Berliner Wirtschaft Juli/August 2025

Dr. Valentina Knezevic, IHK-Bereich Außenwirtschaft Tel.: 030 / 315 10-243 valentina.knezevic@ berlin.ihk.de Deutschland exportierte 2024 mehr nach Polen als nach China. Auch für Produktion sowie Forschung wird der Standort immer wichtiger. 6.000 deutsche Unternehmen sind bereits vor Ort. 420.000 direkte Arbeitsplätze haben sie geschaffen. Berliner Wirtschaft: Was zeichnet Polen als Standort aus? Lars Gutheil: Polen ist ein sehr dynamischer Markt mit hohen Wachstumsraten von im Schnitt 3,8 Prozent jährlich in den vergangenen 30 Jahren. Was viele nicht wissen: Wir haben einen Tigerstaat vor der eigenen Haustür. Und Polen ragt auch global heraus. Als Top-Faktoren gelten die EU-Mitgliedschaft, die Fachkräftequalität sowie die digitale Verwaltung, die etwa die Gründung eines Unternehmens erleichtert. Warum zieht das Land so viele deutsche Investoren an? Deutsches Investment war – egal unter welcher Regierung – immer willkommen. Made in Germany hat hier einen sehr guten Ruf. Das Vertrauen bei deutschen Investoren ist deshalb groß, etwa aus Branchen wie Metall- und Kunststoffverarbeitung, Automotive, Luft- und Raumfahrt. Mercedes baut hier eine neue Fabrik für E-Transporter und zeigt damit an, dass es an den Produktionsstandort glaubt. Bosch errichtet ein modernes Wärmepumpenwerk. Trumpf Hüttinger betreibt seit Kurzem bei Warschau Europas größte Plattform für Schaltschrankfertigung, die unter anderem die Halbleiterindustrie beliefert. Und auch der Mittelstand ist sehr aktiv. Was sind die Stärken des Landes? Die Unternehmen finden in Polen top ausgebildete Fachkräfte zu einem vernünftigen Preis. Die Nähe zum deutschen Markt und die gute Infrastruktur sind zusätzliche Pluspunkte. Und es geht „Wir haben einen Tigerstaat vor der Haustür“ Dr. Lars Gutheil, seit 2019 Geschäftsführer der AHK Polen in Warschau, über Stärken und Schwächen des Nachbarlandes Koszalin Bialogard Niemodlin Michael Nagl Berliner Luft Holding GmbH Künftig wollen wir den Vertrieb an Kunden aus dem Gewerbe und der Industrie im Land deutlich ausbauen. nehmen mit heute mehr als 90 Mitarbeitenden bietet großformatige 3D-Drucker, die dazugehörige Software, Materialien sowie Service an. Kunden sind unter anderem Hersteller, die die Maschinen zum Beispiel für das Drucken von Prototypen oder Bauteilen nutzen. Im Frühjahr 2025 schloss das Unternehmen eine Service- und Vertriebs- partnerschaft mit einem polnischen Anbieter in Lodz. „Wir haben einen Partner gesucht, der bereits den Marktzugang hat, um zügig neue Kunden für die additive Fertigung gewinnen zu können.“ Für den Aufbau eines Vertriebs vor Ort habe auch gesprochen, dass Gespräche über den Verkauf von bis zu 250.000 Euro teuren Maschinen in der Landessprache geführt werden müssten, damit die Kunden keine Furcht vor einer Fehlinvestition haben. Im Geschäftsalltag sei Englisch ansonsten aber üblich, so Schlawer. Sorgen bereiten Unternehmern wie Michael Nagl von der Berliner Luft Holding vor allem der starke Zloty, der die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen schwächt, sowie die Lohnsteigerungen. Auch in der jüngsten AHK-Umfrage führten aus Sicht ausländischer Investoren die Arbeitskosten die Liste der Standortschwächen an. ■ AHK-Service Informationen zu Polen und zu zwei Delegations- reisen unter: bitly.cx/s0qbB FOTOS: STEPHAN KLONK, AHK POLEN; GRAFIK: GADM SERVICE | Auslandsgeschäft | 58 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025

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