Zeit, Ende der Neunzigerjahre, war sehr stressig. Es lief alles über das Telefon. Es klingelte auch sehr spät noch, weil Techniker dringend Ersatzteile für ihre Drucker brauchten. Das Internet spielte damals ja noch keine große Rolle. Carsten Rückert: Bis zum Jahr 2003 war dann aber auch schon wieder der Höhepunkt erreicht. Die Hersteller haben das Geschäft selbst unter ihre Kontrolle gebracht. In dem Moment, in dem ein Geschäft reif geworden ist, geht der Niedergang schon wieder los, und man muss sich wieder etwas Neues überlegen. Was haben Sie sich dann überlegt? Ingo Rückert: Wir haben dann angefangen, E-Procurement für Unternehmen anzubieten – also geschlossene Internetshops, in denen die Einkäufer oder Techniker alles bekommen, was sie im Kundendienst für elektronische und feinmechanische Geräte brauchen. Carsten Rückert: Es ist im Grunde mehr als ein Shop. Wir programmieren auch Schnittstellen zu den Beschaffungsstellen der Unternehmen und gliedern uns in die Lieferkette ein. Wir liefern auch kleine Mengen und richten uns sehr stark nach den Bedürfnissen der Einkäufer unserer Kunden. So haben wir mittlerweile ein Sortiment von 30.000 Produkten. Produkte, bei denen wir uns sehr gut auskennen, produzieren wir selbst. Sie haben also auch im Handelsgeschäft schon einen Innovationsprozess durchlebt. Ingo Rückert: Ja, das Handelsgeschäft hat sich kolossal gewandelt. Wir verkaufen auch Werkzeuge, Messgeräte und Reinigungsmaterialien für die Servicetechniker, die die Ersatzteile einbauen. Wir müssen immer sehr schnell und an den richtigen Ort liefern – gleich morgens an die Privatadresse oder direkt an den Einsatzort. Etwa 2.000 Produkte haben wir selbst auf Lager, die restlichen 28.000 sind in der Regel bei unseren Lieferanten sofort verfügbar. Wie kam es zum Einstieg in die Robotik? Carsten Rückert: Durch Neugier – das ist ein ganz wichtiger Innovationsfaktor. Die Neugier darf nicht sterben. Wir wollten wissen, wie wir einen „Cobot“, also einen kollaborierenden Roboter, der auf Mitarbeiter Rücksicht nehmen kann, weil er mit Sensoren und entsprechender Programmierung ausgestattet ist, in unsere Produktion integrieren können. Ingo Rückert: Außerdem wollten wir durch die Automatisierung den rückläufigen Mengen im Geschäft mit den Gummiwalzen begegnen, um bessere Preise bieten zu können und so wieder mehr Aufträge einzusammeln. Nach dem Kauf des Roboters war eigentlich geplant, für die nächsten Schritte einen Lösungsanbieter dazuzuholen. Aber das lief nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Also mussten wir uns das Know-how selbst erarbeiten. Durch diese Erfahrungen haben wir erkannt, dass es eine Lücke im Markt für einen solchen Lösungsanbieter gibt und wir in der Lage sind, sie zu füllen. Carsten Rückert: Wir wollten sowieso ein neues Geschäftsfeld entwickeln, in dem wir kein reiner Zulieferer sind, sondern in der Wertschöpfungskette weiter nach oben steigen. Also haben wir anderen Firmen angeboten, für sie Roboter zu implementieren. Dann haben wir auch ein bisschen Glück gehabt: Der Hersteller Universal Robots wollte sich vom bisherigen Lösungsanbieter für Berlin trennen, und wir konnten der neue zertifizierte Partner werden. Das hat uns viele Tore geöffnet. Wie haben Sie sich die Kompetenzen angeeignet? Ingo Rückert: Das ist eigentlich nichts Besonderes für uns. In einem Technik-Betrieb muss man jeden Tag lernen. Wir lesen sehr viel im Internet und in Fachmagazinen, besprechen uns sehr intensiv mit unseren technischen Mitarbeitern, gehen auf MesDr. Carsten Rückert Geschäftsführer An der Technischen Universität Berlin hat Carsten Rückert von Oktober 1987 bis September 1997 Maschinenbau studiert und promoviert. Anfang 2001 stieg er in die Geschäftsführung der Wilhelm Dreusicke GmbH & Co. KG ein. Man braucht einen Plan, gute Mitarbeiter und Geld. Carsten Rückert FOTO: AMIN AKHTAR Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
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