Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe verteidigt vor Wirtschaftsvertretern die von ihr geplante Ausbildungsplatzumlage als Hilfe für Betriebe von Holger Lunau Alles andere als ein Heimspiel Mut hat sie. Der Auftritt von Berlins Arbeits- und Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe beim Wirtschaftspolitischen Frühstück der IHK Berlin am 16. Juli ähnelte einem Besuch in der Höhle des Löwen. Trotz massiver Kritik der Wirtschaft an der geplanten Ausbildungsplatzumlage des Senats stellte sich die Politikerin eineinhalb Stunden lang den Fragen von Unternehmern. Und die äußerten unisono, was sie von der Planung halten: rein gar nichts. Hintergrund: Sollten die im Bündnis für Ausbildung vereinbarten 2.000 zusätzlichen betrieblichen Ausbildungsverträge bis Jahresende nicht erreicht werden, drohen nicht ausbildenden Unternehmen Strafabgaben in erheblicher Höhe. Nach Berechnungen der IHK Berlin könnten so über 400 Mio. Euro in die Staatskasse fließen. Welche Behörde Bescheide erstellt, den Geldfluss verwaltet und sich mit erwartbaren juristischen Auseinandersetzungen befasst – das alles ist unklar. Die Senatorin ging darauf nicht ein, äußerte stattdessen: „Ich will keinen Cent davon selbst behalten.“ Die Umlage sei „keine Bestrafung“, sondern als Hilfe gedacht. Ausbildungsbetriebe würden ihr Geld zurückerhalten. Die Frage, ob die Umlage angesichts der schwierigen Wirtschaftslage klug ist, blieb unbeantwortet. Zugleich wies die Politikerin Argumente von IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner zurück, wonach die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit nicht der Realität entsprechen. Einer IHK-Umfrage zufolge (s. auch S. 9) melden nur 57 Prozent der Ausbildungsunternehmen ihre freien Plätze den Arbeitsagenturen, die restlichen nie oder sporadisch – weil Akquisen wie Social Media, Schulkooperationen oder Messen effektiver sind als Behörden-Leistungen. Und ob tatsächlich 7.000 junge Leute einen Ausbildungsplatz suchen, sei mehr als fraglich. Denn es gebe keine Abmeldepflicht, wenn andere Berufswege beschritten werden. Kiziltepe sagte dazu, das Gesetzgebungsverfahren laufe erst an, und fügte an die Adresse der IHK hinzu: „Dann können Sie Ihre Zahlen in die Verbände-Anhörung einbringen.“ „An Ihnen prallen alle Zahlen und Fakten ab“, empörte sich der Kaufmännische Leiter der Frisch und Faust Tiefbau GmbH, Dieter Mießen. „Alles, was sich verändert hat, ignorieren Sie.“ Dazu gehöre, dass nach einer jüngsten Bertelsmann-Studie ein Fünftel der Jugendlichen weder ein Studium noch eine Ausbildung beginnen wolle. Da müsse angesetzt werden. Eine Umlage schaffe keine Ausbildungsplätze. Am Ende blieben viele Fragen offen. Fakt aber ist, die Fronten sind verhärtet. ■ Keine Spur von Konsens: Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (M.) im Gespräch mit IHK-Hauptgeschäftsführerin Manja Schreiner und IHK-Vizepräsident Stefan Spieker Cansel Kiziltepe Ich will keinen Cent davon selbst behalten. FOTO: IHK BERLIN/KONSTANTIN GASTMANN AGENDA | Wirtschaftspolitisches Frühstück | 16 Berliner Wirtschaft 07-08 | 2025
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