevölkerungsreichste Bundesland steht vor den gleichen Mammutaufgaben in Sachen Verwal- tungsmodernisierung wie Berlin. Für die Etab- lierung der elektronischen Verwaltungsarbeit hat sich das Land aber einen unterstützenden Part- ner an die Seite geholt: das Beratungsunterneh- men PD mit Sitz in Berlin. Ein Schwerpunkt der PD: die Begleitung von Digitalisierungsvorhaben öffentlicher Verwaltungen. Die Besonderheit des Unternehmens: Es befindet sich zu 100 Prozent im Besitz öffentlicher Gesellschafter und berät ausschließlich Verwaltungen auf allen födera- len Ebenen. Die PD gehört also ihren Auftragge- bern, die sie im Rahmen einer Inhouse-Vergabe beauftragen können. Digitaler Schub in Nordrhein-Westfalen Aktuell halten 124 Gesellschafter Anteile an der PD. Darunter die Bundesrepublik Deutschland, zehn Bundesländer, 79 kommunale Gesellschaf- ter, acht Körperschaften und vier Forschungsein- richtungen. Grundsätzlich kann jede Einrichtung der öffentlichen Hand Anteile an der PD erwer- ben und diese als Inhouse-Beratung beauftragen. Die Beratung selbst ist nicht kostenfrei, sondern erfolgt zu marktüblichen Honoraren – schließ- lich darf und will die PD keine privaten Unter- nehmen verdrängen. In ihrer Arbeit verstehen sich die über 450 PD-Berater vor allem als „Partner der Ver- waltung“. Sie unterstützen ihre öffentlichen Kun- den bei Investitions- und Modernisierungsvorha- ben durch Strategie- und Organisationsberatung sowie in der Projektsteuerung. Sie begleiten also den gesamten Prozess – wie in NRW: Hier berät die PD imProgramm „Digitale Verwaltung NRW“, das zur Umsetzung des landeseigenen E-Govern- ment-Gesetzes aufgesetzt wurde. „1.000 Ein- zelprojekte, 155.000 Bildschirmarbeitsplätze, Zeit: 2025. Das ist gefühlt: morgen“, umschreibt Prof. Dr. Andreas Meyer-Falcke, Chief Informa- tion Officer von NRW, die Eckdaten für die voll- ständige Digitalisierung der Fachprozesse der Landesverwaltung bis 2025. Implementiert werden unter anderem die elektronische Akte, elektronische Laufmappe und das E-Payment in allen Behörden. Bürger und Unternehmen können bereits jetzt nach ein- maliger Online-Registrierung beim „Service- konto NRW“ alle Dienstleitungen von Land und Kommunen digital nutzen. Das bedeutet aber » Mit einer modernen Verwaltung tut man sich in Berlin schwer – zulasten von Unternehmen und Bürgern 450 Berater sind für die PD im Einsatz – ausschließlich im öffentlichen Auftrag, aber zu marktüblichen Preisen. FOTO: GETTY IMAGES/MARK EVANS 11 IHK BERLIN  |  BERLINER WIRTSCHAFT 09 | 2021 AGENDA | Verwaltungsmodernisierung

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